# taz.de -- Kinofilm „Hard Powder“: Ein Mann und sein Pflug
       
       > Weißer Schnee und schmutzige Arbeit: Liam Neeson geht in „Hard Powder“ im
       > winterlichen Colorado wortkarg auf einen Rachefeldzug.
       
 (IMG) Bild: Nels Coxman (Liam Neeson) räumt nicht nur beruflich Hindernisse aus dem Weg
       
       Eben noch hatte man den norwegischen Regisseur Hans Petter Moland auf der
       Berlinale erleben können. Mit seiner Literaturverfilmung „Out Stealing
       Horses“ bot er einen vorwiegend stillen, dann immer wieder mit eruptiver
       Naturgewalt aufwartenden Beitrag, dessen Kameraarbeit verdient [1][einen
       Silbernen Bären bekam].
       
       Jetzt startet er im Kino mit einem Remake eines eigenen Films: „Hard
       Powder“ nimmt sich das titelgebende Thema von „Einer nach dem anderen“
       (2014) vor, verlegt den Ort der Handlung von Norwegen in die USA und lässt
       so Schurken der Reihe nach in der eisigen Kälte im Winter Colorados
       verschwinden.
       
       In der Hauptrolle sieht man zu Beginn Liam Neeson als Nels Coxman, er ist
       Schneepflugfahrer in einem Skigebiet. Mit dem wuchtigen Fahrzeug versieht
       er stumm seinen Dienst, räumt für andere Hindernisse aus dem Weg, fährt
       immer wieder dieselben Straßen, damit sie frei bleiben. Im hohen Bogen
       sprüht der Schnee zu beiden Seiten, man meint eine Lawine ins Tal krachen
       zu sehen, wo Nels vorüberfährt.
       
       Als „Bürger des Jahres“ wird er gleich am Anfang des Films geehrt, seine
       Frau Grace (eine in sich gekehrte Laura Dern) mahnt ihn, er müsse bei der
       Verleihung aber auch ein paar Worte sagen. Nels erhält die Auszeichnung,
       hält seine Rede, in der er auf Robert Frosts Gedicht „The Road Not Taken“
       anspielt. Sein Leben ist anscheinend voll von solchen unbegangenen Wegen.
       Er hat stets Kurs gehalten.
       
       ## Lakonischer Humor
       
       Das ändert sich ein bisschen, als Sohn Kyle plötzlich tot in Denver
       aufgefunden wird. Eine Überdosis Heroin. Grace ist fassungslos, weint. Nels
       wiederholt nur den Satz: „Kyle war kein Junkie.“ Und er findet sich bald
       bestätigt. Erfährt, dass sein Sohn sich mit Drogendealern angelegt hat.
       Setzt sich auf deren Spur. Erledigt den Mörder von Kyle, nicht ohne ihm
       vorher Hinweise auf die Hintermänner entlockt zu haben. Und arbeitet sich
       dann Schritt für Schritt in der Befehlskette nach oben, um an den obersten
       Boss zu kommen.
       
       So geradlinig, wie Nels sein Leben bisher geführt hat, macht er sich auch
       daran, den Tod seines Sohns zu rächen. Die Ehre des Toten wird dabei
       wichtiger für ihn als das Leben seiner verbliebenen Familie. Moland erzählt
       das sehr lakonisch. Grace ist einfach irgendwann weg. Und Laura Dern damit
       leider schon bald aus dem Film verschwunden.
       
       Familie ist eines der Themen, das „Hard Powder“ sich zur eigentlichen
       Erzählung wählt. Da ist der Drogenboss Viking (Tom Bateman), der mit
       zynischem Lächeln seine Opfer beseitigt und sich im nächsten Moment
       wutentbrannt mit seiner ehemaligen Frau über die Ernährung des gemeinsamen
       Sohnes streitet. Und da ist das undercover schwule Gangsterpaar aus dem
       Team von Viking, bei dem die Frage der Loyalität eine
       handlungsentscheidende Bedeutung bekommen wird.
       
       Das alles erzählt Hans Petter Moland mit einem sehr lakonischen Humor, der
       durch seine kill by numbers-Methodik manchmal ins Zynische spielt, sich
       aber die blöden Pointen verkneift und dafür mit trockenen Beobachtungen
       punktet.
       
       Liam Neeson ist in der Rolle des einsamen Manns, der tut, was ein Mann tun
       muss, zuverlässig robust besetzt. Für die Komik sorgen insbesondere die
       übrigen Darsteller, allen voran Bateman und sein Gegenspieler White Bull
       (Tom Jackson) – der Drogenboss eines Clans von Native Americans, die
       irgendwann mit in die Geschichte geraten –, sie helfen dem Film, seinen
       schwarzen Humor in der richtigen Fahrrine zu halten. Und die Kamera von
       Philip Øgaard hält die winterliche Berglandschaft mit wunderbar dynamischen
       Fahrten fest. So lässt es sich sterben.
       
       28 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tim Caspar Boehme
       
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