# taz.de -- Pussy Riot in Frankfurt: Furios verstärkte Dringlichkeit
       
       > Pussy-Riot-Mitglied Marija Aljochina hat ein Buch veröffentlicht. Dazu
       > performte die Band am Donnerstag in Frankfurt.
       
 (IMG) Bild: Marija Aljochina, Mitglied der Band Pussy Riot, war der Star des Abends
       
       Hannover Messe 2013: Eine Femen-Aktivistin stürmt auf Angela Merkel und
       Vladimir Putin zu. Auf ihrem nackten Oberkörper Parolen in kyrillischer
       Schrift. Merkel bläst die Backen auf, formt die Hände vor der Brust,
       drumherum aufgeregte Bodyguards. Und Putin? Streckt den Oberkörper durch,
       Hände an der Hosennaht, mustert die Halbnackte und grinst: geile Titten.
       
       Das Foto ist nicht zu sehen bei der Performance von Pussy Riot am
       Donnerstag im Frankfurter Mousonturm, dafür andere von „botoxed Putin“:
       sportiv, Bad in der Menge, bei orthodoxen Pfaffen, die mit ihren Gewändern
       und Bärten einen seltsam asymmetrischen Rahmen um den Autokraten abgeben.
       Die Bilder laufen auf der Leinwand hinter Pussy Riot. Der sprechsingende
       Tänzer Kiryl Masheka und Maxim Ionov an Keyboards und Schlagwerk flankieren
       Anastasia Ashitkova, die mit Altsaxofonsirenen die Dringlichkeit der
       Angelegenheit betont.
       
       Star des Abends ist Marija Aljochina, deren Buch „Tage des Aufstands“ im
       Foyer zu kaufen ist. Im brechtischen Dauerstakkato skandieren sie die
       Geschichte des Riots. Die englische Übersetzung läuft über Aufnahmen von
       jenen 41 Sekunden, die reichten, um Pussy Riot als
       feministisch-vitalistisches Gegenbild zum despotischen Maskulinisten
       Vladimir zu etablieren: Am 21. Februar 2012 stürmen drei Frauen mit
       Sturmhauben die Moskauer Christus-Erlöser-Kathedrale und bereichern den
       Gottesdienst um ein sogenanntes Punkgebet, ein Rant against Putin. Mit
       Folgen: Marija Aljochina, Nadeshda Tolokonnikowa und Jekaterina
       Samuzewitsch werden zum Staatsfeind Nr. 1, Knast, Lager.
       
       Natürlich scheitert der Versuch, die Fallhöhe dieser Intervention über eine
       Theater-Show zu strecken. Pussy Riot legen einen New/No Wave-getönten
       Langstreckensprint hin, als stünden da Malaria und DAF mit einem
       Nonstop-Remix aus „Mussolini“ und „Kaltes Klares Wasser“. Auf Russisch.
       
       Aber natürlich verpufft die Kritik an Pussy Riots Überwältigungsästhetik,
       angesichts des existenziellen Dramas, das Marija Aljochina erlebt hat.
       
       22 Sep 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Walter
       
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