# taz.de -- VW, Daimler und BMW: Abgastests auch mit Menschen
       
       > Es klingt unglaublich: Nicht nur Affen sollen Schadstoffversuchen
       > ausgesetzt worden sein. Für VW und andere Hersteller könnte es
       > ungemütlich werden.
       
 (IMG) Bild: VW hat mit einer Studie mit Stickstoffdioxiden an gesunden Menschen wohl ein paar Stoppsignale übersehen
       
       WOLFSBURG/BERLIN dpa | Im Abgasskandal soll es Diesel-Schadstofftests nicht
       nur mit Affen, sondern auch mit Menschen gegeben haben. Das geht aus einem
       Report der Vereinigung EUGT hervor, über den [1][Stuttgarter Zeitung]
       (Montag) und [2][Süddeutsche Zeitung] berichten. Rund zweieinhalb Jahre
       nach Beginn des Abgasskandals kommen damit immer neue Details ans Licht.
       
       Den Berichten zufolge soll die von den Konzernen VW, Daimler und BMW
       gegründete Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im
       Transportsektor (EUGT) eine „Kurzzeit-Inhalationsstudie mit
       Stickstoffdioxid bei gesunden Menschen gefördert“ haben. Dies stehe in
       einem als Tätigkeitsbericht für die Jahre 2012 bis 2015 herausgegebenen
       Report. Dabei seien an einem Institut des Universitätsklinikums Aachen 25
       Personen untersucht worden, nachdem sie jeweils über mehrere Stunden
       Stickoxid (NO2) in unterschiedlichen Konzentrationen eingeatmet hätten.
       Laut der 2017 aufgelösten EUGT wurde keine Wirkung festgestellt.
       
       Der zuständige Institutsleiter Thomas Kraus sagte der Stuttgarter Zeitung
       jedoch, die 2016 veröffentlichte Studie sei nur eingeschränkt
       aussagekräftig. Zum einen ließen sich die Befunde nicht auf die gesamte
       Bevölkerung übertragen, zum anderen sei Stickstoffdioxid nur ein Teil der
       gesamten Luftbelastung.
       
       Stickstoffdioxid (NO2) ist der Schadstoff, dessen Messwerte von VW in den
       USA jahrelang manipuliert worden waren, um die gesetzlichen Grenzwerte für
       Dieselfahrzeuge offiziell einzuhalten.
       
       ## Daimler ist „erschüttert“
       
       Zuvor hatten Tierversuche beim Test von Dieselabgasen breite Empörung
       ausgelöst. Sie wurden durch US-Ermittlungen zur VW-Abgasaffäre bekannt.
       Affen waren dabei gezielt Schadstoffen ausgesetzt worden.
       
       Die Tests mit den Affen waren Teil einer Studie, die beweisen sollte, dass
       die Diesel-Schadstoffbelastung dank moderner Abgasreinigung erheblich
       abgenommen hat. Deshalb hatte die EUGT – die von VW, Daimler und BMW
       finanzierte Lobby-Initiative – sie beim US-amerikanischen Lovelace
       Respiratory Research Institute in Auftrag gegeben. Federführend war laut
       dem Studienleiter dabei VW.
       
       VW entschuldigte sich am Wochenende für die in den USA durchgeführten
       Versuche. „Wir sind der Überzeugung, dass die damals gewählte
       wissenschaftliche Methodik falsch war. Es wäre besser gewesen, auf eine
       solche Untersuchung von vornherein zu verzichten“, teilte der Konzern am
       Samstag mit. Volkswagen distanziere sich klar von allen Formen der
       Tierquälerei. „Wir entschuldigen uns für das Fehlverhalten und die
       Fehleinschätzung Einzelner.“
       
       Auch der Autobauer Daimler distanzierte sich ausdrücklich von den Studien
       und der EUGT. „Wir sind über das Ausmaß der Studien und deren Durchführung
       erschüttert“, hieß es in einer Stellungnahme. Daimler verurteile die
       Versuche auf das Schärfste. „Auch wenn Daimler keinen Einfluss auf den
       Versuchsaufbau hatte, haben wir eine umfassende Untersuchung eingeleitet,
       wie es dazu kommen konnte.“
       
       ## Althusmann: Tierversuche „unentschuldbar“
       
       In der Politik wird unterdessen der Ruf nach einer Aufklärung der Vorwürfe
       lauter. Der niedersächsische Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat Bernd
       Althusmann (CDU) bezeichnete die Tierversuche beim Test von Dieselabgasen
       als „absurd und unentschuldbar“. Althusmann sagte der Deutschen
       Presse-Agentur, er erwarte neben einer vollständigen Aufklärung und einem
       umfassenden Bericht an den Aufsichtsrat „harte personelle Konsequenzen“ für
       diejenigen, die für diese Tierversuche verantwortlich seien.
       
       Das Land Niedersachsen ist VW-Großaktionär. „Zehn Affen stundenlang
       mutwillig Autoabgase einatmen zu lassen, um zu beweisen, dass die
       Schadstoffbelastung angeblich abgenommen habe, ist widerlich und absurd“,
       hatte Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil
       (SPD) gesagt.
       
       Der Abgasskandal war im September 2015 ins Rollen gekommen. Damals hatte VW
       eingeräumt, bei Millionen von Dieselfahrzeugen [3][bei Abgastests
       manipuliert] zu haben. Volkswagen hatte dies in eine schwere Krise
       gestürzt, der Skandal hat den Konzern Milliarden gekostet. Auch bei anderen
       Autobauern wurden zum Teil drastische Abweichungen der Abgaswerte zwischen
       Prüfstand und Straße festgestellt. Die Neuzulassungen von Dieselfahrzeugen
       sind seit Monaten auf Talfahrt.
       
       29 Jan 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ermittlungen-zum-vw-skandal-affen-im-abgastest-tierversuche-fuer-clean-diesel-kampagne.c6721748-78c6-441c-92d1-66aa1f49eb20.html
 (DIR) [2] http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/auto-lobby-auch-menschen-wurden-abgastests-ausgesetzt-1.3843804
 (DIR) [3] /Abgastest-in-der-EU/!5410015
       
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