# taz.de -- Strafbefehl gegen G20-Polizisten: Streit ums Reizspray
       
       > Erstmals wird nach dem G20-Gipfel in Hamburg gegen einen Polizisten ein
       > Strafbefehl erlassen – allerdings nicht wegen Gewalt gegen
       > Demonstrant*innen.
       
 (IMG) Bild: Auf diesem Gelände ist es passiert: Die G20-Gefangenensammelstelle in Hamburg
       
       HAMBURG taz | Es ist bislang das erste G20-Ermittlungsverfahren gegen einen
       Polizisten, das mit einem Strafbefehl endete: Die Hamburger
       Staatsanwaltschaft teilte auf Anfrage der taz mit, dass sie wegen eines
       Vorfalls im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel Strafbefehlsantrag gegen einen
       Polizeibeamten gestellt hat. Ermittelt wurde jedoch, anders als man hätte
       vermuten können, nicht wegen einer Tätlichkeit gegen eine*n Zivilist*in,
       sondern weil ein anderer Polizeibeamter verletzt wurde. Der Vorwurf lautet
       Nötigung und fahrlässige Körperverletzung im Amt.
       
       „Es handelt sich um kein klassisches G20-Verfahren“, sagte
       Oberstaatsanwältin Nana Frombach. Der Fall gründe eher auf einem
       „Missverständnis“. Es sei um die Frage gegangen, wer in einer
       Gefangenensammelstelle (Gesa) Waffen tragen darf und wer nicht.
       
       In der Nacht vom achten auf den neunten Juli 2017 war der beschuldigte
       Polizist aus Minden demnach in der Gesa in Harburg eingesetzt. Der
       geschädigte Hamburger Polizist sei vor Ort gewesen, weil er einen
       Gefangenen begleitete. Der Beamte hatte Reizspray bei sich.
       
       Weil die Gesa eigentlich eine „waffenfreie Zone“ gewesen sei, so Frombach,
       sei der beschuldigte Beamte davon ausgegangen, dass der Hamburger Polizist
       dies nicht durfte. Das habe zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen
       den Beamten geführt. Der beschuldigte Polizist habe dann „ungeduldig“ nach
       dem Spray gegriffen und den Hamburger dabei am Finger verletzt. Die Folge
       sei eine Bänderdehnung gewesen.
       
       Ein dritter Polizist, der die Szene beobachtete, habe Anzeige erstattet.
       Das erklärte ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde der taz. Daraufhin
       habe das Dezernat Interne Ermittlungen der Hamburger Polizei den Fall
       übernommen.
       
       „Es ist ja häufig nicht so einfach, den Geschädigten zu finden, wenn ein
       Dritter eine Tat anzeigt“, so der Sprecher. In diesem Fall habe der
       betroffene Polizist aber ermittelt werden können und eine Aussage gemacht.
       Die Staatsanwaltschaft übernahm den Fall schließlich und befragte insgesamt
       acht Zeugen: sechs Polizeibeamte und zwei Justizbeamte.
       
       Am Ende stellte sie einen Strafbefehlsantrag bei Gericht. Das ist ein
       verkürztes Verfahren, das bei leichten Straftaten zur Anwendung kommen
       kann. Wird der Strafbefehl rechtskräftig, hat er das gleiche Gewicht wie
       ein Urteil nach einer Gerichtsverhandlung.
       
       Das Gericht hat dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprochen und
       Strafbefehl erlassen. Demnach soll der Polizist aus Nordrhein-Westfalen
       eine Verwarnung mit Strafvorbehalt erhalten. Wenn er sich in den nächsten
       zwei Jahren etwas zu Schulden kommen lässt, muss er 4.000 Euro Geldstrafe
       bezahlen.
       
       Der Kreispolizeibehörde Minden-Lübbecke ist der Fall bekannt, wie ein
       Beamter der taz bestätigte. Weitere Fragen zur Funktion des beschuldigten
       Polizisten innerhalb der Polizei sowie zu Konsequenzen aus dem Vorfall
       wollte er aber nicht beantworten. Die Behörde äußere sich grundsätzlich
       nicht zu internen Personalangelegenheiten.
       
       Bis Ende Januar kann der Polizist aus Minden gegen den Strafbefehl noch
       Widerspruch einlegen. Zur Zeit ist die Akte laut Gerichtspressestelle beim
       Rechtsanwalt des Beschuldigten. Legt er keinen Widerspruch ein, wird der
       Strafbefehl rechtskräftig. Sollte er Widerspruch einlegen, käme es
       voraussichtlich zu einer Verhandlung vor dem Amtsgericht.
       
       22 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marthe Ruddat
       
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