# taz.de -- Rechtsextremismus bei der Polizei: Rassismus-Vorwürfe an Polizeischule
       
       > Ein ehemaliger sächsischer Polizeianwärter spricht über
       > migrantenfeindliche Äußerungen von Mitschülern und Ausbildern.
       
 (IMG) Bild: Beim Nachwuchs scheint es ein Rechtsextremismus-Problem zu geben: Polizei in Sachsen
       
       LEIPZIG taz | Die Ausbildung war sein Ziel, der Beruf sein Wunschtraum.
       Simon Neumeyer wollte unbedingt Polizist werden, schaffte die Prüfung, zog
       nach Sachsen, begann die Ausbildung und schmiss nun hin. Der Grund: die
       rechtsextremen Einstellungen und rassistischen Äußerungen von Mitschülern
       und Ausbildern. Kein Ostproblem der Polizei und auch kein Einzelfall.
       
       Im März 2017 hatte Neumeyer schon seine Bitte auf Entlassung eingereicht.
       Aus Sorge, dass die Entlassung nicht so zügig vollzogen werden könnte,
       suchte er lange nicht die Öffentlichkeit. Auf Instagram postete er nun
       einen Screenshot aus einer WhatsAppGruppe seiner ehemaligen Mitschüler aus
       der Silvesternacht 2016/2017. „Wir sind aus Cottbus, und nicht aus Ghana,
       wir hassen alle […] Afrikaner, ole, ole“, ist zu lesen. Nicht die einzige
       Vorhaltung des 21-Jährigen.
       
       Im September 2016 hatte er in Leipzig an der Polizeifachschule mit der
       Ausbildung begonnen. An den ersten Tagen waren alle [1][„wohl noch etwas
       schüchtern“, sagt er gegenüber bento.de]. Rassistische Sprüche waren dann
       zwar nicht an der Tagesordnung, aber „salonfähig“. Mitschüler sollen Lieder
       der Rechtsrockband Stahlgewitter gesungen haben. Sie hätten auch erzählt,
       dass sie NPD-Veranstaltungen besuchen. Widerspruch durch andere Schüler?
       Nein, der wäre nicht erfolgt. Er selbst hätte sich dagegen gewandt und
       schnell als „links“ und „nicht normal“ gegolten.
       
       In der Klasse mit 30 Schülern wären fünf bis zehn Schüler regelmäßig durch
       Rassismus oder Rechtsextremismus aufgefallen. Einer von ihnen hätte
       gemeint, „dass er lieber braun als grün wählen würde“. In der Einrichtung
       seien aber auch Ausbilder mit einschlägigen Aussagen und Verhaltensweisen
       aufgefallen. Ein Schießausbilder soll gesagt haben, dass sie das Schießen
       üben müssten, weil jetzt so viele „Gäste“ nach Deutschland kämen.
       
       ## Ähnliche Vorfälle gab es 2017 in Schleswig-Holstein
       
       Bei einem Training für den Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund
       hätte die Lehrkraft sich breitbeinig hingestellt und klischeehaft „einen
       Türken“ nachgemacht. Der stellvertretende Leiter der Polizeischule soll
       erklärt haben, sich in seiner Heimat nicht mehr wohlzufühlen, da an
       Silvester so viele Ausländer auf der Straße laut gefeiert hätten. Der
       Deutschlehrer wiederum benutze gern das N-Wort.
       
       Mit seiner Kritik fand Neumeyer keinen offen auftretenden Mitstreiter. Die
       Polizei sagte bento.de, dass Neumeyer keine Beschwerde vorgetragen habe. Er
       hatte Angst, dass die Vorgesetzten ähnlich denken würden, erwidert
       Neumeyer. Ganz um Schadensbegrenzung bei der sächsischen Polizei bemüht,
       versicherte nun der Leiter der Bereitschaftspolizei Sachsen, Dirk
       Lichtenberger: „Rassistisches Gedankengut hat in den Reihen der Polizei
       keinen Platz und darf unter keinen Umständen toleriert oder verharmlost
       werden.“ Von internen Ermittlungen wird bisher nicht gesprochen.
       
       Ähnliche Vorfälle waren in Schleswig-Holstein an der Polizeischule Eutin
       öffentlich geworden – changierend zwischen Rassismus und Sexismus. Diesen
       März prangte in einer Unterkunft auf einem Whiteboard ein Schriftzug mit
       beleidigendem Inhalt. Im September 2017 waren Ausbilder und Anwärter mit
       rassistischen Statements aufgefallen. Das Kieler Innenministerium
       bestätigte damals drei Verfahren wegen „rassistischen Handelns oder solcher
       Äußerungen“ und drei Fälle von Sexismus.
       
       Ein Ausbilder soll einen aus der Türkei stammenden Polizeischüler beleidigt
       haben. „Hau dem Türken doch mal aufs Maul“, soll er gesagt haben. 2016
       waren zwei oder drei angehende Polizisten mit ihren WhatsApp-Einträgen
       aufgefallen. Sie hatten Anwärterinnen sexuell bedrängt und Kollegen mit
       Migrationshintergrund beleidigt. Einer der Anwärter soll geschrieben haben,
       er habe Lust, mit einer Maschinenpistole „auch mal in eine Moschee
       reinzustürmen“.
       
       28 Oct 2018
       
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 (DIR) [1] https://www.bento.de/politik/polizei-sachsen-azubi-haelt-den-rassismus-nicht-mehr-aus-und-veroeffentlicht-whatsapp-chats-a-d045707a-3cb5-4514-b3b4-6f41ed462d6d
       
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 (DIR) Andreas Speit
       
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