# taz.de -- Wirklichkeit des Sadomaso: Schlag mich! Und dann plaudern wir
       
       > Mit Sadomaso-Partner*innen kann man die besten Gespräche haben. Einmal
       > Fuß ins Gesicht bitte, um das Eis zu brechen.
       
 (IMG) Bild: Fuß im Gesicht ist angenehm. Wenn man danach fragt
       
       Chardonnay gemischt mit dem Geschmack von Socke und Schweiß ergibt eine
       spannende, zartbittere Note. Zumindest in meinem Mund. Der Weißwein, den
       ich im Schneidersitz auf seinem Bettvorleger hockend balanciere, ist
       bestimmt kein teurer, aber ich freue mich trotzdem. Es ist reizend, dass
       mich der Herr, der mir vorhin noch seinen Fuß aufs Gesicht gestellt hat,
       noch für ein Gläschen dabehalten möchte.
       
       Es ist nämlich so, dass man die ungezwungensten Gespräche mit
       Sadomaso-Partnern haben kann. Selbst wenn man sich streng genommen gar
       nicht kennt. Den Teil, wo man für gewöhnlich beim Kennenlernen
       schwergängige Höflichkeiten austauscht (und, hm, was machst du so? Ah,
       interessant!), haben wir nämlich übersprungen und uns stattdessen ein paar
       Schmerzen zugefügt.
       
       Jetzt lasse ich vergnügt Wein schlürfend meinen Blick über die Bücher im
       Regal wandern, über die Bilder auf dem Nachttisch, während er Nüsschen in
       eine Schale füllt. Wir haben das Eis nicht gebrochen, wir haben es mit
       Schlägen und Tritten zertrümmert und servieren darauf jetzt kalte Drinks.
       
       Ach, du hast auch Yanagihara gelesen?
       
       Ja. Schlimmes Buch. Aber so gut!
       
       Guck mal hier, ich glaub, das wird ein blauer Fleck.
       
       ## Peitschenfreund*innen und Lederlovers
       
       Es gibt eine Menge Missverständnisse über Menschen, die Liebe gerne mit
       Gewalt verbinden. Das ist verständlich. Partnerschaftsgewalt ist eine
       Epidemie, und wenn jemand mit Blutergüssen aus dem Pärchenurlaub
       zurückkommt, kann irgendwas nicht richtig sein. Aber Sadomaso ist keine
       Partnerschaftsgewalt. Es geht nicht um die Schläge. Es geht um die
       Menschenwürde und um das Recht am eigenen Körper.
       
       Wer jemanden schlägt, der*die das nicht möchte, verletzt dieses Recht und
       damit die Würde. Folgt man aber der Aufforderung einer mündigen
       Erwachsenen: Schlag mir ins Gesicht!, dann ehrt man beides. Es geht also um
       Konsens, um Regeln, um Grenzen. Die BDSM- und Fetisch-Szene hat eine
       komplexe und erstaunlich rationale Gesprächskultur, wenn es um Intimität
       geht. Das kann man von den Mitgliedern des eingetragenen Vereins
       Missionarsstellung unter der Bettdecke nicht immer so behaupten.
       
       Vor allem aber herrscht unter Peitschenfreund*innen, Lederlovers, Doms,
       Subs, Turnschuhleckerinnen und Nylonträgern ein vergleichsweise humaner
       Umgang mit dem eigenen Begehren. Davon kann man durchaus lernen, selbst
       wenn man sich sicher ist, dass man nie, nie, nie beim Liebesspiel eins in
       die Fresse haben möchte.
       
       Wobei: Wie sicher sind Sie sich da?
       
       Wenn Sie Lust haben, nehme ich Sie an dieser Stelle künftig alle zwei
       Wochen an die Leine … pardon, an die Hand und zeige Ihnen, was Sie alles
       verpassen, solange Sie sich an die guten Sitten halten. Zum Teil verpasse
       ich selber immer noch eine Menge tolles Zeug, gedenke das aber zu ändern.
       Sind Sie dabei? Ihr Safeword ist „Krautwickel“.
       
       6 Sep 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Weissenburger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Kuscheln in Ketten
 (DIR) Sexualität
 (DIR) Körper
 (DIR) Fetisch
 (DIR) BDSM
 (DIR) Literatur
 (DIR) Kolumne Kuscheln in Ketten
 (DIR) Kolumne Kuscheln in Ketten
 (DIR) Eier
 (DIR) Transgender
 (DIR) Eier
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neuer Roman von Hanya Yanagihara: Menschliches Unglück hoch drei
       
       „Ein wenig Leben“ machte Hanya Yanagihara zum Star. Im neuen Roman „Zum
       Paradies“ geht es allen wieder schlecht. Fragt sich nur: warum eigentlich?
       
 (DIR) BDSM und politische Verantwortung: Sex ist politisch
       
       Auch die BDSM-Community muss ihre Symbolik kritisch betrachten. Begriffe
       wie „Sklave“ oder „Fotze“ sollten nicht allen zur Verfügung stehen.
       
 (DIR) Weg vom Blümchensex: Kuscheln ist Power, aber …
       
       Blümchensex funktioniert ohne Kneifen, Beißen und Kitzeln. Das ist okay. Es
       ist auch okay, wenn es einen nach mehr sehnt als nur nach Zärtlichkeit.
       
 (DIR) Kolumne Eier: Nie mehr binär. Oder doch?
       
       Dass man Männer mit „Eiern“ und Frauen mit anderen Körperteilen assoziiert,
       ist hart daneben. Warum tut diese Kolumne das trotzdem?
       
 (DIR) Transsexueller Pornostar: „In den schwulen Mainstream“
       
       Billy Vega ist schwul, trans und tritt in Pornos auf. Damit leistet er
       Pionierarbeit in der Industrie. Diskriminierung gibt es aber auch dort.
       
 (DIR) Kolumne Eier: Mittelmäßig ist auch O.K.
       
       Er war oral besser, ihr schläft beim Vögeln nie der Arm ein. Wie kriegen
       wir es hin, dass Sex kein göttinverdammter Wettbewerb sein muss?