# taz.de -- Prozess gegen rechte Zelle in Potsdam: Diffuse Aussage eines Neonazis
       
       > NPD-Mann Schneider will allein für den Anschlag in Nauen verantwortlich
       > sein – obwohl weitere Angeklagte gestanden haben. Am Dienstag geht der
       > Prozess weiter.
       
 (IMG) Bild: Setzt sich vor Gericht in Szene: NPD-Funktionär Maik Schneider
       
       Fünf Geständnisse liegen nach dem ersten Prozesstag auf dem Tisch – und sie
       widersprechen sich. Richter Theodor Horstkötter hat im Prozess gegen
       Neonazi Maik Schneider und fünf weitere Angeklagte am heutigen zweiten
       Verhandlungstag einiges zu klären.
       
       Am Nachmittag des ersten Prozesstags, vier der sechs Angeklagten haben
       bereits ausgesagt, packt der Hauptangeklagte Maik Schneider aus: Er allein
       habe die geplante Flüchtlingsunterkunft, eine Turnhalle im
       brandenburgischen Nauen, am 25. August 2015 in Brand gesetzt. Die anderen
       hätten mit der Brandstiftung nichts zu tun gehabt; lediglich Frank S. habe
       ihm im Vorfeld geholfen.
       
       Das widerspricht den Aussagen der anderen Beschuldigten: In den Stunden
       zuvor haben vier der fünf weiteren Angeklagten ihre Beteiligung an dem
       Brandanschlag auf die Turnhalle bereits gestanden. Den NPD-Funktionär haben
       sie dabei als Ideengeber und Rädelsführer belastet.
       
       Während seine Komplizen sprechen, wird Schneider zunehmend unruhig, will
       unbedingt aussagen. Zu ihren Geständnissen schüttelt er den Kopf, macht
       sich Notizen in seiner vorbereiteten Aussage. Er habe nie vorgehabt, die
       Turnhalle anzuzünden, sagt er schließlich. Ein „Unfall“ sei es gewesen,
       eine „spontane Idee“. Eigentlich habe er aus Protest gegen die geplante
       Notunterkunft für Flüchtlinge lediglich einige Reifen vor der Halle
       anzünden wollen – „als Signal“ an den Landkreis, gegen die
       Flüchtlingsunterkunft.
       
       ## „Irgendwann fiel die Aussage: Das Heim muss brennen.“
       
       Die weiteren Beschuldigten behaupten etwas anderes. Sebastian F. sagt aus,
       er habe zwei bis drei Wochen vor dem Brand von dem Plan erfahren, die
       Turnhalle anzuzünden. In der Tatnacht habe er Schneider geholfen, Reifen
       und Paletten in dessen Auto zu laden. Vor der Turnhalle zum Wachestehen
       angewiesen, habe er sich aus dem Staub gemacht. Politisch sei er
       uninteressiert; er bekomme nur wenig Anerkennung und könne schlecht Nein
       sagen. „Das hat Schneider eventuell ausgenutzt.“
       
       Der Koch Christian B. erklärt, die Gruppe habe sich im Vorfeld mehrmals
       getroffen. „Irgendwann fiel die Aussage: Das Heim muss brennen.“ Er habe
       das anfangs nicht ernst genommen. Als Sebastian F. und Maik Schneider die
       Autoreifen in das Auto luden, sei für ihn aber „definitiv klar“ gewesen,
       dass „heute etwas mit der Turnhalle passiert“. Christian B. gibt zu, am 25.
       August mit dem Auto Ausschau nach der Polizei gehalten zu haben.
       
       Christopher L. sagt, er habe am 25. August eine Nachricht von Unbekannt
       bekommen: „Komm nach Nauen.“ Ihm sei bewusst gewesen, dass er Schmiere
       stehen soll und dass die Turnhalle an dem Abend brennen wird. Die
       Materialien für die Brandstiftung hätten sie schon Wochen zuvor beschafft.
       Der Tiefbaufacharbeiter räumt ein, in der Nacht zu Fuß unterwegs gewesen zu
       sein, um nach Polizeiautos Ausschau zu halten.
       
       ## Schneider streitet alle anderen Taten ab
       
       Schneider bleibt unbeirrt: „Ich bin allein für diesen kriminellen Unfug
       verantwortlich.“ In allen weiteren Anklagepunkten sei er aber unschuldig.
       Dem NPD-Mann und den weiteren Angeklagten legt die Staatsanwaltschaft neben
       dem Brandanschlag auf die Turnhalle die Bildung einer kriminellen
       Vereinigung, einen Farbbeutel-Angriff auf das Linke-Büro in Nauen und drei
       weitere Brandanschläge zur Last.
       
       Eine kriminelle Vereinigung habe es nie gegeben, sagt Schneider. In der
       Whatsapp-Gruppe „Heimat im Herzen“ sei es nur um das Verteilen von Flyern
       und Freizeitaktivitäten gegangen. „Bilden Sie sich ein, dass wir Ihnen
       diesen Quatsch glauben?“, entfährt es einem Schöffen.
       
       Diese Äußerung könnte dazu führen, dass der Prozess neu aufgerollt werden
       muss: Schneiders Verteidiger hat dem Landgericht Potsdam zufolge einen
       Befangenheitsantrag gegen den Schöffen gestellt. Zunächst wird der Prozess
       am Dienstag dennoch fortgesetzt. Das Gericht werde erst „später“
       entscheiden, ob sich der Schöffe mit seiner Bemerkung angreifbar gemacht
       habe, sagte ein Sprecher des Landgerichts am Montag.
       
       28 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elisabeth Kimmerle
       
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