# taz.de -- „Staatssender“ statt öffentlich-rechtlich: Daily Soap Kulturkampf
       
       > „FAZ“ und „FAS“ polemisieren gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
       > Der hat nun in einem offenen Brief den Fehdehandschuh aufgenommen.
       
 (IMG) Bild: ARD und ZDF als Staatssender zu bezeichnen, ist bizarr
       
       Bis vor Kurzem war es vor allem bei AfD-Anhängern und anderen
       Verschwörungstheoretikern en vogue, ARD und ZDF mit Begriffen wie
       „Staatlicher Rundfunk“ oder „Staatssender“ zu belegen. Dass der Kreis der
       Verbalradikalen größer geworden ist, zeigte sich am Wochenende mal wieder
       in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS): „Deutschland leistet
       sich einen teuren staatlichen Rundfunk“, stand dort über einer Grafik.
       
       In der Grafik selbst behauptet die FAS dann nonchalant, ARD, ZDF und
       Deutschlandradio wollten eine Anpassung des Rundfunkbeitrags bis zu einem
       Betrag von 21 Euro je Haushalt und Monat im Jahr 2029. Auf FAZ.NET [1][ist
       zu lesen], diese automatische Anpassung werde den, in Deutschland für
       Medienpolitik zuständigen, Bundesländern im September vorgeschlagen.
       
       Nun gibt es gewiss schockierendere Zukunftsperspektiven als die, in zwölf
       Jahren 21 Euro für das Programm von ARD, ZDF und Co. berappen zu müssen.
       Allein: Die ARD bezeichnete diese Behauptung als frei erfunden. Derzeit
       beträgt der Rundfunkbeitrag 17,50 Euro – nach einer Senkung um 48 Cent zum
       Beginn des Jahres 2015. Ob, wann und um wie viel Cent der Rundfunkbeitrag
       steigt – solche Spekulationen gehören zu den Lieblingsspielchen von
       Medienjournalisten.
       
       Dies war für Brigitte Baetz, beim Deutschlandfunk Mitarbeiterin des
       Medienmagazins @mediasres, nicht der Anlass, [2][mit einem offenen Brief
       auf die Berichterstattung aus Frankfurt zu reagieren]. Ihr reichte es aus
       anderen Gründen: „Immer wieder druckt Ihr dieses böse Wort vom
       Staatsrundfunk. Wo es doch in Deutschland seit dem Fall der Mauer gar
       keinen mehr gibt. Denn – glaubt es oder nicht – der Rundfunk ist in unserem
       demokratischen Land staatsfern organisiert. Das will die Verfassung so –
       und die Richter am Bundesverfassungsgericht erst recht. Und irgendwie
       verstehen wir nicht, warum Ihr das nicht versteht.“
       
       Ein FAZ-Redakteur greinte daraufhin bei Twitter, der Brief sei „hämisch“
       und „unkollegial“, der Branchendienst meedia.de brandmarkte den Brief als
       „arrogant“.
       
       ## Propagandistische Schlagworte
       
       Es ist allemal verständlich, dass Baetz genug hat von der Frankfurter
       Plattheit. Denn tatsächlich findet man die von ihr aufgegriffenen
       propagandistischen Schlagworte immer wieder in den beiden Zeitungen. „Trotz
       großer Anstrengungen und jährlich 8 Milliarden (!) Euro wird das Publikum
       des ersten und des zweiten Staatssenders immer älter“, hieß es Anfang Juli.
       „Wie ist das alles mit dem Programm- und Bildungsauftrag der Staatssender
       zu vereinbaren?“, lautete vor einem Jahr eine Frage im Zusammenhang mit
       Sportübertragungen.
       
       Sogar das Wörtchen „Zwangsgebühren“ mögen sich die Frankfurter nicht
       verkneifen – obwohl, erstens, Gebühren grundsätzlich nicht freiwillig sind,
       und, zweitens, der öffentlich-rechtliche Rundfunk seit Anfang 2013 gar
       nicht mehr über Gebühren finanziert wird, sondern über den Rundfunkbeitrag.
       Einen Teil der aktuellen Kritik hatte die FAS in ihrem Artikel schon
       versucht vorwegzunehmen: „Nur weil es die AfD ist, die das öffentliche
       Fernsehen mit dem Kampfbegriff ‚Staatsfunk‘ schmäht, muss die Kritik an der
       Staatsnähe ja nicht falsch sein.“
       
       Nun ist es weiterhin geboten, die Zusammensetzung der
       öffentlich-rechtlichen Kontrollgremien zu kritisieren. Aber in Zeiten, in
       denen, etwa in Polen oder Ungarn, demokratisch gewählte Regierungen direkt
       auf die öffentlich-rechtlichen Sender Einfluss nehmen, ist es mindestens
       bizarr, ARD und ZDF als Staatssender zu bezeichnen. Für die FAZ scheinen
       ARD und ZDF in erster Linie Punchingbälle im konservativen Kulturkampf zu
       sein.
       
       22 Aug 2017
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/rundfunkbeitrag-darf-nicht-automatisch-steigen-15161733.html
 (DIR) [2] http://www.deutschlandfunk.de/staatsrundfunk-liebesbrief-an-die-faz-kolleginnen.2907.de.html?dram%3Aarticle_id=393978
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
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