# taz.de -- Gewalt zwischen Linken und Rechten: Messer-Opfer verzichtet auf Polizei
       
       > In Lübeck soll ein Anhänger der Identitären einen Antifa verletzt haben.
       > Auf Indymedia wurde ein Foto des angeblichen Täters veröffentlicht.
       
 (IMG) Bild: Soll der Identitäre gezogen haben: ein Klappmesser
       
       HAMBURG taz | Bei der Polizei haben die Opfer keine Angaben gemacht. Dafür
       tauchte bei der Plattform Indymedia ein Name samt Foto und Lebenslauf auf.
       Der benannte Mann, Volker Z., sei „zweifelsfrei als Täter identifiziert“,
       schreiben die Verfasser. Am Samstag war in Lübeck ein Konflikt zwischen
       Rechten und Linken eskaliert. Z., ein Mitglied der Identitären Bewegung
       soll mit einem Klappmesser auf einen Antifaschisten eingestochen haben – so
       zumindest schildert es ein Vertreter der Antifaschistischen Koordination
       Lübeck.
       
       Die Begegnung sei zufällig gewesen. Um zwei Uhr Morgens habe eine Gruppe
       Antifaschisten beim Bahnhof zwei junge Männer und eine Frau beim Anbringen
       vom Aufklebern der Identitären beobachtet. Seit 2012 ist die Bewegung in
       Deutschland gegen die vermeintliche Überfremdung und den angeblichen
       Identitätsverlust aktiv.
       
       „Heimatverliebt“ steht fett in schwarzen Lettern auf dem Aufkleber der
       verklebt wurde und etwas dünner: „Jugend ohne Migrationshintergrund“.
       Daneben steht das Logo der Bewegung, der griechische Buchstabe Lambda, den
       einst die Spartaner als Erkennungsmerkmal auf Schildern trugen.
       
       Die Männer, so der Koordinationsvertreter, seien von der Innenstadt
       Richtung ZOB gegangen, um dort in ein Taxi zu steigen. Dabei sei die
       Situation eskaliert. Einer der drei hätte ein rund fünf Zentimeter langes
       Klappmesser gezogen und sei auf einen der Antifaschisten losgegangen. Er
       habe sofort mehrmals in Höhe des Halsbereiches zugestochen.
       
       Das Opfer „konnte einige Messerstiche abwehren, wurde aber am Hals und der
       Schulter verletzt“, sagt der Koordinationsvertreter. Der Betroffene musste
       ins Krankenhaus, wurde genäht und stationär aufgenommen.
       
       Als die Polizei eintraf, waren noch drei Antifaschisten vor Ort. „Aus
       unserer Sicht stellte sich der Sachverhalt ganz anders dar“, sagt eine
       Pressesprecherin der Polizeidirektion Lübeck der taz. Details nannte sie
       nicht. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen. „Der Täter
       soll mit einer Frau geflohen sein“, sagt Ulla Hingst, Pressesprecherin der
       Staatsanwaltschaft. Sie betont aber, dass vieles noch offen sei.
       
       Denn ohne Zeugen wären die Ermittlungen äußert schwierig, sagt sie. Selbst
       die Behandlung im Krankenhaus würde ihnen wegen der ärztlichen
       Schweigpflicht nicht bestätigt. „Wir wissen was in den Foren für
       Informationen verbreitet werden“, sagt Hingst. Doch bisher könnten sie auch
       noch nicht von einen „politischen Hintergrund“ ausgehen.
       
       Die Antifaschistischen Koordination Lübeck hält an ihrer Schilderung der
       Auseinandersetzung fest. „Der gezielte Angriff mit einem Messer auf Höhe
       des Kopfbereiches stellt für uns eine Tötungsabsicht dar. Der Tod des
       Genossen wurde billigend in Kauf genommen“, sagt der Vertreter. Nur durch
       Glück und durch die Erfahrung ihres Mitstreiters seien keine
       lebenswichtigen Organe verletzt worden.
       
       „Der Täter ist uns bekannt“, sagt der Koordinationsvertreter. Anhand von
       Bildern sei der in Kiel lebende Identitäre identifiziert worden. Schon seit
       Wochen sei auf der Lübecker Altstadtinsel Propagandamaterial der IB
       verklebt worden.
       
       Die Identitären sind in der Region präsenter. Vor vier Jahren wurde sie
       erstmals im Norden in den sozialen Netzwerken aktiv. Die IB arbeitet eng
       mit der neu-rechten Szene um das „Institut für Staatspolitik“ zusammen, das
       sich auf die antidemokratische, antiliberale und antiemanzipatorische
       Konservative Revolution aus den 20er- und 30er-Jahren bezieht.
       
       Vertreter der Bewegung betonen stets, gewaltfrei zu sein. Im Netz hat sie
       aber auch Kampfsportübungen von ihren Treffen dokumentiert.
       
       Insbesondere nahe Lübeck im benachbarten Kreis Ostholstein sei die
       Identitäre Bewegung aktiv, sagt der Vertreter der Koordination. Dort
       engagiere sich auch der mutmaßliche Täter. Auf ihrer Facebook-Seite haben
       sich die Identitären aus Schleswig-Holstein bisher nicht zu dem Vorfall
       geäußert – und telefonisch waren sie nicht zu erreichen.
       
       23 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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