# taz.de -- Umweltprobleme: Giftschlamm in der Grube
       
       > In Schleswig-Holstein sind zum Teil giftige Rückstände aus der
       > Erdölförderung gesammelt worden – manche davon liegen in
       > Wasserschutzgebieten.
       
 (IMG) Bild: Technik mit Nebenwirkungen: Wo Erdöl gefördert wird, fällt auch gefährlicher Schlamm an
       
       HAMBURG taz | In Schleswig-Holstein ist an 100 Orten Öl- und Bohrschlamm
       aus der Erdölförderung abgelagert worden. Wie die rot-grüne Landesregierung
       auf [1][Anfrage der Piratenpartei] mitteilte, gehören sie zu insgesamt
       1.800 Orten, an denen möglicherweise gefährliches Material aus Industrie
       und Gewerbe vergraben wurde. „Ob die Ablagerungen das Wasser, die Umwelt
       oder die Gesundheit gefährden, ist bis heute nicht geprüft“, kritisiert der
       Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer.
       
       Bohrschlamm ist die Pampe, die beim Bohren nach Erdöl als Nebenprodukt an
       die Erdoberfläche gepumpt wird. Sie kann Kühlwasser und dessen Zusätze
       enthalten, Lagerstättenwasser, ausgebohrtes Material und Erdölreste. Darin
       könnten auch giftige Stoffe wie Polyzyklische Aromatische
       Kohlenwasserstoffe (PAK) und Schwermetalle enthalten sein. Weil lange Zeit
       ein entspannter bis fahrlässiger Umgang mit der Umwelt üblich war, wurde
       all der Schlamm häufig einfach in Gruben in der Nähe der Bohrstelle
       gekippt.
       
       Akut wurde das Thema im März dieses Jahres: Sieben Umweltverbände und
       -initiativen schickten einen o[2][ffenen Brief] unter anderem an die
       Wirtschaftsminister der Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg
       und Mecklenburg-Vorpommern. Darin wiesen sie darauf hin, dass es
       offiziellen Schätzungen zufolge allein in Niedersachsen 500 solcher
       Schlammgruben gebe, dazu nochmals an die 350 in Mecklenburg-Vorpommern.
       
       „Angesichts der drohenden Gefahren durch Bohrschlammgruben ist eine
       schnelle und sichere Sanierung nach den höchsten Schutzstandards
       erforderlich“, schrieben die Verbände damals. Deshalb sollten die Länder
       die genauen Standorte veröffentlichen. Zudem sollten sie sich für ein
       Verbot des umstrittenen Frackings einsetzen – denn bei dieser Methode zur
       Öl- und Gasförderung falle weiterer Bohrschlamm an.
       
       Beim Kieler Umweltminister Robert Habeck (Grüne) rennen die Fracking-Gegner
       offene Türen ein. Er bezeichnete die Gruben als Teil des belastenden Erbes
       einer mehr als 100-jährigen Gewerbe- und Industriegeschichte: „Es ist eine
       Mammutaufgabe, solche Altlasten abzuarbeiten“, so Habeck. Sein Ministerium
       habe vor zwei Jahren damit begonnen, die Bohrschlammgruben gesondert zu
       erfassen. In Kürze werde er dazu ein Gutachten in Auftrag geben.
       
       Dabei geht es darum, mit Hilfe von Unterlagen der Ölindustrie und
       Zeitzeugen herauszufinden, wo Bohrschlamm entsorgt wurde. Es wird geprüft,
       was dort abgelagert wurde und ob die Grube möglicherweise schon saniert
       wurde. In manchen Fällen sei möglicherweise nur ein Ton-Wasser-Gemisch in
       die Grube gepumpt worden. Bisweilen hätten die Bauern das Bohrgut sogar zur
       Bodenverbesserung auf die Felder gekippt, teilte das Ministerium mit. In
       anderen Fällen seien darin aber Erdölrückstände enthalten, die die Umwelt
       gefährdeten.
       
       Sind Standorte erst als problematisch erkannt, werden sie nach Auskunft des
       Ministeriums von den Kommunen nach einem gesetzlich vorgeschriebenen
       Verfahren en détail untersucht und saniert – so wie andere
       Industriegrundstücke auch. „Wir haben eine Reihe von anderen Altlasten,
       beispielsweise aus chemischen Reinigungen, die mit Gewissheit sehr
       problematisch sind“, sagte Habecks Sprecherin Nicola Kabel der taz.
       
       Vier der nun erfassten Bohrschlammgruben liegen in Wasserschutzgebieten.
       Dort seien die Auswirkungen der Gruben überprüft worden, sagte Kabel, mit
       dem Ergebnis: keine Gefahr. Neun weitere Verdachtsflächen in
       Trinkwassereinzugsgebieten seien dagegen noch nicht untersucht worden.
       
       Während die Erdschichten über dem Grundwasser in Wasserschutzgebieten
       durchlässig sind, sodass Schadstoffe leicht durchsickern können, sind die
       Erdschichten über Trinkwassereinzugsgebieten dicht – die Gefahr einer
       Vergiftung ist also geringer. Sollte das Gutachten dort gefährliche
       Schlammgruben aufspüren, würden diese jedoch vorrangig saniert.
       
       Auf jeden Fall werde das Wasser, das beim Verbraucher ankomme, ständig
       kontrolliert: „Trinkwasser“, versicherte Habeck, „ist nicht gefährdet.“
       
       9 Jun 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.piratenfraktion-sh.de/wp-content/uploads/2016/06/antwort_oel-_und_bohrschlammgruben.pdf
 (DIR) [2] https://www.bund.net/fileadmin/bundnet/pdfs/klima_und_energie/160411_bund_klima_energie_fracking_bohrschlamm_zweiter_offener_brief.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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