# taz.de -- Kommentar Verteilung von Geflüchteten: Nicht gerecht, aber richtig
       
       > Wenn EU-Länder freiwillig Gerettete aufnehmen, werden rechte Regierungen
       > sich weiter sperren. Aber im Moment ist das der einzig richtige Weg.
       
 (IMG) Bild: Bei jeder Rettung stellt sich die Frage: Wie lange wird die Irrfahrt dieses Mal dauern?
       
       Die privaten SeenotretterInnen auf dem Mittelmeer hangeln sich von
       Notlösung zu Notlösung. Jedes Mal, wenn sie ein paar Dutzend Menschen aus
       dem Wasser gezogen oder von seeuntüchtigen Schlauchbooten geholt haben,
       sind sie mit der bangen Frage konfrontiert: Wer wird sie aufnehmen? Wie
       lange wird die [1][Irrfahrt] dieses Mal dauern?
       
       Nun ist der EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos mit einem Vorschlag
       vorangeprescht, der ein Tabu bricht. Er fordert, dass mit den
       aufnahmewilligen EU-Staaten ein vorläufiges Verteilungssystem vereinbart
       wird – bis das europäische Asylsystem, kurz Dublin III, grundsätzlich
       reformiert wird. Bisher wurde stets darauf bestanden – insbesondere von
       Ländern wie Deutschland, die überproportional viele Geflüchtete aufgenommen
       haben –, dass Asylsuchende gleichmäßig auf alle Mitgliedstaaten verteilt
       werden müssen. Das mag gerecht sein und politisch richtig, doch in der
       Praxis funktioniert es nicht. Staaten wie Polen oder Ungarn spielen einfach
       nicht mit, sie halten sich nicht einmal an bereits vereinbarte Quoten. Das
       Ergebnis: anarchische Verhältnisse und besagte Irrfahrten.
       
       Ein Zusammenschluss der aufnahmewilligen Länder bedeutet einerseits, den
       Viktor Orbáns der EU nachzugeben und eine gerechte Verteilung vorläufig
       aufzugeben. Doch angesichts der Alternativen ist es klüger, pragmatisch zu
       handeln, als auf rein hypothetischen Prinzipien zu bestehen. Dass nur eine
       kleine Gruppe von EU-Mitgliedern Gerettete aufnimmt, ist auch jetzt schon
       Realität. Doch bei jedem Schiff wird aufs Neue mühsam verhandelt, weil kein
       Land alle allein aufnehmen und damit einen Präzedenzfall schaffen will.
       
       Zwei Drittel der Deutschen befürworten laut ARD-Deutschlandtrend die
       Seenotrettung. Man kann deshalb davon ausgehen, dass die Mehrheit auch eine
       systematische Verteilung unterstützen wird. Das löst zwar noch nicht das
       Problem, dass Menschen erst [2][ihr Leben aufs Spiel setzen müssen], um in
       Europa Asyl zu beantragen. Doch immerhin wären die absurden Forderungen,
       die Geretteten nach Libyen zurückzuschicken, vorerst vom Tisch.
       
       9 Jul 2019
       
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