# taz.de -- Festnahme von Oppositionellen im Kongo: Katangas Sehnsucht nach Größe
       
       > Im reichsten Landesteil herrscht Empörung über die staatliche Verfolgung
       > regionaler Politiker. Beide Seiten machen auch mit der Waffe mobil.
       
 (IMG) Bild: Polizisten entfernen im Dezember eine Blockade in Kinshasa. Die Proteste richteten sich gegen Kabila
       
       BRÜSSEL taz | Während in Kongos Hauptstadt Kinshasa die Politiker weiter
       über die vereinbarte Übergangszeit bis zu den [1][Wahlen Ende 2017]
       verhandeln, wächst in Katanga, dem reichsten Landesteil, politische
       Unzufriedenheit und sezessionistische Nostalgie. In der Millionenstadt
       Lubumbashi, einstige Hauptstadt des mittlerweile in vier Provinzen
       geteilten Katanga, herrscht die Meinung, dass die Staatsmacht in Kinshasa
       gezielt gegen katangische Politiker vorgeht.
       
       Wichtigster davon ist Moise Katumbi, ehemaliger Gouverneur von Katanga und
       Präsident des erfolgreichsten kongolesischen Fußballvereins TP Mazembe.
       Nachdem Katumbi 2015 mit Kongos Präsident Joseph Kabila brach und 2016
       seine Intention ankündigte, zu Präsidentschaftswahlen anzutreten, wurde er
       in Abwesenheit zu drei Jahren Haft verurteilt, wodurch er das Recht
       verliert, zu kandidieren. Die Regierung habe das Urteil befohlen, enthüllte
       die Richterin, nachdem sie ins Exil geflohen war.
       
       Jean-Claude Muyambo, ehemaliger Vorsitzender der Anwaltskammer von Katanga
       und Chef der Partei Scode (Kongolesische Solidarität für Demokratie und
       Entwicklung), sitzt seit dem 20. Januar 2015 in Haft – unter dem Vorwurf,
       ein Gebäude verkauft zu haben, das ihm nicht gehörte. Das war auch der
       Anklagevorwurf gegen Katumbi. Solche Vorwürfe sind im Kongo fragwürdig.
       
       Bei den Verhandlungen in Kinshasa, die zum Silvesterabkommen 2016 führten,
       weigerte sich die Regierung kategorisch, Muyambo freizulassen oder das
       Urteil gegen Katumbi aufzuheben. Stattdessen nimmt sie den wichtigsten
       verbliebenen Oppositionspolitiker Katangas ins Visier: Gabriel Kyungu,
       ehemaliger Provinzparlamentspräsident, Chef der Partei Unafec (Union der
       Föderalisten und Nationalisten des Kongo) und heute Katanga-Koordinator des
       kongolesischen Oppositionsbündnisses „Sammlung“, für das Katumbi
       kandidieren möchte.
       
       Am 27. Dezember hob das Parlament der Provinz Ober-Katanga in Lubumbashi
       auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kyungus Immunität auf. Der Vorwurf:
       Beleidigung des Staatschefs. Kyungu soll Kabila als „wertloses Individuum“
       bezeichnet haben. Er selbst bezeichnet eine Videoaufzeichnung dieser
       Äußerung als „Montage“.
       
       ## „Die Befreiung Katangas“
       
       Am 5. Januar begann in Lubumbashi der Prozess gegen Kyungu. Über 400
       Polizisten und Soldaten riegelten dafür den Justizpalast ab. Kyungu blieb
       auf freiem Fuß und rief seine versammelten Anhänger zur Ruhe auf. Seine
       Partei Unafec verfügt über eine Jugendmiliz, die nicht vor Konfrontationen
       mit Armee und Polizei zurückschreckt. Es hat dabei bereits Tote gegeben, so
       in der Bergbaustadt Likasi.
       
       Die Befürchtung ist nun, dass katangische Nationalisten die Verfolgung
       Kyungus zum Vorwand nehmen, die Region zu destabilisieren. Eine
       „Koordination für ein Referendum über die Autonomie Katangas“ (Corak), die
       bereits 2011 Lubumbashi angriff, sowie die „Befreiungskräfte Katangas“
       (FLK) haben sich in einer Erklärung gemeinsam als „Kämpfer für Katangas
       Unabhängigkeit“ bezeichnet und warnen, sie würden „die Befreiung Katangas“
       einleiten, sollte Kyungu inhaftiert werden. Sie nennen den Prozess gegen
       ihn eine „Provokation der lumumbistischen Staatsmacht in Kinshasa“.
       
       Kabila reagiert darauf mit seltsamen Mitteln. Der berüchtigte Warlord
       [2][„Gédéon“], der für zahlreiche Massaker und Massenvertreibungen in
       Nord-Katanga verantwortlich gemacht wird, ergab sich im Oktober den
       Behörden – und wurde von diesen als Held empfangen. Er konnte mit seinen
       Kämpfern eine Parade abhalten, auf der er ein T-Shirt mit einem Kabila-Bild
       und der Parole „Shikata!“ (Bleib!) trug.
       
       19 Jan 2017
       
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