# taz.de -- EU-Asylgipfel verschärft Regeln: Flüchtlinge sollen in Sammellager
       
       > Der EU-Gipfel einigt sich auf eine schärfere Asylpolitik: Flüchtlinge,
       > die über das Mittelmeer kommen, sollen in Lager gebracht werden. Die
       > Umsetzung ist unklar.
       
 (IMG) Bild: „Eine gute Botschaft“, sagt Merkel. Pro Asyl kritisiert die EU-Beschlüsse heftig
       
       BRÜSSEL epd | Der EU-Gipfel in Brüssel hat sich in der Asylpolitik auf
       konkrete neue Schritte geeinigt. Die EU-Staaten wollen den Grenzschutz
       stärken, das Konzept der Anlandung von Migranten in Afrika prüfen lassen
       und in der EU selbst „kontrollierte Zentren“ für Asylbewerber aufbauen, wie
       es in der am frühen Freitagmorgen vereinbarten Abschlusserklärung heißt.
       Die Reform der Dublin-Verordnung soll schnell abgeschlossen werden,
       erklärten die 28 Staats- und Regierungschefs weiter.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einer „guten Botschaft“.
       Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte auf Twitter, es seien „die
       französischen Vorschläge angenommen“ worden. Der polnische Regierungschef
       Mateusz Morawiecki, dessen Land bisher als Gegenspieler westlicher Länder
       wie Deutschland und Frankreich in wichtigen Punkten der Asylpolitik galt,
       sprach in Brüssel von einem „sehr guten Kompromiss“.
       
       Die Politiker hatten [1][am Donnerstagabend begonnen, über das Thema
       Migration zu sprechen]. Merkel sprach von einer sehr intensiven Debatte,
       man habe sich schließlich aber „geeinigt auf die Schlussfolgerungen
       insgesamt und damit auch auf das komplizierteste Thema, die Migration“.
       
       Auf dem Gipfel war unter anderem über die Anlandung von auf dem Mittelmeer
       geretteten Migranten in Afrika und anderen Ländern außerhalb der EU
       gesprochen worden. Die Teilnehmer beauftragten nun die EU-Kommission und
       den EU-Ministerrat, „das Konzept von regionalen Anlandeplattformen rasch zu
       prüfen, in enger Zusammenarbeit mit relevanten Drittstaaten sowie dem UNHCR
       und IOM“. Wie genau das Konzept aussieht, ist noch unklar. Von
       Diplomatenseite hatte es vor dem Gipfel geheißen, es solle keine „Lager“
       geben. Merkel sagte, ihr sei wichtig, dass internationales Recht
       eingehalten werde.
       
       ## Lager werden „Kontrollierte Zentren“ genannt
       
       „Kontrollierte Zentren“ sehen die EU-Spitzen auf EU-Territorium selbst vor.
       Dies war einer der Punkte, über die nach Diplomatenangaben besonders lange
       und auf Grundlage eines französisch-italienischen Vorschlages gesprochen
       wurde. Hier sollen gerettete Menschen in Obhut genommen werden, um
       „zwischen irregulären Migranten, die zurückgebracht werden, und solchen,
       die internationalen Schutz brauchen, zu unterscheiden“.
       
       Für die Gruppe der echten Flüchtlinge soll demnach das Prinzip der
       „Solidarität“ gelten. Dies ist in der Brüsseler Diskussion ein Wort, das
       bisher vor allem die Umverteilung von Flüchtlingen auf verschiedene
       EU-Länder meinte. Die Gipfel-Erklärung hält fest, dass „alle Maßnahmen im
       Kontext dieser kontrollierten Zentren, einschließlich Umverteilung und
       Neuansiedlung, auf einer freiwilligen Basis sein werden“.
       
       Mit Blick auf die Zentren übte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl scharfe
       Kritik. „Das ist der Gipfel der Inhumanität“, erklärte Geschäftsführer
       Günter Burkhardt. Inhuman sei es, „Gefolterte und Verfolgte einfach so in
       Europa wegzusperren“. Auch die Idee der Plattformen außerhalb Europas
       kritisierte er. Die Staats- und Regierungschefs ließen jegliches Mitgefühl
       vermissen, sagte Burkhardt. Die Grünen-Europapolitikerin Ska Keller
       urteilte: „Dieser Gipfel beerdigt das Recht auf Asyl in Europa. Flüchtlinge
       sollen in Zukunft kaum mehr eine Chance haben, auf europäischem Boden Asyl
       zu beantragen.“
       
       ## Mehr Ressourcen für Frontex
       
       Daneben vereinbarten die Regierungschefs eine Stärkung der
       Grenzschutztruppe Frontex durch mehr Ressourcen und ein erweitertes Mandat.
       Merkel zufolge wurde für die Aufstockung eine Frist bis 2020 vereinbart und
       das Thema damit „nicht bis irgendwann verschoben“. Ferner gebe es
       Einigungen auf neue Finanzhilfen für die Versorgung von Flüchtlingen in der
       Türkei und über einen Transfer von einer halben Milliarde Euro aus dem
       Europäischen Entwicklungsfonds in den sogenannten Treuhandfonds für Afrika.
       
       Thema des Gipfels war auch die Sekundärmigration. Dabei ziehen Migranten
       auf eigene Faust von den Ersteinreiseländern weiter in andere EU-Länder,
       häufig nach Deutschland. In der Gipfelerklärung werden alle Mitgliedsländer
       darauf verpflichtet, dem entgegenzuarbeiten.
       
       Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz sprach von einer „langen
       und harten Diskussion“. Kurz zufolge soll es zudem „klare Richtlinien“ für
       Nichtregierungsorganisationen geben, die [2][bei der Seenotrettung im
       Mittelmeer] aktiv sind.
       
       29 Jun 2018
       
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