# taz.de -- „Fridays for Future“ auf dem Kirchentag: Energisches Kopfnicken
       
       > Um Klimaschutz geht es auf dem Kirchentag in diesem Jahr natürlich auch.
       > Miteinander reden tun aber oft nur die, die sich ohnehin schon einig
       > sind.
       
 (IMG) Bild: Stieß auf dem Kirchentag in Sachen Klimaschutz auf breite Zustimmung: Luisa Neubauer
       
       DORTMUND taz | „Die Menschen, die am wenigsten dazu beigetragen haben, sind
       die ersten Opfer des Klimawandels“, sagt Heinrich Bedford-Strohm,
       Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Und fügt an: „Ein
       Teil der Menschheit lebt auf Kosten des anderen Teils. Das muss aufhören.“
       Großer Applaus in der vollbesetzten Messehalle in Dortmund.
       
       Auf dem Evangelischen Kirchentag widmen sich im Jahr von Fridays for Future
       gleich mehrere Veranstaltungen den Themen [1][Klimawandel und
       Umweltschutz]. Moderatorin Ines Pohl fragt den selbstkritischen Bischof:
       „Sollte die Kirche nicht auch zivilen Widerstand leisten?“ Wie der aussehen
       solle, will Bedford-Strohm wissen.
       
       Das aber zeigt seit einigen Jahren das [2][Bündnis Ende Gelände]. Parallel
       zum Kirchentag im Ruhrgebiet wollen Tausende junge Aktivist*innen im
       benachbarten Rheinland an diesem Wochenende das fünfte Jahr in Folge die
       Infrastruktur von Braunkohletagebauen stören.
       
       Erneut adressiert die Massenaktion die Tagebaue des Energieriesen RWE, der
       im vergangenen Jahr mit der geplanten Rodung des letzten Restes des
       Hambacher Forsts massiv in die Kritik geraten war. Klimaschutz muss jetzt
       passieren, die Zeit drängt und die politischen Entscheidungen sind zu
       langsam, heißt es sowohl bei Ende Gelände als auch in mehreren
       Redebeiträgen auf dem Kirchentag. Das sind die Schnittstellen, an denen
       Christen und Klimaaktivist*innen einander begegnen.
       
       ## Lobende Worte vom Bundespräsidenten
       
       Den Schulterschluss zu Ende Gelände machen an diesem Wochenende auch die
       Schüler*innenproteste von Fridays for Future. Sie planen einen großen
       Protest am Rande der Tagebaukante Garzweiler. Mitorganisatorin Luisa
       Neubauer legte vorher noch einen Zwischenstopp auf dem Kirchentag ein – zur
       „Taskforce Hope“, wie sie in ihrem Zwischenruf auf dem Panel „Umwelt, Klima
       und Gerechtigkeit – heute handeln“, sagte.
       
       Sie forderte die Kirchentagsbesucher*innen nachdrücklich auf, mit für den
       Klimaschutz zu streiken – „es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass
       die Kirche an einer Revolution beteiligt ist. Ich zähle auf euch“ – breites
       Lächeln, minutenlanger Applaus und Standing Ovations für die Studentin, die
       Kirchentagsbesucher*innen sind Fans. Neben Luisa Neubauer stand Eckart von
       Hirschhausen, einer der Prominenten, der sich wissenschaftlich mit der
       Initiative Scientists for Future für Klimaschutz engagiert.
       
       Wer beim Podium mit Neubauer, Hirschhausen und Bedford-Strohm dagegen
       fehlte, waren die Politiker*innen. Beim Eröffnungsgottesdienst fand
       Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zwar noch lobende Worte für die
       Schüler*innenproteste, eine echte Auseinandersetzung mit den Aktivist*innen
       sollte aber nicht folgen. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet kam, um
       die Kirchentagsbesucher*innen in Dortmund zu begrüßen. Einige seiner ersten
       Worte aber: Strukturwandel, Kohle, Arbeitsplätze. Na klar, schließlich sei
       man hier in Dortmund, im Ruhrgebiet.
       
       Tatsächlich vertrat Laschet in der Diskussion um einen schnellen
       Braunkohleausstieg in der Vergangenheit wiederholt das wirtschaftliche
       Interesse des Energiekonzerns RWE, verurteilte Aktive aus der Besetzung des
       Hambacher Forsts und äußerte sich kritisch zur Fridays-for-Future-Bewegung.
       
       ## Was es braucht? Eine mutige Politik!
       
       Also kam auch er nicht zum Panel mit Neubauer und den anderen, die sich im
       Grunde schon vorher einig waren. So hörten die Kirchentagsbesucher*innen
       ein eindrückliches Statement vom schwedischen Wissenschaftler Professor
       Johan Rockström vom [3][Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung], wie
       drängend der Klimaschutz ist und welche Möglichkeiten es im Bereich
       erneuerbare Energien geben würde, wäre der politisch Wille da.
       
       Und wie steht es abseits des Podiums um das Thema Nachhaltigkeit auf dem
       Kirchentag? Größtenteils stehen Bio-Cateringstände vor der Westfalenhalle,
       es gibt weniger Wegwerfgeschirr als auf anderen Großveranstaltungen, und
       das Kirchentagsticket ermöglicht die Nutzung des Nahverkehrs, sodass Autos
       möglichst stehen bleiben. Dafür, dass für Klimaschutz auch eine klare
       Reduktion des Fleischkonsums sinnvoll wäre, schafft der Kirchentag aber
       kein ausreichendes Bewusstsein. Ein Großteil des Essensangebot sind
       Grillstände, überall beißen Menschen in Würstchen.
       
       Der lange Applaus, energisches Kopfnicken und das Gemurmel im Saal am Ende
       des Podiums zeigen: Die teilnehmenden Christen und die jungen
       Klimaschützer*innen sind sich bereits einig – was für den Klimaschutz
       fehlt: eine mutige Politik – und die braucht mutige Politiker*innen.
       
       21 Jun 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Linda Gerner
       
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