# taz.de -- Petition der Woche: Europa will Budapests Uni
       
       > Die Central European University in Ungarn soll geschlossen werden. Dem
       > Parlament ist sie zu liberal. Nun regt sich internationaler Protest.
       
 (IMG) Bild: Für die Central European University gehen in Budapest Tausende auf die Straße
       
       Am Ende ruhte die Hoffnung der Petenten sogar auf János Áder. An der
       Unterschrift des ungarischen Staatspräsidenten hing das Schicksal der
       Budapester Universität CEU. Mehr als 50.000 Menschen [1][hatten sich im
       Netz dafür eingesetzt], dass die Hochschule in der ungarischen Hauptstadt
       weiter ausbilden darf.
       
       Noch mehr [2][demonstrierten am vergangenen Wochenende] für den Erhalt der
       Uni. Rund 70.000 Menschen auf der Straße, das hat Ungarn schon lange nicht
       mehr gesehen. Auf dem Transparent der Kern der Auseinandersetzung: „Ich
       hatte auf einen Abschluss gehofft. Jetzt will ich Demokratie“.
       
       Wie kann eine einzelne Universität so zum Politikum werden? Ganz einfach:
       Sie ist einst von George Soros gegründet worden, dem US-amerikanischen
       Multimilliardär mit ungarischer Abstammung. Ministerpräsident [3][Viktor
       Orbán hat ihn zu seinem Erzfeind erklärt]. Soros ist so ziemlich an allem
       schuld, was Orbán gern anprangert: Soros ist der Drahtzieher der
       Flüchtlingskrise, der Mephisto der liberalen Gesellschaft, mit seiner
       Universität der Lehrer der europäischen Eliten.
       
       Am 4. April brachte Orbán das Gesetz per Eilverfahren durchs Parlament.
       [4][Am Montagabend unterzeichnete der ungarische Staatspräsident János
       Áder] das Gesetz. 2.000 Menschen protestierten noch am selben Abend vor
       seinem Amtssitz. Áder glaubt nicht, dass das Gesetz die Freiheit von Lehre
       und Forschung einschränke. Es ist ein juristischer Trick, mit dem die CEU
       ins Aus befördert werden soll. Nach dem neuen Hochschulgesetz muss jede
       ausländische Uni mit einer Filiale in Ungarn auch ein Institut im
       Heimatstaat haben.
       
       ## Autorisierung aus den USA
       
       Außerdem braucht es eine Autorisierung der Universität durch Bundesbehörden
       des Landes, in dem die Universität registriert ist. Im Fall CEU wären das
       die USA. Und hier ist das Problem. In den USA, so der Präsident der
       Universität, Michael Ignatieff, ist das gar nicht möglich. Dort sind die
       einzelnen Bundesstaaten für höhere Bildung zuständig und keine
       Bundesbehörde.
       
       Deswegen trafen 2004 der Gouverneur von New York und der damalige
       Premierminister Ungarns eine Vereinbarung. Jetzt soll die nicht mehr
       reichen. Interessant: Das Gesetz gilt zwar für alle Universitäten in
       Ungarn, aber es betrifft doch nur eine, die CEU. Das Hochschulgesetz ist in
       Wahrheit also eine „Lex CEU“.
       
       Soros, der seit Jahrzehnten mit seiner Open Society Foundation Demokratie
       und Liberalität fördern will, hatte die CEU 1991 in Budapest gegründet.
       Inzwischen ist sie unabhängig und bildet pro Jahr rund 1.800 Studenten aus
       über 100 Ländern aus. Die CEU gilt als Elite-Universität und eine der
       besten des Landes. Seit den 1970er Jahren vergibt die Society Stipendien,
       auch für andere Universitäten. Einer der bekanntesten Stipendiaten ist
       Viktor Orbán selbst. 1989/90 hatte er dadurch die Möglichkeit, in Oxford zu
       studieren und zu forschen.
       
       Dennoch soll die Universität zum Januar 2018 schließen. Dagegen regt sich
       globaler Protest. Kofi Annan, ehemaliger UN-Generalsekretär, das
       US-amerikanische Außenministerium, die deutsche Bundesregierung,
       Universitäten, Wissenschaftler: Sie alle fordern, dass die CEU bleibt. Der
       peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa bezeichnete das
       Gesetz als „eine heimtückische Attacke auf die Kultur“ und rief all jene,
       die an die Freiheit glauben, dazu auf, dagegen mobilzumachen.
       
       Einen Plan B lieferte die Vizebürgermeisterin Wiens, Maria Vassilakou,
       bereits letzte Woche: Sie hat die Universität eingeladen, nach Österreich
       zu ziehen. Ähnliche Angebote kamen aus Vilnius und Berlin. Europa will die
       CEU.
       
       15 Apr 2017
       
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