# taz.de -- Verhandlungen der Großen Koalition: Morgen, morgen, nur nicht heute
       
       > Die Koalition will den Streit um mehrere Sachfragen erst im Herbst
       > beilegen. Das Thema Flüchtlinge wurde beim Treffen von CDU, CSU und SPD
       > gar nicht angesprochen.
       
 (IMG) Bild: Auf geht's in die nächste Runde der Konfliktvertagung
       
       BERLIN rtr | Die Parteichefs von CDU, CSU und SPD haben sich nach Angaben
       aus Koalitionskreisen bei einem Spitzentreffen vorgenommen, ihren Streit in
       einigen Sachfragen noch im Herbst zu lösen. Dabei gehe es unter anderem um
       die Erbschaftsteuer, das Gesetz zur Entgelttransparenz und die
       vorgeschlagene Rentenangleichung Ost-West bis zum Jahr 2020, hieß es am
       Sonntag nach dem Treffen im Kanzleramt in Berlin. Das Thema Flüchtlinge sei
       in dem Dreier-Treffen zwischen Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel,
       CSU-Chef Horst Seehofer sowie Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel nicht
       angesprochen worden.
       
       An anderer Stelle in Koalitionskreisen hieß es, es habe ein Dreiergespräch
       in guter Atmosphäre gegeben. „Wir haben den Fahrplan für alle im Herbst
       anstehenden Entscheidungen vereinbart.“ Auch sei ein Treffen der Partei-
       und Fraktionschefs für Anfang Oktober verabredet worden. Ein Gespräch
       zwischen Merkel und Seehofer sei konstruktiv gewesen. Dort sei es auch um
       die Flüchtlingspolitik gegangen, allerdings ohne Annäherung bei der
       Obergrenze.
       
       Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) zeigte sich zuversichtlich, dass sich
       CDU und CSU am Ende auch über die Flüchtlingspolitik einig werden. Es sei
       das gute Recht der CSU, jetzt ihre eigenen Positionen zunächst festzulegen,
       sagte er in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ am Sonntag. Es gebe aber
       auch viele Aufgaben jenseits der Flüchtlingskrise. Die Wähler beider
       Parteien erwarteten eine Einigung. „Deshalb bin ich sehr optimistisch, dass
       wir uns in den nächsten Wochen nicht nur annähern werden, sondern auch
       gemeinsam bei allen wichtigen Fragen agieren.“ Er setze darauf, dass sich
       das Thema der von der CSU geforderten Obergrenze durch die stark gesunkene
       Zahl an neuen Flüchtlingen „möglicherweise von selbst erledigen wird“.
       
       Der CSU-Vorstand hatte am Samstag einen Forderungskatalog in der
       Flüchtlingspolitik aufgestellt. Darin sind neben einer Obergrenze von
       200.000 auch ein „Rückführungskonzept“, ein Burka-Verbot und eine zügige
       Abschiebung krimineller Migranten enthalten. In einem
       Einwanderungs-Begrenzungs-Gesetz will die CSU Immigranten aus dem
       „christlich-abendländischen“ Kulturkreis Vorrang einräumen. Wörtlich heißt
       es: „Nicht wir haben uns nach den Zuwanderern zu richten, sondern
       umgekehrt: Wer zu uns kommt, hat sich nach uns zu richten!“ Eine
       Visaliberalisierung für die Türkei sowie einen EU-Beitritt des Landes lehnt
       die Partei ab.
       
       ## Streit um die Obergrenze
       
       Seehofer hatte erklärt, eine Obergrenze von 200.000 sei Voraussetzung für
       Sicherheit, Finanzierbarkeit und Integration. Bayerns Innenminister Joachim
       Herrmann sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, wenn der
       200.001. Flüchtling aus einem sicheren Drittstaat komme, „dann hat er
       keinen Anspruch, aufgenommen zu werden“. Das müsste dann auch niemand
       prüfen.
       
       Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wies dagegen die Forderung
       der CSU erneut zurück. „Wir haben in Verfassung gar nicht die Möglichkeit,
       eine Obergrenze festzulegen“, sagte sie im „Bericht aus Berlin“. Sie
       widersprach zudem der Darstellung, die Grünen blockierten die schnellere
       Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern aus Nordafrika. Ihre Partei hätte
       ein Alternativmodell zur Einstufung Algeriens, Marokkos und Tunesiens als
       sichere Herkunftsländern vorgelegt und sei bereit, mit SPD und Union
       darüber zu verhandeln.
       
       Der Bundesrat blockiert die von Union und SPD im Bundestag beschlossene
       Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsländer um die drei Staaten. Die
       Zahl von Asylbewerbern aus den Balkan-Staaten waren rapide gesunken,
       nachdem diese Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft worden waren.
       
       Ein Jahr vor der Bundestagswahl liegen die Koalitionspartner auch in
       anderen Politikfeldern über Kreuz. Die Bild am Sonntag zitierte aus einem
       Brief Gabriels an Merkel und Seehofer, in dem es den Angaben zufolge hieß:
       „Wir müssen den Beweis antreten, dass die Koalition den Willen und die
       Kraft aufbringt, den Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft zu festigen.“
       Gabriel stelle dort einen Sechs-Punkte-Katalog auf, den die Koalition
       abarbeiten müsse: Ein Gesetz über Lohngerechtigkeit, Einigung bei der
       Erbschaftsteuer, Angleichung der Ost-Renten, Neuordnung der
       Bund-Länder-Finanzbeziehungen, Beschluss der Lebensleistungsrente und eine
       Mietrechtsreform.
       
       12 Sep 2016
       
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