# taz.de -- Kritik und Selbstkritik im Journalismus: Die Fehler der anderen
       
       > Die Zeit-Redaktion erklärt sich zum umstrittenen Pro und Contra über
       > private Seenotrettung. Doch die Reaktionen darauf zeugen von ungutem
       > Furor.
       
 (IMG) Bild: Auf die anderen zu zeigen, ist immer einfach
       
       „Gut gemeint, aber nicht gut genug.“ [1][Diese Überschrift ist auf der
       Seite 1 der aktuellen Zeit zu lesen.] Es geht in dem von der Chefredaktion
       unterzeichneten Text um ein Pro und Contra, das die Hamburger Wochenzeitung
       vor sieben Tagen veröffentlicht hat. Unter der Überschrift „Oder soll man
       es lassen?“ hatten zwei Redakteurinnen über die Legitimität privat
       organisierter Seenotrettung diskutiert. [2][Die Empörung war groß], die
       gesamte Redaktion stand augenblicklich im Verdacht, ihren moralischen
       Kompass verloren zu haben.
       
       Dass dies nicht zutrifft, zeigen die 54 Zeilen in der aktuellen Ausgabe.
       „Wir haben uns vorgenommen, es in Zukunft wieder besser zu machen“, ist da
       zu lesen. Das ist eine selbsthinterfragende und eher selten anzutreffende
       Geste im überhitzten Mediengeschäft.
       
       Doch die Reaktionen auf die Erklärung – die übrigens keine Entschuldigung
       ist – zeugen von einem unguten Furor. Die Verantwortlichen versteckten sich
       hinter dem Sammelbegriff Chefredaktion, wird prompt gequengelt. Die Autorin
       des Contra-Beitrags werde an den Pranger gestellt, aus der Gesamtredaktion
       ausgegrenzt. Was für ein Trigger-Bullshit.
       
       Indem die Erklärung als unzureichend, verdruckst oder unkollegial
       diffamiert wird, wird einerseits mit abfälliger Geste das Recht auf
       Lernfähigkeit und Diskurs negiert. Zum anderen wird die Autorin zum Opfer
       und übergriffig zur Ikone einer – imaginierten – populistischen
       Mehrheitsmeinung stilisiert.
       
       ## Keine Einladung zum Draufschlagen
       
       In jeder Zeitung, in jedem Medium verrutscht mal der Ton, werden Fakten
       verkürzt, wird nicht lange genug diskutiert. Es werden falsche
       Entscheidungen getroffen. Dies aussprechen zu können, ohne dass es von der
       publizistischen Konkurrenz als Einladung zum Draufschlagen verstanden wird
       – diese Möglichkeit sollte sich die Branche nicht abkaufen lassen.
       
       Der eigenen Tadellosigkeit versichern sich übrigens nach aller
       Lebenserfahrung besonders gern jene, die sich für keine Skandalisierung zu
       schade sind. Und zwar exakt so lange, bis sie selbst Mist bauen.
       
       19 Jul 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.zeit.de/2018/30/private-seenotrettung-pro-contra-zeit-debatte
 (DIR) [2] /Debatte-um-Seenotrettung/!5522012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
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