# taz.de -- Flüchtlingspolitik und Brexit: Zusammen auf die Zäune achten
       
       > Großbritannien bewilligt 50 Millionen Euro für den britisch-französischen
       > Grenzschutz. May und Macron besprechen ihre Zusammenarbeit ohne EU.
       
 (IMG) Bild: May (hier links im Bild) betont, der Brexit bedeute nicht, dass Großbritannien Europa verlasse
       
       LONDON taz | Beim Gipfel zwischen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und
       Großbritanniens Premierministerin Theresa May am Donnerstag war der Ort
       Programm: Sandhurst, die wichtigste britische Militärakademie. Um
       Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich ging es, vor dem Hintergrund des
       Brexit.
       
       Obwohl beide Länder in entgegengesetzte Richtungen strebten, werde man
       weiter eng kooperieren, sagte Macron. May betonte, der Brexit bedeute
       nicht, dass Großbritannien Europa verlasse.
       
       Großbritannien bewilligte 50 Millionen Euro (44.5 Millionen Pfund) für den
       gemeinsamen britisch-französischen Grenzschutz in Calais, darunter die
       Installation von Bewegungskameras. Macron hatte vor dem Gipfel zu verstehen
       gegeben, dass das französisch-britische Grenzabkommen aus dem Jahr 2003 für
       die Zeit nach dem Brexit neu verhandelt werden müsse. Das sogenannte
       Touquet-Abkommen legt fest, dass die Einreisekontrollen für Großbritannien
       auf französischem Boden stattfinden, und regelt den Einsatz von
       Grenzschützern beider Länder im jeweils anderen.
       
       Die Zahl der in und um Calais versteckten Flüchtlinge, die auf eine
       Reisemöglichkeit nach England warten, wird derzeit auf 700 geschätzt.
       Großbritannien beabsichtigt nun, mehr davon aufzunehmen, vor allem
       Minderjährige und Personen mit Angehörigen in Großbritannien.
       
       ## Die Kritik der Flüchtlingshelfer
       
       Bisherige solcher Zusagen haben nur wenigen hundert Menschen die Einreise
       ermöglicht, und Flüchtlingshelfer in Großbritannien begrüßen gegenüber der
       taz die Ankündigung mit Zurückhaltung. Sie fordern verbesserte
       Familienzusammenführung, adäquate Auffangzentren während des
       Aufnahmeprozesses sowie legale und sichere Fluchtwege.
       
       „Asylsuchende, die ein Recht auf Familienzusammenführung in Großbritannien
       unter dem Dublin-Abkommen haben, müssen schnell identifiziert werden und
       ein einfacheres Anerkennungsverfahren als derzeit bekommen“, sagt Lisa
       Doyle vom Refugee Council. Damit bezog sie sich darauf, dass derzeit
       asylberechtigte Personen oft auch nach der Identifizierung in Frankreich
       noch monatelang schutzlos warten müssen, bevor sie tatsächlich reisen
       dürfen.
       
       Offen kritisch äußert sich die Organisation Help Refugees, die Migranten in
       Calais mit Freiwilligen unterstützt. 160 Million Pfund (190 Mio. Euro)
       seien in die Sicherheit und Polizei in Calais investiert worden – Gelder,
       mit dessen Hilfe die französische Polizei junge Leute mit Tränengas
       besprühe, sie misshandele und ihr Eigentum beschlagnahme und zerstöre, so
       Sprecher Tom Steadman. Das Geld solle besser in Nahrung, Behausung,
       Rechtsberatung, Schulbildung und ärztliche Versorgung für die Flüchtenden
       fließen. Steadman fordert: „Beide Regierungen müssen Polizeigewalt und
       Misshandlung gegen heimatlose Personen beenden.“
       
       Die Sicherheitszusammenarbeit erstreckt sich auch auf andere Bereiche.
       Großbritannien will zum französischen Kampf gegen islamistische Rebellen in
       Mali und umliegenden Sahelregionen drei Chinook-Hubschrauber zur Verfügung
       stellen. Frankreich will die britischen Nato-Einheiten an der
       estnisch-russischen Grenze verstärken. Im Rahmen des Gipfels trafen sich
       außerdem die Spitzen aller britischen und französischen Nachrichtendienste.
       
       18 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn
       
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