# taz.de -- Türkei nimmt Journalisten fest: Erdoğans Geiselpolitik geht weiter
       
       > Die Hoffnung war groß, dass ausländische Journalisten wieder akzeptiert
       > würden. Die Festnahme eines Österreichers beweist das Gegenteil.
       
 (IMG) Bild: Widersprüchliche Signale: Ist die Türkei um Entspannung gegenüber der EU bemüht?
       
       ATHEN taz | Mit der [1][Verhaftung des österreichischen Journalisten Max
       Zirngast] am Dienstagmorgen hat die türkische Regierung klargemacht, dass
       sie nach wie vor nicht gewillt ist, ihre Politik der Geiselnahme
       ausländischer Staatsbürger aufzugeben. Wie vor ihm der deutsche Journalist
       Deniz Yücel wird Zirngast zunächst in Polizeihaft festgehalten, ohne dass
       er oder sein Anwalt wissen, was genau ihm vorgeworfen wird. Vage ist von
       „Terrorpropaganda“ und Unterstützung einer illegalen Organisation die Rede.
       
       Zirngast ist freier Mitarbeiter mehrerer linker Publikationen, darunter der
       österreichischen Zeitschrift re:volt und der deutschen Jungen Welt. Die
       Festnahme von Zirngast widerlegt die Hoffnung, dass die türkische Regierung
       nach der Freilassung von Deniz Yücel und zuletzt der Ausreiseerlaubnis für
       die deutsche Journalistin Meşale Tolu, die Arbeit ausländischer
       Journalisten in der Türkei wieder akzeptieren würde, auch wenn deren
       Berichte die Regierungspolitik scharf kritisieren.
       
       Die Festnahme ist auch deshalb bemerkenswert, weil Österreich derzeit den
       Ratsvorsitz innerhalb der EU innehat und der türkische Staatspräsident
       Recep Tayyip Erdoğan nach Auskunft seines Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu
       sich um eine Entspannung gegenüber der EU bemüht. Noch beim [2][Besuch des
       deutschen Außenministers Heiko Maas] in Ankara letzte Woche, schienen beide
       Politiker gewillt, Streitpunkte auszuräumen.
       
       Dazu gehören auch mehrere Deutsche, die nach wie vor in der Türkei in
       U-Haft sitzen und deren Freilassung Maas gegenüber Çavuşoğlu gefordert
       haben soll. Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes Maria Adebahr gab am
       Mittwoch bekannt, dass eine von insgesamt sieben festgehaltenen Personen
       mittlerweile aus der U-Haft entlassen wurde, gegen den Betroffenen aber
       eine Ausreisesperre verhängt wurde.
       
       Adebahr bestätigte auch Medienberichte, dass ein anderer dieser sieben
       Deutschen, Nejat U., bereits im vergangenen Jahr in erster Instanz wegen
       Mitgliedschaft in der Gülen-Sekte zu neun Jahren und neun Monaten Haft
       verurteilt worden sei. Im Moment laufe ein Berufungsverfahren.
       
       ## Kein Fortschritt im Fall Brunson
       
       In Deutschland wurde erwartet, dass zumindest die inhaftierten Deutschen
       vor dem für den 28. September geplanten Staatsbesuch Erdoğans in Berlin
       freigelassen würden. Auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz
       hat gefordert, Max Zirngast freizulassen, sollte die Türkei keine konkreten
       Vorwürfe vorweisen können.
       
       Im Fall der derzeit prominentesten ausländischen Geisel in der Türkei, dem
       amerikanischen evangelikalen [3][Pastor Andrew Brunson], gibt es keinerlei
       Fortschritte. Um die Freilassung Brunsons zu erreichen, hat US-Präsident
       Trump sogar Sanktionen gegen die Türkei verhängt, bislang allerdings ohne
       Erfolg.
       
       Brunson wurde zwar aus der Haft entlassen, steht jetzt aber unter
       Hausarrest. Ein Treffen zwischen Erdoğan und Trump am Rande der
       UN-Vollversammlung in New York Ende September ist nach türkischen
       Medienberichten von amerikanischer Seite abgelehnt worden.
       
       13 Sep 2018
       
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