# taz.de -- Politische Krise im Kongo: Das Wunder von Kinshasa
       
       > In allerletzter Minute bewegen die katholischen Bischöfe Regierung und
       > Opposition zu einer Einigung über Wahlen. Ohne Präsident Joseph Kabila.
       
 (IMG) Bild: Präsident Joseph Kabila bei den Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit am 30. Juni 2016 in Kindu
       
       BERLIN taz | Im Osten der Demokratischen Republik Kongo hatte das Jahr 2017
       schon begonnen, in der Hauptstadt Kinshasa lief die letzte Stunde des
       Jahres 2016, als im Konferenzzentrum der katholischen Kirche in Kinshasa
       Jubel ausbrach: Ein politisches Schwergewicht nach dem anderen setzte seine
       Unterschrift unter eine Vereinbarung, die die durch den Ablauf des Mandats
       von Präsident Joseph Kabila am 19. Dezember entstandene Verfassungskrise
       beenden und einen friedlichen Machtwechsel noch dieses Jahr herbeiführen
       soll.
       
       Der Vereinbarung zufolge finden bis Ende 2017 die 2016 fälligen Wahlen
       statt. Präsident Kabila tritt nicht mehr an. Eine Übergangsregierung unter
       Führung des Oppositionsbündnisses „Sammlung“, das die Proteste gegen
       Kabilas Amtsverbleib angeführt hatte, wird eingesetzt. Die Wahlkommission
       wird von einem „Folgekomitee“ überwacht, das ebenfalls in Oppositionshand
       liegt: Sein Chef wird Kongos Oppositionsführer Etienne Tshisekedi,
       Präsident der „Sammlung“.
       
       Tshisekedi unterschrieb das Dokument ebenso wenig wie Kabila. Der
       84-jährige Oppositionsführer ließ sich von seinem Sohn Felix vertreten. Der
       Staatschef ließ loyale Minister die Arbeit machen, während er in einer im
       Fernsehen übertragenen Neujahrsansprache 2016 als „Jahr voller Fallstricke,
       Herausforderungen und Verschwörungen“ bezeichnete. 2017 gehe es auf
       Grundlage des Abkommens um politische Stabilität, wirtschaftliche Erholung
       und die Vorbereitung von Wahlen.
       
       Enthusiastisch klang das nicht. Aber immerhin stehen die Unterschriften
       beider Seiten unter einem Deal, an dem Kongos katholische Bischofskonferenz
       (Cenco) wochenlang gearbeitet hatte. Noch am Freitag früh war berichtet
       worden, Kabila habe am Vorabend die Bischöfe von einem Gespräch nach Hause
       geschickt mit der Ansage, er werde ein Verfassungsreferendum vorbereiten,
       das ihm eine Kandidatur für eine weitere Amtszeit ermöglichen würde.
       
       ## Warnung vor Unruhen
       
       Beobachter und auch die Cenco warnten daraufhin vor verbreiteten Unruhen ab
       Januar bis hin zur Sezession oppositioneller Landesteile. Die Bischöfe
       wehrten das Referendumsansinnen ab und erreichten Konzessionen seitens der
       Opposition: Es gibt keine Machtteilung auf Provinzebene, und das Schicksal
       des designierten Präsidentschaftskandidaten der „Sammlung“, Moise Katumbi,
       bleibt ungeklärt.
       
       Katumbi, ehemaliger Provinzgouverneur von Katanga, gilt als einer der
       populärsten Politiker des Kongo. Er brach 2015 mit Kabila und verkündete
       die Absicht, ihn bei den Wahlen 2016 als Präsident zu beerben. Das gilt als
       Hauptgrund, warum Kabila dafür sorgte, dass die Wahlen nicht stattfanden.
       Katumbi wurde im Juni kaltgestellt, indem er in Abwesenheit bei einem
       fingierten Prozess verurteilt wurde. Damit kann er nicht mehr bei Wahlen
       antreten.
       
       Die Opposition verlangte bei den Gesprächen, Katumbi die Rückkehr ins
       politische Leben zu ermöglichen – ein weiterer Blockadepunkt. Am
       Silvestertag entschärfte Katumbi selbst die Situation: Eine Einigung dürfe
       nicht an ihm scheitern, erklärte er aus dem Exil. Er bekräftigte, bei den
       Wahlen 2017 anzutreten.
       
       Der Leiter der UN-Mission im Kongo, Maman Sidikou, begrüßte den Deal,
       mahnte aber, die Wahlvorbereitung müsse beschleunigt werden und „die
       politischen Akteure und die Bevölkerung sich resolut für die Schaffung
       eines für freie, gerechte und glaubwürdige Wahlen günstigen Klimas
       engagieren“.
       
       1 Jan 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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