# taz.de -- Gegenangriffe zu Cyberattacken: Innenminister will zurückhacken
       
       > Eine mögliche Jamaika-Koalition will die Cyberabwehr zentralisieren.
       > Innenminister de Maizière möchte auch Gegenangriffe starten können.
       
 (IMG) Bild: Von einer Hand zu anderen: BSI-Chef Schönbohm überreicht de Maizière den Lagebericht
       
       BERLIN taz | Die möglicherweise zustande kommende Jamaika-Regierung will
       die Cyberabwehr in Deutschland zentralisieren. Er sehe darin „große
       Übereinstimmung“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am
       Mittwoch bei der Vorstellung des neuen Lageberichts des Bundesamts für
       Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Bei Cyberangriffen dürften
       Bundesbehörden und Ländern nicht mehr nebeneinander agieren. Nötig sei die
       Stärkung des BSI und des Nationalen Cyberabwehrzentrums.
       
       In ihren Sondierungen haben sich Union, Grüne und FDP bereits auf eine
       „bundesweit einheitliche Abwehr von Gefahren und Angriffen aus dem
       Cyberraum“ verständigt. Die digitale Sicherheit sei von „herausragender
       Bedeutung“, heißt es in einem Einigungspapier. Auch soll das BSI mehr
       Stellen erhalten.
       
       De Maizière will aber noch mehr: Er plädiert auch für Gegenangriffe bei
       großen Cyberattacken, sogenannte Hack Backs. Ein allgemeiner
       Präventivschlag sei „unverhältnismäßig“, so der Minister. Stehe ein Angriff
       aber unmittelbar bevor, müsse dieser „vor Ort“ beendet werden. Das könne
       auch das Lahmlegen von feindlichen Servern bedeuten. Diese Fähigkeit sei
       für ein großes Land wie Deutschland geboten.
       
       Schon im Frühjahr hatte die Bundesregierung Pläne für „Hack Backs“ gefasst,
       etwa für den Fall von Angriffen auf Stromanbieter oder den Bundestag. Die
       Sicherheitsbehörden fordern diese Möglichkeit schon länger. Das Vorhaben
       ist indes heikel. Oft werden für solche Attacken zivile Server gekapert,
       bei Gegenangriffen wären Kollateralschäden kaum auszuschließen. Auch ist
       unklar, wer das Zurückhacken ausführen soll. Das BSI? Die Bundeswehr? Die
       Geheimdienste?
       
       De Maizière räumte ein, dass in diesem Punkt noch keine Einigung mit Grünen
       und FDP erfolgt sei. Auch eine rechtliche Prüfung der Regierung laufe noch.
       Der CDU-Mann aber mahnte: „Ich hoffe nicht, dass wir eine Entscheidung erst
       fällen, wenn ein Angriff erfolgt ist.“
       
       ## 600 Millionen Schadprogramme
       
       BSI-Chef Arne Schönbohm warnte am Mittwoch vor einer weiter hohen
       Gefährdungslage der IT-Sicherheit. Inzwischen seien mehr als 600 Millionen
       Schadprogramme bekannt. Täglich kämen 280.000 Varianten hinzu, heißt es im
       BSI-Lagebericht. So wurden vor einem Jahr Router der Telekom lahmgelegt,
       eine Million Kunden konnten zeitweise nicht ins Internet. Im Frühjahr hatte
       dann die Ransomware-Attacke „Wannacry“ auch in Deutschland etliche
       Computer, darunter auch Rechner der Deutschen Bahn, verschlüsselt und für
       die Wiederfreigabe ein Lösegeld verlangt.
       
       De Maizière appellierte an die Hersteller von Geräten, IT-Sicherheit früher
       zu berücksichtigen. Viel werde dort in Innovationen investiert,
       IT-Sicherheit aber stehe an letzter Stelle. Auch bei den Nutzern habe
       „Bequemlichkeit zu oft Vorrang vor der Sicherheit“. „Das Bewusstsein für
       IT-Sicherheit ist noch nicht auf dem Niveau, das wir uns wünschen.“
       
       8 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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