# taz.de -- Nitratbelastung in Niedersachsen: Die Brunnen sind vergiftet
       
       > Niedersachsen ist nach vier Jahren Rot-Grün nicht mehr ganz so beschissen
       > wie früher. Ein Gülleproblem hat das Land aber noch immer
       
 (IMG) Bild: Sieht von oben harmlos aus: Versuchsfeld zum Einsatz von Düngemitteln bei Hannover
       
       BREMEN taz | Hier 130, dort 174 Milligramm Nitrat pro Liter Grundwasser.
       Dabei sind für Trinkwasser nur 50 Milligramm erlaubt: Es sind drastische
       Werte, die der VSR-Gewässerschutz im westlichen Niedersachsen erhoben hat,
       immer noch.
       
       Der VSR-Gewässerschutz ist ein seit den 1980ern aktiver Umweltverband mit
       sehr spezifischem fachlichen Profil – und entsprechender Expertise: Seit
       Jahrzehnten betreibt er Brunnenwasseruntersuchungen. Deren Ergebnisse fasst
       er in einem deutschen Nitratatlas und in Nitratkarten besonders belasteter
       Bundesländer zusammen. Logisch: Niedersachsen, das Land mit dem höchsten
       Viehbesatz, darf da nicht fehlen.
       
       Diesen Sommer waren die Umweltschützer*innen mit ihrem Messmobil im Kreis
       Wildeshausen auf Tour, wo Geflügelschlachthöfe und Putenbrütereien
       prosperieren. „Die Landesregierung in Hannover muss in dieser Region
       dringend zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung der Belastung aus der
       Landwirtschaft verankern“, hatte die VSR-Vorsitzende Susanne Bareiß-Gülzow
       die Ergebnisse kommentiert. Denn rund um den anerkannten Luftkurort in der
       touristisch relevanten Geestlandschaft mit den einzigartigen Ahlhorner
       Fischteichen hatte der Verbund in acht von 39 Proben aus Gartenbrunnen
       Grenzwertüberschreitungen nachgewiesen.
       
       ## Nitrat-Wasser aus dem Gartenbrunnen
       
       Das wird die Trinkwasserversorgung in absehbarer Zukunft verteuern, und es
       gibt mit Brauereien, Fischzuchtbetrieben und Fremdenverkehr durchaus
       Wirtschaftszweige in Niedersachsen, die unter den Folgen industrieller
       Tierhaltung leiden. Das gilt auch im benachbarten Kreis Diepholz, den
       manche, der einschlägigen Landwirtschaft halber, Schweinekreis nennen.
       
       Dort war zwar nur jede siebte der 209 eingereichten Proben belastet. Die
       aber kamen dafür auf rekordverdächtige Werte. In Hohenmoor, Luftlinie keine
       zehn Kilometer vom berühmten Vilsa-Brunnen entfernt, fördert ein
       Gartenbesitzer 170 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser aus seinem Schacht.
       
       Aufmerksamkeit verdient auch das Örtchen Seckenhausen. Dort hatte im April
       eine Bürgerinitiative die Betriebserweiterung einer Mastanlage von 1.600
       auf 2.800 Sauen gestoppt: Das Verwaltungsgericht Hannover hatte ermittelt,
       dass der summierte Gestank der lokalen Schweinefabriken die zulässige
       Höchstbelastung außerhalb geschlossener Ortschaften übertreffen würde. Dort
       schöpfte eine Familie aus ihrem Gartenbrunnen 174-Milligramm Nitrat-Wasser.
       
       ## Rückläufige Viehzahlen
       
       Die Beschissenheit des Landes war eins der umkämpftesten Themen des
       Winterwahlkampfs vor viereinhalb Jahren. Mittlerweile aber ist der
       Stallbauboom mit 100 neuen Genehmigungen pro Jahr passé, und die Güllefrage
       wird nicht mehr ganz so hitzig debattiert. Im Bund hat, weil die EU mit
       Klage drohte, Anfang des Jahres Landwirtschaftsminister Christian Schmidt
       (CSU) seine Blockade der seit 2014 geforderten Verschärfung der
       Düngegesetzgebung aufgegeben.
       
       Und in Niedersachsen besänftigt Minister Christian Meyer (Grüne) selbst die
       Gemüter durch seine Agrarwende: Zwar nennt der Vollschattenumweltminister
       der CDU, Frank Oesterhelweg, die neue bei der Landwirtschaftskammer
       angesiedelte Düngekontrollstelle eine „sinnlose Behörde“ die nur die
       „Misstrauenskultur gegen die niedersächsische Landwirtschaft“ verstetige.
       Doch belegt die durch ihre Nährstoffberichte eher die Verbesserungen. Denn,
       „es bleibt dabei“, hatte Meyer bei Vorstellung des Nährstoffberichts im
       Februar gesagt, „es sind zu viel Gülle und Gärreste auf unseren Feldern.“
       
       Aber, mit 58,7 Millionen Tonnen lag der Gülleeintrag 2016 eine ganze
       Million Tonnen niedriger als im Vorjahr – vor allem weil durch
       Tierschutzmaßnahmen und Baurecht die Viehzahlen rückläufig sind. Und, weil
       das Land Niedersachsen „die Latte etwas höher legt, als vom Bund
       vorgeschrieben“, wie das Landvolk beklagt.
       
       12 Oct 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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