# taz.de -- Politische Bildung in der Schule: „Eine klare Haltung vorleben“
       
       > Das Zentrum für Demokratie will Lehrer für das Thema Rechtsruck schulen.
       > Der Beratungsbedarf sei hoch – auch wegen der AfD, sagt
       > Projektkoordinator Samuel Signer.
       
 (IMG) Bild: Diskussion statt Denunziation: So sollte es sein zwischen SchülerInnen und Lehrkräften
       
       taz: Herr Signer, das Zentrum für Demokratie in Schöneweide bietet bald für
       LehrerInnen die Fortbildung „Schulischer Bildungsauftrag in Zeiten des
       Rechtsrucks“ an. Warum ist so ein Seminar nötig? 
       
       Samuel Signer: Wir haben LehrerInnen in Treptow-Köpenick gefragt, wo sie
       sich unsicher fühlen, was sie beschäftigt. Und fast alle haben gesagt: Uns
       beschäftigt das Thema politische Neutralität in der Schule.
       
       Das hat ja vor allem die AfD groß gemacht: In mehreren Bundesländern, auch
       in Berlin, versucht die Partei gerade Onlineportale zu etablieren, wo
       SchülerInnen und Eltern AfD-kritische LehrerInnen „anzeigen“ können. 
       
       Das, was die AfD macht, ist bis jetzt [1][juristisch ungeklärt]. Es geht
       uns auch nicht um eine juristische Beratung – es geht uns darum, zu
       vermitteln, wie man als Lehrer politisch Haltung einnimmt und vermittelt.
       Denn gerade bei dieser AfD-Plattform geht es um ein Gefühl, das da
       aufkommen soll: Wir beobachten euch, also passt auf, was ihr sagt.
       
       Mit dem Projekt „Antirassistische Bildung an Schulen“, kurz aras*, sind Sie
       viel in Schulen unterwegs, machen Workshops und Vernetzungsarbeit. Sie
       sagen, LehrerInnen, die sich gegen rechts engagieren, stünden „häufig im
       Fokus (extrem) rechter Bewegungen“. Was heißt das konkret? 
       
       Generell stehen Aktive, die sich gegen rechts engagieren, im Fokus. Dazu
       gehören dann zum Teil auch LehrerInnen und SchülerInnen. In
       Treptow-Köpenick war bis ungefähr 2013/2014 der Nationale Widerstand aktiv
       und hat Feindeslisten von seinen Gegnern erstellt, um diese einzuschüchtern
       und anzugreifen. Auf diesen Feindeslisten konnten alle möglichen Menschen
       landen, eben auch LehrerInnen.
       
       Das ist jetzt kein Problem mehr? 
       
       Das ist in dieser Qualität inzwischen nicht mehr so, es werden derzeit in
       Treptow-Köpenick auch keine Briefkästen mehr gesprengt oder Radkappen an
       Autos gelockert. Aber das schon erwähnte Gefühl, dass die Rechten erzeugen
       wollen, „Wir beobachten euch!“, genau damit spielt jetzt auch die AfD.
       
       Wie wollen Sie die LehrerInnen stärken, die sich gegen rechte
       Stimmungsmache engagieren? 
       
       Ein wichtiges Thema in unseren Fortbildungen sind Argumentationstrainings.
       Wenn sich zum Beispiel ein Schüler im Unterricht [2][abfällig über Juden]
       äußert, wie reagiere ich da?
       
       Und, wie reagiert man da am besten? 
       
       Es gibt kein Patentrezept, aber überhaupt zu reagieren ist schon mal gut.
       Wenn ich mir unsicher bin, kann ich zum Beispiel zurückfragen: Habe ich
       dich gerade richtig verstanden? Erklär mir doch noch mal, wie du das
       eigentlich genau meinst. Damit signalisiere ich: Ich nehme nicht einfach
       hin, was du da sagst. Aber ich gehe auch noch nicht gleich total auf
       Konfrontationskurs.
       
       Wie können LehrerInnen ihre SchülerInnen stark machen gegen rechts? 
       
       Sie können eine klare Haltung vorleben, wenn jemand diskriminiert wird. Das
       ist übrigens auch eine Frage, die wir immer wieder von SchülerInnen in
       Workshops hören: Wie beziehe ich Position, wie argumentiere ich gegen
       Stammtischparolen von rechts? Und am besten erleben SchülerInnen selbst,
       was [3][Demokratie] bedeutet. Es gibt ja durchaus viele
       Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Schule, zum Beispiel das
       Schülerparlament. Diese Strukturen können Lehrer stark machen.
       
       Viele LehrerInnen sagen: Dafür fehlt uns die Zeit. Oder sie fühlen sich
       durch die Schulleitung nicht unterstützt.
       
       Natürlich sagen uns die LehrerInnen öfter mal, dass es gut wäre, Stunden
       für solche Extraarbeit zu haben. Aber bei den Schulleitungen, wir arbeiten
       mit zehn Schulen im Bezirk zusammen, ist absolut ein Bewusstsein für diese
       Thematik da. Übrigens glaube ich ja, noch mal zurück zur AfD-Plattform,
       dass die Partei damit eher das Gegenteil von dem bewirkt, was sie sich
       vorstellt.
       
       Inwiefern? 
       
       Das hat viele LehrerInnen überhaupt erst politisiert – in dem Sinne, dass
       sie wissen wollen, wie man sich wehren kann, zum Beispiel. Ich habe in der
       Weiterbildungsarbeit die Erfahrung gemacht: Man schreibt Lehrern nicht vor,
       wie sie ihren Job zu machen haben. Das macht die AfD aber, und das kommt
       nicht gut an.
       
       29 Oct 2018
       
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