# taz.de -- Merkel zu Antisemitismus in Deutschland: Keine Synagoge ohne Polizeischutz
       
       > Antisemitismus bei Zuwanderern werde zunehmend zum Problem, kritisiert
       > eine bedrückte Kanzlerin. Judenfeindlichkeit habe es aber auch vorher
       > gegeben.
       
 (IMG) Bild: Angela Merkel wird nach eigener Aussage bald nach Israel fahren
       
       BERLIN dpa | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat neue Formen des
       Antisemitismus in Deutschland beklagt. Dem israelischen Nachrichtensender
       „Channel 10 News“ sagte sie: „Wir haben jetzt auch neue Phänomene, indem
       wir Flüchtlinge haben oder Menschen arabischen Ursprungs, die wieder eine
       andere Form von Antisemitismus ins Land bringen.“
       
       Antisemitismus habe es aber leider auch schon vor der Ankunft der vielen
       Flüchtlinge in Deutschland gegeben, fügte Merkel hinzu. Kein jüdischer
       Kindergarten, keine Schule, keine Synagoge könnten ohne Polizeischutz sein.
       „Das bedrückt uns“, betonte sie im Gespräch mit dem Korrespondenten Dor
       Glick.
       
       Antisemitische Vorfälle in Deutschland machen seit Wochen verstärkt
       Schlagzeilen. So wurde in Berlin eine Zweitklässlerin von älteren Schülern
       aus muslimischen Familien wegen ihrer jüdischen Religionszugehörigkeit
       beschimpft. Die Rapper Farid Bang und Kollegah wurden für ein als
       judenfeindlich kritisiertes Album mit dem Echo-Musikpreis ausgezeichnet –
       es hagelte Proteste. Zuletzt sorgte ein judenfeindlicher Angriff im
       Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg für Empörung. Dort wurde ein junger
       Israeli angegriffen, der eine Kippa trug, die traditionelle jüdische
       Kopfbedeckung.
       
       Gegen den mutmaßlichen Täter erging Haftbefehl wegen gefährlicher
       Körperverletzung. Es handelt sich um einen 19-jährigen Palästinenser aus
       Syrien, der seit 2015 in Deutschland ist. Der Zentralrat der Juden in
       Deutschland verlangte, auch das Aufenthaltsrecht des Flüchtlings zu prüfen.
       „Der Täter sollte mit der vollen Härte des Gesetzes zur Verantwortung
       gezogen werden“, sagte Präsident Josef Schuster der Welt am Sonntag. „Wer
       hier einen dauerhaften Aufenthaltstitel erwerben will, muss sich
       rechtskonform verhalten.“
       
       Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hat angesichts der Attacke zu einer
       Solidaritätskundgebung aufgerufen. Unter dem Motto „Berlin trägt Kippa“
       soll sich am Mittwoch ein breites gesellschaftliches Bündnis dem Hass
       entgegenstellen, so der Appell. In Erfurt ist am selben Tag die Aktion
       „Thüringen trägt Kippa“ geplant.
       
       ## Struktureller Antisemitismus als Staatsdoktrin
       
       Das Internationale Auschwitz Komitee warnte, „dass sich die Situation des
       Antisemitismus in vielen europäischen Ländern durch das Zusammenfließen
       rechtsextremer und islamistischer Faktoren des Hasses gegenüber jüdischen
       Menschen zu einem völlig neuen Bedrohungsszenario ausgewachsen hat, dessen
       Dimensionen noch gar nicht zu überschauen sind“. Hinzu komme eine
       zunehmende Indifferenz der Gesellschaft und auch „subtiler Antisemitismus
       in der politischen Mitte“.
       
       Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers David Ranan ist islamischer
       Antisemitismus oftmals in anti-israelischen Ressentiments begründet.
       „Zwischen den Muslimen und den Juden gibt es im Nahen Osten einen
       Konflikt“, sagte er im Deutschlandfunk. Es gebe „viele Muslime, die sich
       als Teil der islamischen Umma, der Volksgemeinde sehen und deswegen
       Empathie haben für ihre Geschwister, die von Israel gedemütigt werden“.
       Diese Vorbehalte seien nicht unbedingt als Antisemitismus zu werten, sagte
       Ranan.
       
       Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck sagte im Deutschlandfunk, arabische
       Migranten seien in Ländern groß geworden, „wo die Feindschaft zum Staat
       Israel und damit ein struktureller Antisemitismus zum Lehrkanon in den
       Schulen, zur Staatsdoktrin gehört“. Solch arabischer Antisemitismus dürfe
       in Deutschland nicht geduldet werden, warnte Habeck.
       
       Die Bundeskanzlerin kündigte an, nach vierjähriger Pause noch in diesem
       Jahr nach Israel zu reisen. Israel sei ein demokratischer Staat und „ein
       Land, in dem unglaublich viel geschafft wurde“, sagte Merkel dem
       israelischen TV-Sender anlässlich des 70. Jahrestags der Unabhängigkeit des
       Landes. Zugleich sei Israel immer wieder in seiner Sicherheit bedroht. Aus
       der Verantwortung Deutschlands heraus bekräftige sie deshalb ihren Satz:
       „Die Sicherheit Israels ist auch Teil der Staatsräson Deutschlands.“
       
       23 Apr 2018
       
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