# taz.de -- Grüne über Jamaika in Schleswig-Holstein: „Das Ergebnis ist offen“
       
       > Eka von Kalben, grüne Fraktionschefin in Schleswig-Holstein, über die
       > Verhandlungen mit CDU und FDP. Strittig sind Schul-, Flüchtlingspolitik
       > und die Agrarwende.
       
 (IMG) Bild: Wie sich die Dinge ändern: „Nach der Wahl war niemand auf Jamaika-Kurs“, sagt Eva von Kalben
       
       taz: Frau von Kalben, 87 Prozent haben beim grünen Sonderparteitag für die
       Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP gestimmt. Hat Sie die
       Deutlichkeit überrascht? 
       
       Eka von Kalben: Am Ende nicht mehr, die Debatte zeigte schon, dass viele
       Delegierte sehr verantwortungsvoll und überlegt in diese Abstimmung
       gegangen sind. Vor dem Parteitag hätte ich mit so einem deutlichen Ergebnis
       nicht gerechnet.
       
       Auch Robert Habeck klang zuvor eher zurückhaltend, sprach von einem
       „offenen Ausgang“. War die Tiefstapelei vor allem taktisches Kalkül? 
       
       Nein, ich hatte beispielsweise in Pinneberg eine Diskussion, die eher
       positiv verlief, was ein Verhandlungsangebot angeht. Andere haben andere
       Erfahrungen gemacht. Grundsätzlich gibt es in der Basis aber viele Kontakte
       zu CDU und FDP, das hat vielleicht einigen geholfen. In der Fraktion war es
       am Anfang eher kritischer. Wir hatten ja eine gute Zeit als
       Küstenkoalition.
       
       Die Jamaika-Stimmung an der Basis schien also ausgeprägter als in der
       Fraktion? 
       
       Das war zumindest meine Beobachtung. Wir haben insgesamt gemerkt, dass Zeit
       eine Rolle spielt: Wir sind aus einem Überzeugungswahlkampf gekommen, der
       klar auf eine erneute Küstenkoalition abzielte. Einen Tag nach dem
       Wahlergebnis den Schalter umzukippen, hätte nicht funktioniert.
       
       Robert Habeck sei kein Halbgott, sagten Sie voriges Jahr der taz. Den
       Wechsel zu CDU und FDP hat er aber schon wie ein Halbgott moderiert, oder? 
       
       Am Tag nach der Wahl war niemand auf Jamaika-Kurs, auch Robert Habeck
       nicht. Wir haben wirklich ernsthaft versucht, die FDP für Ampel-Gespräche
       zu gewinnen. Der Hauptpunkt für das Ergebnis der Abstimmung war, dass
       zwischen dem Wahltag und den Sondierungsgesprächen ein bisschen Zeit
       vergangen ist. Und dennoch war der Ausgang der Abstimmung nicht sicher,
       auch für Habeck nicht.
       
       FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki hat den machtpolitischen Poker
       gewonnen. Die Grünen haben hingegen keine „Ausschließeritis“ betrieben und
       sich zurückgehalten. Zeigen Sie im Poker um Inhalte mehr Härte? 
       
       Wenn man nach dem Prinzip geht, wer das größere Sandkastenschäufelchen hat
       und fragt, wer wessen Burg kaputt macht, könnte man sagen: Seht her, die
       FDP hat sich der SPD verweigert, also verweigern wir uns dem G9-Zug – oder
       anderen inhaltlichen Themen. Das ist aber nicht unser Stil. Wir wollen eine
       gemeinsame Linie finden – die natürlich möglichst grün ist.
       
       Da werden Sie auch Abstriche machen müssen. Bei welchen Themen fällt das am
       leichtesten? 
       
       Im Detail werde ich das nicht verraten. Klar ist, dass wir uns in Fragen
       der Flüchtlingspolitik, der Windenergie – dem Ausbau der Erneuerbaren –,
       Landwirtschaftsthemen und im Rechtsbereich nicht so leicht einig werden.
       Auch in der Schulpolitik bestehen Unterschiede.
       
       Das große CDU-Wahlversprechen lautete, beim Abitur wieder den neunjährigen
       Zug (G9) einzuführen. Da könnten Sie mitgehen, oder? 
       
       Überall dort, wo ich Wahlkampf geführt habe, hieß es: Bleibt uns bloß vom
       Acker mit neuen Debatten über die Schulstruktur. Deshalb sagen wir: Wenn
       sich strukturell was ändern soll, dann muss das in einem Bildungsdialog mit
       den Betroffenen passieren. Viel wichtiger ist: Wir müssen die Schulen gut
       ausstatten. Wenn sich darauf alle einigen, ist G8 oder G9 eine zweitrangige
       Frage.
       
       Trotzdem muss sie beantwortet werden. 
       
       Dazu haben wir ja Koalitionsverhandlungen – das Ergebnis ist offen.
       
       Und in der Flüchtlingspolitik? Werden Flüchtlinge künftig auch aus
       Schleswig-Holstein konsequent abgeschoben, zum Beispiel nach Afghanistan? 
       
       Ich setze mich dafür ein, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um gerade
       Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen. Wir sehen ja, dass es etwa in
       Kabul mitnichten sicher ist. Und dort landen in der Regel die
       Abschiebeflieger. Ich bleibe deshalb dabei: Eine generelle Abschiebung nach
       Afghanistan ist inhuman.
       
       Am Mittwoch beginnen die Koalitionsverhandlungen, schon am 13. Juni soll
       der Vertrag stehen. Sportlicher Zeitplan, oder? 
       
       Wir sind der Bevölkerung gegenüber in der Pflicht, schnell etwas
       vorzulegen. Für die Verhandlungen muss ich beispielsweise das verlängerte
       Pfingstwochenende mit meinen Enkeln opfern, das stimmt mich nicht froh,
       aber das ist unser Job.
       
       26 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Joram
       
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