# taz.de -- Libra von Facebook funktioniert nicht: Kein Geld, sondern Quatsch
       
       > Facebook erfindet eine digitale Währung „Libra“, die global und billig
       > sein soll. Doch das ist nur der Versuch, die Kunden abzuzocken.
       
 (IMG) Bild: Libra existiert noch gar nicht, aber Facebook macht schon kräftig Werbung
       
       Facebook will eine [1][neue digitale Währung] einführen, die „Libra“ heißen
       soll. Kaum war diese Nachricht in der Welt, kannte die Fantasie keine
       Grenzen mehr. Es wurde fabuliert, dass Facebook die Zentralbanken
       entmachten und die Libra zur neuen Weltwährung aufsteigen könnte. Wieder
       wurde geträumt, dass es Geld geben könnte, das keinen Staat braucht.
       Freies Geld für freie Individuen! Libra wie libre.
       
       In diesem Hype ging die eigentliche Frage unter: Wozu braucht man dieses
       digitale Geld? Euro oder Dollar reichen doch, um den Zahlungsverkehr
       abzuwickeln. Facebook schwärmt zwar, dass sich mit der neuen Libra völlig
       neue Konsummöglichkeiten auf dem Smartphone eröffnen würden – aber es sind
       längst Milliarden Konsumenten online unterwegs. Ohne Libra. Bestimmt lassen
       sich die Kundenplattformen noch optimieren, aber eine neue Währung ist
       dafür nicht nötig.
       
       Facebook weiß natürlich auch, dass die Libra völlig überflüssig ist,
       weswegen kunstvoll mit Mythen gespielt wird. Niemals wird vergessen zu
       erwähnen, dass [2][Libra eine „Kryptowährung“] sei, die mit „Blockchain“
       arbeiten soll. Das klingt so geheimnisvoll und technisch gewieft, dass
       nicht mehr auffällt, dass es sich um den totalen Humbug handelt.
       
       Um von vorn anzufangen: Facebook will die Libra nicht allein herausbringen,
       sondern es soll sich ein Konsortium bilden, zu dem unter anderem auch
       Konzerne wie Mastercard, Visa, Paypal, Ebay, Spotify oder Uber gehören.
       Dieses Non-Profit-Konsortium verwaltet dann die Libra, die wiederum durch
       einen Währungskorb gedeckt sein soll, in dem anteilig Dollar, Euro, Pfund,
       Yen, der chinesische Renminbi und auch andere Devisen vertreten sind.
       
       ## Nur noch Libra statt Pfund oder Euro
       
       Die Libra soll also wie eine Art Staubsauger für die Währungen dieser Welt
       funktionieren: Deutsche Kunden würden Euro einzahlen – und dafür dann Libra
       bekommen. Dieses Geld könnten sie auf ihrem Libra-Konto liegen lassen, aber
       auch nutzen, um über Facebook auf Shopping-Tour zu gehen. Versprochen wird,
       dass dieses neue Digitalgeld absolut stabil wäre, eben weil die Libra durch
       so viele Währungen gedeckt sein soll.
       
       Das klingt plausibel, ist aber Murks. Die Libra wäre zwar stabil – aber nur
       gegenüber dem Währungskorb. Diese Tatsache würde den Kunden in Deutschland
       jedoch nichts nutzen, denn gegenüber dem Euro würde die Libra weiterhin
       schwanken.
       
       Man stelle sich einmal vor, dass die Eurozone wieder in eine Krise geriete
       – dann würde der Euro stark gegenüber Dollar, Pfund, Renminbi oder Yen
       abwerten. Also würde der Euro auch gegenüber der Libra deutlich an Wert
       verlieren, deren Währungskorb ja zu einem großen Teil aus den anderen
       Währungen bestehen soll. Die deutschen Kunden müssten plötzlich mehr Euro
       zahlen, um eine Libra zu erhalten.
       
       Umgekehrt könnten sie Spekulationsgewinne erzielen, falls sie ihre
       Libra-Konten auflösen und in Euro umtauschen würden. In Deutschland gäbe es
       also plötzlich zwei Währungen, die gegeneinander schwanken. Das hat noch
       nie funktioniert.
       
       ## Libra ist keine Weltwährung
       
       Facebook ignoriert diese Probleme, indem einfach so getan wird, als wäre
       die Libra sowieso die neue Weltwährung. Auch das ist Unsinn. Nur weil
       Facebook eine Libra einführt, werden die deutschen Unternehmen ihre
       Angestellten noch lange nicht in dieser neuen Digitalwährung entlohnen.
       Auch die Beschäftigten hätten keinerlei Interesse daran, plötzlich Libra
       auf ihren Konten vorzufinden, denn Steuern und Sozialabgaben müssten sie
       weiterhin in Euro entrichten.
       
       Was also soll die Libra? Warum sollen Kunden, die überall in Euro zahlen
       können, sich plötzlich ein Konto mit einer privaten Fremdwährung namens
       Libra zulegen, nur um am Ende ein Buch bei Amazon zu bestellen, jetzt via
       Facebook, das sie vorher auch schon online kaufen konnten? Es bleibt ein
       Rätsel.
       
       Um von diesen lästigen Fragen abzulenken, raunt Facebook immerzu, dass das
       neue Digitalgeld eine „Kryptowährung“ sei, die auf „Blockchain“ basiere.
       Blockchain ist eine Computertechnologie, mit der es möglich sein soll,
       Konten dezentral zu verwalten. Versprochen wird ein Reich der Freiheit, wo
       jeder seinen Zahlungsverkehr abwickeln kann, ohne auf Banken oder Staaten
       angewiesen zu sein. So weit die Theorie. In der Praxis ist Blockchain so
       langsam und umständlich, dass es im normalen Leben nirgends genutzt wird.
       
       Auch die Libra wird in Wahrheit niemals mit einer echten
       Blockchain-Techologie laufen, wie Facebook schon zugeben musste. Trotzdem
       ist „Blockchain“ ein magisches Wort, auf das der Internetkonzern nicht
       verzichten möchte. Denn diese Technologie wurde zum ersten Mal verwendet,
       um „Bitcoins“ zu programmieren, die die digitale Fantasie seit Jahren
       beflügeln: Allein im vergangenen Monat schwankte der Kurs eines Bitcoins
       zwischen 8.000 und knapp 13.000 Dollar.
       
       ## Libra ist kein Bitcoin
       
       Bitcoins funktionieren völlig anders als die geplante Libra, weil jeder
       Weltbürger eigene Bitcoins „schürfen“ kann, indem sein Computer die nötigen
       Rätsel löst. Allerdings ist die Maximalzahl der Bitcoins auf 21 Millionen
       Stück begrenzt, und je mehr Bitcoins es schon gibt, umso größer wird der
       Computeraufwand, um weitere Bitcoins herzustellen. Inzwischen verbrauchen
       die Bitcoin-Fans schon so viel Energie wie ganz Sri Lanka.
       
       Bitcoins sind kein Geld, sondern ein Spiel, das immer teurer wird. Fast
       niemand kann mehr mitspielen, was bei vielen eine nagende Sehnsucht
       hinterlässt. Denn Bitcoin schien die ultimative Freiheit zu versprechen:
       Was kann schöner sein, als eigenes Geld herzustellen? Man sitzt am Computer
       und kann sich hinterher ein echtes Auto kaufen.
       
       Diese Sehnsucht nach dem Schlaraffenland will Facebook nun kommerziell
       nutzen. Den heimatlosen Bitcoin-Fans wird versprochen, dass sie eine neue
       „Kryptowährung“ bekommen, mit der sie unbeschränkt einkaufen können. Ach
       ja, vorher müssen sie zwar echtes Geld zahlen, zum Beispiel Euro, aber das
       fällt hoffentlich nicht mehr auf, wenn man dann endlich Libra in Händen
       hält.
       
       24 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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