# taz.de -- Digitale Währungstrends: Überschätztes Krypto-Geld
       
       > Die Digitalisierung bringt neue Trends beim Thema Geld. Die EZB denkt
       > etwa über einen digitalen Euro nach. Aber was ist mit dem Bargeld?
       
 (IMG) Bild: In Düsseldorf testen sogar Obdachlose das bargeldlose Zahlen mit der EC-Karte
       
       Das [1][Thema Geld] war schon immer verwirrend, doch nun wird es noch
       komplizierter durch die Digitalisierung. Drei neue Trends sind zu
       beobachten.
       
       Erstens: Das Bargeld verschwindet. Viele Kunden zahlen sowieso lieber mit
       Karte, und auch die Lesegeräte werden immer schneller. Früher stöhnte die
       gesamte Warteschlange, wenn die Käufer vorn an der Kasse ihre EC-Karten aus
       dem Portemonnaie hervornestelten. Heute gelten die Barzahler als Störer,
       die den Betrieb aufhalten.
       
       Da das Bargeld schwindet, stellt sich die politische Frage, ob man es ganz
       verbieten sollte. Die Vorteile wären offensichtlich: Wenn alle Zahlungen
       über Konten laufen müssten, wäre es für Betriebe viel schwerer,
       Mehrwertsteuer oder Sozialabgaben zu hinterziehen. Auch kriminelle
       Geschäfte wie der Drogenhandel würden stets elektronische Spuren
       hinterlassen.
       
       Zweiter Trend: Es entstehen Kryptowährungen, die die Blockchain-Technologie
       nutzen. Berühmt-berüchtigt ist der Plan von Facebook, im nächsten Jahr
       eigenes Geld namens „[2][Libra]“ (jetzt „Diem“) herauszubringen. Den Kunden
       wird interkontinentale „Freiheit“ versprochen, doch tatsächlich handelt es
       sich um einen Marketing-Gag, an dem nur Facebook verdienen würde. Für die
       Käufer bleibt es billiger, einfacher und sicherer, weiterhin mit Euro zu
       zahlen. Es ist sinnlos, neue Währungen zu erfinden, wenn es
       funktionierendes Geld gibt. Und der Euro funktioniert.
       
       ## Digitaler Euro
       
       Facebook kann nur einen derartigen Wirbel erzeugen, weil die
       Blockchain-Technologie tatsächlich reizvoll ist. Mit ihr lassen sich
       Informationen dezentral und fälschungssicher abspeichern. Daher stellt sich
       neuerdings die Frage, ob man nicht den Euro irgendwie mit Blockchain
       kombinieren könnte.
       
       Dies führt zum dritten Trend: Die [3][EZB] denkt über einen „digitalen
       Euro“ nach und diskutiert momentan zwei verschiedene Modelle. In der
       schlichten Variante würde die EZB die Blockchain-Technologie nur den Banken
       anbieten, damit sie Zahlungen untereinander abwickeln. Das wäre wenig
       aufregend.
       
       Revolutionär wäre jedoch, wenn das zweite Modell käme – und die EZB den
       „digitalen Euro“ auch Normalbürgern zur Verfügung stellen würde. Plötzlich
       könnten also Sparer ein Konto bei der Zentralbank unterhalten. Das gab es
       noch nie – und es ist auch künftig extrem unwahrscheinlich. Wenn nämlich
       die Bürger ihr Geld zur EZB tragen, könnten die normalen Banken nicht mehr
       operieren. Das jetzige Geldsystem würde zusammenbrechen, und es wäre zum
       Beispiel unklar, wer eigentlich noch Darlehen vergeben soll. Die EZB hat
       dafür weder die Kapazitäten noch das nötige Know-how. Das tägliche
       Kreditgeschäft beherrschen nur normale Banken.
       
       Die neuen digitalen Trends beim Geld sind also interessant und regen die
       Fantasie an. Aber am Ende bleibt nur die ziemlich banale Frage übrig, ob
       das Bargeld abgeschafft wird.
       
       2 Dec 2020
       
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 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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