# taz.de -- Resolution im Europaparlament: Ungarn drohen jetzt Sanktionen
       
       > Auch viele konservative Abgeordnete fordern endlich ein härteres Vorgehen
       > gegen die Regierung in Budapest. Denn sie sei demokratiefeindlich.
       
 (IMG) Bild: Proeuropäischer Protest in Budapest, 1. Mai 2017
       
       BRÜSSEL taz | Es ist eine Ohrfeige für Ungarn, aber auch für die
       EU-Kommission: Mit großer Mehrheit hat das Europaparlament in Straßburg
       gefordert, ein sogenanntes Rechtsstaatsverfahren gegen die ungarische
       Regierung einzuleiten. Im Extremfall könnte dies zum Entzug des Stimmrechts
       im EU-Ministerrat führen.
       
       In dem Verfahren müsse auch Artikel sieben des EU-Vertrags aktiviert
       werden, verlangten die Europaabgeordneten am Mittwoch. Dieser Artikel sieht
       im Falle schwerwiegender Verstöße gegen die demokratische Grundwerte der EU
       Sanktionen vor, wurde bisher aber noch nie angewendet.
       
       Die Politik von Regierungschef Viktor Orbán habe „zu einer erheblichen
       Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der
       Grundrechte geführt“ und sei „eine Bewährungsprobe, bei der die EU unter
       Beweis stellen muss, dass sie ihre Grundwerte verteidigen kann“, so die
       Abgeordneten.
       
       Konkret fordert das EU-Parlament, dass die ungarische Regierung die
       umstrittenen Gesetze gegen Asylsuchende und Nichtregierungsorganisationen
       zurücknimmt und eine Vereinbarung mit den zuständigen US-Behörden trifft,
       damit die Central European University in Budapest [1][weiter als freie
       Einrichtung betrieben werden kann].
       
       ## 221 Gegenstimmen und 64 Enthaltungen
       
       Außerdem verlangt sie von der EU-Kommission eine strenge Überwachung der
       Verwendung aller EU-Mittel durch die ungarische Regierung. Dies ist eine
       deutliche Rüge an die Brüsseler Behörde. Denn die Kommission schreckt
       bisher vor spürbaren Sanktionen zurück.
       
       Die EU-Behörde hat nur ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet – wegen
       des Universitätsgesetzes, nicht aber wegen der repressiven Asylpolitik oder
       der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Brüssel hat auch nicht mit dem
       Entzug des Stimmrechts oder der Kürzung von EU-Mitteln gedroht. Dies könnte
       sich nun jedoch ändern.
       
       Ausschlaggebend für die harte Resolution des Parlaments war ein Machtkampf
       in der konservativen EVP-Fraktion, der auch CDU und CSU angehören. „Für die
       EVP-Fraktion ist klar: Europäische Grundwerte wie die akademische Freiheit
       sind nicht verhandelbar“, twitterte Fraktionschef Manfred Weber (CSU) nach
       der Abstimmung. Weber hatte hinter den Kulissen die Weichen für eine
       schärfere Gangart gegen Orbán gestellt.
       
       Die Resolution wurde mit 393 Stimmen angenommen, bei 221 Gegenstimmen und
       64 Enthaltungen. Zu den „Neinsagern“ gehören neben den Rechtspopulisten
       auch etliche EVP-Abgeordnete. „Angesichts der dramatischen Lage in Ungarn
       ist es unverantwortlich, dass noch immer Christdemokraten ihre
       Parteifreundschaft zu Viktor Orbán über Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
       stellen“, kritisierte Ska Keller von den Grünen.
       
       17 May 2017
       
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