# taz.de -- Kommentar Organspendegesetzentwurf: Bis dass der Tod entscheidet
       
       > Wenn die geplante doppelte Widerspruchslösung kommt, könnte die
       > Bereitschaft zur Organspende sogar sinken. Es braucht eine Freiheit zur
       > Entscheidung.
       
 (IMG) Bild: Auch manche Menschen mit Organspendeausweis fühlen sich unwohl mit einer Widerspruchslösung
       
       Wie auch immer die politischen Vorhaben ausgehen, ein Erfolg ist sicher: Es
       wird in Deutschland nun eine breite Diskussion über die Bereitschaft zur
       Organspende geben. Das ist gut, selbst wenn man den [1][Gesetzentwurf zur
       sogenannten doppelten Widerspruchslösung], den eine Gruppe von
       Abgeordneten, darunter CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn und der
       SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach am Montag vorstellten, nicht teilt.
       
       Laut dem Entwurf soll künftig im Todesfall automatisch als Organspender
       gelten, wer zuvor nicht explizit einer Organspende widersprochen hat und
       dieses Nein in ein Register eintragen ließ. Natürlich ist das kein „Zwang
       zur Organspende“. Aber es ist eben etwas völlig anderes, ob man einem
       Menschen automatisch einen Willen unterstellt, sofern er oder sie nicht
       explizit widersprochen hat, oder ob man diese Person direkt gefragt hat,
       was sie wirklich möchte und sich nur nach einer klaren Willensbekundung
       richtet. Jeder Konsument, der schon mal einen Kündigungstermin versäumt hat
       und nun leider gezwungen ist, den Handyvertrag noch zwei Jahre
       weiterzuführen, kennt den Unterschied.
       
       Nun hat eine Organspende aber nichts mit Konsumwirtschaft zu tun. Hier muss
       es erst recht die Freiheit geben, ja oder nein zu sagen oder eben auch „ich
       will mich nicht entscheiden müssen, mich mit dieser Frage nicht
       beschäftigen“. Jede Sorge, der Staat könnte in die Selbstbestimmung über
       den eigenen Körper eingreifen, sorgt für Unbehagen, erst recht in
       Deutschland mit seiner Geschichte. Es besteht die Gefahr, dass die
       Bereitschaft zur Organspende, die laut Umfragen durchaus hoch ist, am Ende
       durch ein als Zwangsverpflichtung empfundenes Gesetz sogar wieder sinken
       könnte.
       
       Das heißt nicht, dass man das Leid Schwerkranker auf den Wartelisten
       ignoriert. Es gibt Menschen, die Organspendeausweise haben, die
       Transplantierte persönlich kennen – und die sich trotzdem unwohl fühlen mit
       einer Widerspruchslösung. Sie wollen eine Zustimmungslösung, mit Respekt
       und Wertschätzung für ein Ja zur Spende. Der angekündigte Entwurf der
       Grünen und anderer Abgeordneter weist hier in die richtige Richtung.
       
       Derzeit sind viel mehr Menschen bereit zur Organspende, als es
       Ausweisinhaber gibt. Und im Ernstfall haben diese potenziellen Spender das
       Papierchen dann oft gar nicht dabei. Sinnvoll ist, ein bundesweites
       Register einzurichten, in das sich jeder unbürokratisch als Spender oder
       Spenderin eintragen kann, vielleicht beim Hausarzt. Das wäre ein Mittel, um
       die Zahl der Spendenorgane zu erhöhen, auch ohne eine Widerspruchslösung.
       Und dann kann man weitersehen.
       
       2 Apr 2019
       
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