# taz.de -- Kommentar zur Reichsbürger-Zählung: Ende der Narrenfreiheit
       
       > Erst seit ein Polizist von einem Reichsbürger erschossen wurde, sind die
       > Behörden alarmiert. Jämmerlich, dass es Widerstand gegen die Entwaffnung
       > gibt.
       
 (IMG) Bild: Erst die tödlichen Schüsse auf einen Polizisten in Georgensgmünd haben den Behörden die Bedrohung durch Reichsbürger vor Augen geführt
       
       Es ist ein Offenbarungseid. Erst wenige Wochen ist es her, dass die
       Sicherheitsbehörden die „Reichsbürger“-Bewegung genauer ins Visier genommen
       haben. Und was sie seitdem zutage fördern, sieht nach einem bösen Erwachen
       aus. Tausende „Reichsbürger“ entdecken die Behörden plötzlich in
       Deutschland, Hunderte davon bewaffnet. Dabei wurde die Bewegung kürzlich
       noch als Nischenphänomen abgetan, als Sammelbecken für Spinner und
       Querulanten.
       
       Man habe die „Reichsbürger“ unterschätzt, heißt es jetzt selbstkritisch aus
       einigen Ländern. Stimmt. Frage ist aber: warum? Denn aus ihren Auffassungen
       machten die „Reichsbürger“ schon früher keinen Hehl: aus ihrer
       fundamentalen Ablehnung dieses Staates, aus ihren brachialen Widerstands-
       und Gewaltaufrufen, ihrem Drohen mit „Erschießungskommandos“ und
       „Befreiungskämpfen“, aus ihrem Faible für Waffen. Dennoch genoss die
       Bewegung jahrelang Narrenfreiheit.
       
       Nun aber wird eine üble Parallelwelt offenbar: Eine Bewegung, die häufig
       nicht nur viel radikaler ist als von Polizei und Verfassungsschutz
       angenommen, sondern auch viel größer und vernetzter. Eine, in der sich
       selbst Polizisten tummelten – Staatsdiener in Uniform. Dass erst ein
       Polizist sterben musste, erschossen von einem bayrischen „Reichsbürger“,
       bevor das Umdenken begann, stimmt nachdenklich. Klar ist: Die
       „Reichsbürger“ sind eine böse Niederlage für die Sicherheitsbehörden.
       
       Der Plan der Länder, den Fantasiestaatlern nun ihre Waffen zu nehmen, kommt
       daher spät – aber er ist richtig. Dass selbst dagegen Widerspruch laut
       wird, ist erschreckend. Man dürfe Jäger und Sportschützen nicht unter
       Generalverdacht stellen, heißt es aus der CSU. Erst diese Woche beriet der
       Bundestag über schärfere Waffengesetze – und auch dort bekamen die
       Abgeordneten den geballten Widerstand der Waffenlobby zu spüren, die auf
       ihre „rechtschaffene“ Klientel verwiesen.
       
       Es ist ein jämmerlicher Widerstand. Schon von jeher gibt es keinen
       vernünftigen Grund, warum Privatpersonen überhaupt Waffen zu Hause haben
       sollten. Entsprechende Vorstöße, dies zu ändern, werden seit Jahren
       ausgebremst. Dass dies nun selbst noch für Extremisten gelten soll, die
       teils mit rechtsextremen Mythen und Widerstandsrhetorik hantieren, wäre
       noch absurder. Das sollten auch die Jäger und Sportschützen einsehen. Eine
       Entwaffnung der „Reichsbürger“ – sie ist das Mindeste.
       
       30 Nov 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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