# taz.de -- Deutscher Atommüll: Keine Eile mit den Castoren
       
       > Was macht der deutsche Atommüll im Ausland? Gab es da nicht dringende
       > Rückholverträge? Plötzlich haben die Energiekonzerne die Ruhe weg.
       
 (IMG) Bild: Schon lange her, dass was aus Frankreich anrollte: Castor-Zug in Valognes im Jahr 2011
       
       GÖTTINGEN taz | Mit dem Rücktransport von 26 Castorbehältern aus
       Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien haben es die
       Energiekonzerne offenbar nicht eilig. Zwei Jahre nach der Einigung auf
       einen Verteilungsplan für die Castoren haben die AKW-Betreiber noch nicht
       einmal Transportanträge gestellt.
       
       Aus einer der taz vorliegenden Antwort des Umweltministeriums auf eine
       Anfrage der Grünen-Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl geht hervor, dass die
       Energieversorger bis zum Mai erst eine „Konzeption für die Antragstellung“
       vorgestellt hatten. Am 20. Juni habe es dann im neuen Bundesamt für
       kerntechnische Entsorgungssicherheit eine „Beratung“ zu den geplanten
       Anträgen gegeben. Immerhin, schreibt Umweltstaatssekretärin Rita
       Schwarzelühr-Sutter in der Antwort, sei die Erstellung „weit
       fortgeschritten, sodass mit einer Antragstellung in Kürze gerechnet werden
       kann“.
       
       Solange noch das Zwischenlager Gorleben angefahren wurde, konnte es der
       Atomwirtschaft mit den Castortransporten nicht schnell genug gehen. Um die
       Fuhren ins Wendland zügig abzuwickeln, verwiesen die Konzerne gern auf
       angeblich völkerrechtlich verbindliche Verträge, die zu einer umgehenden
       Rücknahme des hochradioaktiven Schrotts aus den ausländischen
       Wiederaufarbeitungsanlagen verpflichteten.
       
       2013 hatten Bundesregierung und Bundestag einen Neustart bei der
       Endlagersuche verkündet. Um den bis dahin als einzigen Standort erkundeten
       Salzstock in Gorleben nicht weiter als künftiges Endlager festzuschreiben,
       wurden die Castortransporte dorthin ausgesetzt. Die noch aus Frankreich und
       Großbritannien zu holenden 26 Castoren sollten auf die Bundesländer
       verteilt werden, in denen Atomkraftwerke und Zwischenlager stehen. Das mit
       Atommüll stark belastete Niedersachsen blieb außen vor.
       
       Bayern, bei der Atomkraftnutzung ganz vorne mit dabei, verweigerte sich
       zunächst jedem Kompromiss. Erst nachdem Bundesumweltministerin Barbara
       Hendricks (SPD) die Sache an sich zog, gab der Freistaat seinen Widerstand
       auf. Die beschlossene Regelung sieht vor, dass sieben Castoren ins
       Zwischenlager am AKW Isar in Bayern gebracht werden – Ministerpräsident
       Horst Seehofer (CSU) war es noch gelungen, Hendricks um zwei Castoren
       herunterzuhandeln. Die übrigen Behälter sollen in Biblis (Hessen), Brokdorf
       (Schleswig-Holstein) und Philippsburg (Baden-Württemberg) unterkommen, und
       zwar so lange, bis ein Endlager für hochradioaktiven Müll in Betrieb geht.
       
       Der Verteilungsplan steht nun seit zwei Jahren, genauso lange ist das
       Konzept den AKW-Betreibern bekannt. Diese sehen allerdings keinen Grund zur
       Eile. Genehmigungen würden in der Regel etwa ein Jahr vor dem geplanten
       Transport beantragt, sagte der Sprecher der Gesellschaft für Nuklearservice
       (GNS), Michael Köbl, auf taz-Anfrage. Für die anstehenden Transporte seien
       sie also noch nicht erforderlich. Die GNS wickelt die Atommülltransporte
       für die Betreiber ab und betreibt die zentralen Zwischenlager in Gorleben
       und Ahaus.
       
       Atomkraftgegner kritisieren die Verzögerung. Anstatt Verantwortung zu
       übernehmen, klagten die Konzerne sogar gegen die Regelung. „Die
       AKW-Betreiber verhalten sich schäbig“, sagte Kotting-Uhl der taz. Anstatt
       möglichst konstruktiv zum Neustart der Endlagersuche beizutragen, hätten
       sie vier Jahre nach Beschluss des ersten Endlagersuchgesetzes und zwei
       Jahre nach Vorlage des Konzepts des Umweltministerium immer noch keine
       Anträge gestellt. Vielmehr hätten sie sich jahrelang juristisch quergelegt
       und so den Neustart belastet.
       
       2 Aug 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reimar Paul
       
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