# taz.de -- Vor dem EU-Gipfel am 18. Februar: Scharfe Warnungen aus Brüssel
       
       > EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos legt die Richtlinien in der
       > Flüchtlingspolitik dar. Dabei wird kaum ein Staat verschont.
       
 (IMG) Bild: Mazedonische Soldaten errichten an der Grenze zu Griechenland einen weiteren Abwehrzaun gegen Flüchtlinge
       
       BRÜSSEL taz | Nichts funktioniert, aber alles wird gut – wenn die
       EU-Staaten endlich mitspielen. Mit dieser widersprüchlichen Botschaft
       versuchte die EU-Kommission am Mittwoch, neuen Schwung in die bisher
       weitgehend gescheiterte europäische Flüchtlingspolitik zu bringen.
       
       Eine Woche vor dem EU-Gipfel in Brüssel, bei dem die Flüchtlingskrise
       erneut im Mittelpunkt stehen dürfte, nahm Migrationskommissar Dimitris
       Avramopoulos vor allem Griechenland und die Türkei in die Pflicht. Aber
       auch an die Flüchtlinge ging eine ungewöhnlich scharfe Warnung.
       
       „In der EU ankommende Menschen müssen wissen, dass sie Hilfe bekommen“,
       sagte er. „Aber sie haben nicht das Recht, sich ein Land auszusuchen.“ Dass
       Asylbewerber in Griechenland und auf dem Balkan „durchgewunken“ werden und
       nach Deutschland reisen, werde nicht mehr geduldet.
       
       Damit reagiert Avramopoulos offenbar auf Druck aus Berlin, wo Kanzlerin
       Angela Merkel nichts unversucht lässt, um den Flüchtlingsstrom rechtzeitig
       vor den Landtagswahlen im März zu begrenzen. Bei einer Reise in die Türkei
       hatte sie sogar einen Nato-Einsatz gefordert.
       
       ## Umverteilung in der EU funktioniert nicht
       
       Davon hält Avramopoulos zwar nichts. Die EU müsse ihre Außengrenze in der
       Ägäis schon selbst sichern, sagte der frühere griechische
       Verteidigungsminister. Zugleich kündigte der Kommissar aber eine Reihe von
       Maßnahmen an, die den Zustrom aus Griechenland stoppen sollen.
       
       Dazu gehören die „Hotspots“, die nun in kürzester Zeit hochgezogen werden
       sollen. Bei den vier geplanten neuen Zentren gehe es nicht nur um die
       lückenlose Erfassung und erkennungsdienstliche Behandlung der Flüchtlinge,
       sondern auch um Abschiebung, betont Avramopoulos.
       
       Bisher seien nur 16.000 von 800.000 Flüchtlingen abgeschoben worden, stellt
       die Kommission in einem Zwischenbericht fest. Dies sei „unzureichend“.
       Unbefriedigend sei auch, dass Griechenland nicht mehr am Dublin-System
       teilnimmt. Das müsse sich rasch ändern, denn „Dublin ist nicht tot“, so der
       Kommissar.
       
       Auch dies ist eine massive Verschärfung. Denn das Dublin-III-Abkommen sieht
       vor, dass Asylanträge in dem Land bearbeitet werden müssen, in dem
       Flüchtlinge ankommen. Griechenland dürfte die Bewerber also nicht mehr nach
       Deutschland schicken – und das, obwohl die EU-Kommission für März eine
       Reform von Dublin angekündigt hat.
       
       Athen sitzt in der Falle – denn noch während die EU-Kommission ihre neuen
       Pläne vorstellte, schufen andere Staaten schon Fakten. Gestern zog
       mazedonisches Militär weitere Zäune an der Grenze hoch. Auch Österreich und
       Ungarn wollen dabei helfen, die Grenze dicht zu machen und die Balkanroute
       zu schließen. Weiter nördlich begann Mazedonien mit Vorbereitungen für die
       Rückführung abgelehnter Migranten. Die ersten Wohncontainer wurden an der
       Grenze zu Serbien errichtet.
       
       11 Feb 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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