# taz.de -- Rebellion im Feuerwehrverband: Schwelbrand unterm Dach
       
       > Keine Institution genießt mehr Vertrauen, und nun das: Die Feuerwehr
       > streitet sich darum, wer was gesagt hat, um Macht – und über die AfD.
       
 (IMG) Bild: Unter Feuer: Hartmut Ziebs, der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands
       
       BERLIN taz | Beim Feuerwehr-Magazin kann man Kalender bestellen mit den
       schönsten Feuerwehrautos der Welt und „Heldensocken“ in Marineblau mit
       Gelb-silber-gelb-Ringel, das ideale Geschenk. Oder man darf über „Timmy“
       abstimmen, einen Bordercollie, der nächstes Jahr das Maskottchen der
       Brandschutzmesse „Interschutz“ werden soll.
       
       Seit diesem Dienstag aber ist alles anders. Krisenkommunikation ist
       angesagt: „Reaktionen auf die Schlammschlacht im DFV-Präsidium“, steht da.
       Der DFV, das ist der Deutsche Feuerwehrverband, und was man sieht, ist kein
       Text, sondern eine lange Reihe von Erklärungen. Es gleicht einer
       Massenkarambolage bei Glatteis am Kamener Kreuz, vor der sich die
       Rettungswagen stauen und drum herum Tausende in ihren Autos vorbeigleiten
       und mit offenen Mündern gaffen.
       
       Ganz langsam hatte sich das Drama aufgebaut, schon vor drei Jahren. Aber
       wenn den Granden der Brandbekämpfer da jemand gesagt hätte, dass man jetzt,
       im November 2019, in fast allen Zeitungen über ihren kapitalen
       „Eigenunfall“, ein schönes Wort aus der Feuerwehrsprache, lesen würde,
       hätten sie ihm wohl einen Vogel gezeigt.
       
       Aber vor zwei Wochen haben fünf der sieben Vizepräsidenten des Deutschen
       Feuerwehrverbandes den Vorsitzenden Hartmut Ziebs, 60 Jahre alt, Ingenieur,
       Gerüstbau-Unternehmer aus Schwelm und CDU-Mitglied, aufgefordert, sein Amt
       aufzugeben. Und seitdem, pardon, brennt die Hütte.
       
       ## Ein „progressiver Präsident“ gegen böse AfDler?
       
       Denn Ziebs lässt sich das nicht bieten. Er geht zum Redaktionsnetzwerk
       Deutschland – und verrät, warum seine Vizes ihn nicht länger als Chef
       wollen: „Einstellung einer Frau mit türkischen Wurzeln als
       Bundesgeschäftsführerin, meine klare Haltung gegen rechtsnationale
       Tendenzen und Personalentscheidungen im Rahmen meiner Befugnisse“. Viele
       große Medien greifen die Geschichte auf. Der Tenor lautet: Ziebs, der
       „progressive Präsident“ (Bild), Gegner der AfD, der die Feuerwehr
       modernisiert und den Klimawandel ernst nimmt, soll von einem rechten
       Netzwerk aus den eigenen Reihen abgesägt werden.
       
       Diese Lesart ist in Bezug auf Ziebs nicht falsch. Aber sie blendet aus,
       dass es wohl vor allem um schnöde Konkurrenz geht.
       
       1,3 Millionen Feuerwehrleute gibt es in Deutschland. Unter den Männern
       zwischen 16 und 60 ist also etwa jeder 20. dabei. Keine Berufsgruppe ist
       beliebter. Die „Gesellschaft für Konsumforschung“, die den Deutschen jeden
       Abend auf die Fernbedienung schaut, fragt sie immer wieder aus, wem sie
       denn vertrauen. Und jedes Jahr stehen die Feuerwehrleute dabei an erster
       Stelle. 96 Prozent der Deutschen vertrauen ihnen.
       
       Und jetzt benimmt sich die Feuerwehr wie die SPD nach der zehnten
       verlorenen Wahl in Folge: Sie geht auf ihren eigenen Chef los und zerlegt
       sich dabei selber. Der Streit reicht Jahre zurück, doch seit der
       vergangenen Woche wird er nicht im diskreten Feuerwehrklüngel, sondern in
       überregionalen Medien ausgetragen.
       
       Zu tun hat das mit dem ersten Sonntag im September, der Tag, an dem Sachsen
       gewählt und den Rest der Republik geschockt hat. 27,5 Prozent bekam die
       AfD, und am Abend sitzt deren Chef Alexander Gauland bei Anne Will und
       behauptet, seine Partei sei eine neue „bürgerliche Kraft“. Die Journalistin
       Dorothee Torebko, die aus der Hauptstadt Regionalzeitungen beliefert, will
       daraufhin herausfinden, wie sehr sich die AfD in der „bürgerlichen Mitte“
       ausgebreitet hat. Zum Beispiel in der Feuerwehr. Am Morgen nach der Wahl
       ruft sie deshalb bei Hartmut Ziebs, deren Präsidenten, an. „Ich wollte
       wissen, welche Eindrücke er selber gesammelt hatte“, sagt Torebko.
       
       Bundeswehr, Polizei, Justiz und eben die Feuerwehr, das sind sensible
       Bereiche in dieser Zeit; dominiert von Männern, die oft konservativ sind,
       manchmal noch weiter rechts, und klar ist, dass die AfD glaubt, dass hier
       einiges für sie zu holen sei, und wahrscheinlich ist, dass sie damit nicht
       ganz falsch liegt.
       
       ## Worte, die ein Beben auslösen
       
       Ziebs sagt Torebko, was er schon zuvor so ähnlich gesagt hatte: Dass die
       „teilweise rechtsnationalen Tendenzen“ bei der AfD eine „Gefahr für die
       Demokratie“ seien. Und dass es „dramatisch wäre, wenn die Feuerwehr da
       reinrutscht“. Ein Beispiel sei der Geschäftsführer des Feuerwehrverbandes
       in Rheinland-Pfalz, ein gewisser Michael Klein. Der habe seinen Kameraden
       gesagt: „Wenn ihr Geld braucht, wendet euch an die AfD.“ Am nächsten Tag
       erscheint Torebkos Text. „Einer, der das Problem der Unterwanderung der
       zivilgesellschaftlichen Organisationen durch die AfD sieht, ist Hartmut
       Ziebs“, steht darin.
       
       Für die, die Ziebs wohl schon länger aus dem Weg schaffen wollen, ist das
       neue Munition. Was folgt, sind zwei Monate einer unversöhnlichen
       Auseinandersetzung, in der es um alte Rechnungen geht, um die Kultur einer
       Männerbastion, um die AfD – und um Macht.
       
       Hartmut Ziebs ist als Lobbyist wohl ein Glücksfall für die Feuerwehr. Er
       trägt Seitenscheitel und tritt stets in einer generalhaften Uniform auf,
       aber er hat eine gefällige Fernsehmoderator-Stimme und weiß, was er machen
       muss, wenn man ihn vor eine Kamera stellt. Zehn Tage nachdem Torebkos Text
       erscheint, lädt Ziebs die große Politik zum „14. Berliner Abend der
       deutschen Feuerwehren“ in die Feuerwache in Berlin-Tiergarten ein. Es
       handelt sich um einen historischer Backsteinbau, dem ein Architekt einen
       Gürtel futuristischer Plastikschuppen umgehängt hat, direkt hinter dem
       Kanzleramt. Der Abend ist der wichtigste Lobbytermin des Jahres für die
       Brandbekämpfer, ein Stehempfang im dekorierten Saal, gesponsert von
       Mercedes-Benz.
       
       ## Eskalation beim Feuerwehr-Abend
       
       Über 100 Bundestagsabgeordnete sind zu Gast. Gerade erst zwei Wochen ist es
       da her, dass in 9 von 14 Brandenburger Landkreisen die höchste
       Waldbrand-Alarmstufe 5 herrschte, „vergleichbar mit Südspanien“, wie die
       Behörden meldeten. Für Ziebs ist Klimaschutz ein Feuerwehrthema. Seit
       Langem warnt er vor den neuen Herausforderungen. Zur AfD passt auch das
       nicht. Innenminister Horst Seehofer von der CSU spricht an dem Abend über
       die Gefahren des Erderhitzung. Es gibt ein Foto von dem Fest, es zeigt
       Ziebs am Stehtisch mit dem Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz
       (SPD), beim Weißwein.
       
       Nicht nur Politiker sind da, auch die Landesfürsten der Feuerwehr. Einer
       von ihnen ist Frank Hachemer, ein Brandschutz-Sachverständiger aus Neuwied
       und Landeschef in Rheinland-Pfalz. Hachemer ist deutlich jünger als Ziebs
       – und es heißt von ihm, er fühle sich zu Höherem berufen. Was an dem Abend
       in der Feurwerwache geschieht, das schildert Hachemer in einem Schreiben
       später so: Ziebs habe dem Minister Lewentz an dem Abend auf die Nase
       gebunden, was er schon zuvor im Interview gesagt hatte: dass die Feuerwehr
       in Rheinland-Pfalz mit der AfD sympathisiere und ihr Landesgeschäftsführer
       Klein dem Dunstkreis der Partei angehöre. Das habe Innenminister Lewentz
       kurz darauf Hachemer gesteckt. Eine Sprecherin Lewentz’ bestätigt, dass der
       an diesem Abend mit Ziebs und „anderen Vertretern des Feuerwehrwesens
       Gespräche geführt“ hat. Worum es dabei ging, will sie nicht sagen.
       
       Nach diesem Abend gehen Hachemer und Klein zum Angriff über. Und wie sich
       bald zeigen wird, geht es dabei weniger darum, Kleins vermeintlich
       beschädigten Ruf wiederherzustellen, sondern Ziebs zu Fall zu bringen.
       
       ## Schadenersatzdrohung und eidesstattliche Versicherung
       
       Klein nimmt sich einen Anwalt, und der schreibt, Ziebs soll öffentlich auf
       der Webseite des Feuerwehrverbandes widerrufen, das Klein etwas mit der AfD
       am Hut habe. Dies „entbehre absolut jeder Tatsächlichkeit“. Der Verband
       behalte sich sonst vor, „annähend 500.000 Euro“ Schadensersatz geltend
       machen. Fürs Erste seien schon mal 492,50 Euro Anwaltskosten fällig.
       
       Ziebs ist aber in Besitz einer eidesstattlichen Versicherung, die der taz
       vorliegt. Ein Zeuge hat bei einem Notar bestätigt, er habe gehört, dass
       Klein gesagt habe, er würde Fördergelder auch dann annehmen, „wenn diese
       von der AfD oder der blauen Partei kommen sollten“. Gegenüber der taz sagt
       Klein dazu nur, er habe von dieser „angeblichen eidesstattlichen
       Versicherung“ gehört. Dazu, ob sie der Wahrheit entspricht, wolle er aber
       keinen Kommentar abgeben.
       
       In den eigenen Reihen ist das Duo Hachemer/Klein kommunikationsfreudiger.
       Am 23. September schreibt Hachemer einen Brief an alle
       Landes-Feuerwehrchefs. Ziebs betreibe „Spaltung“, säe „Unfrieden“ und habe
       gegen seine „Fürsorgepflicht“ verstoßen, als er Klein in die Nähe der AfD
       gerückt habe, steht darin. Die Feuerwehr in Rheinland-Pfalz habe nichts mit
       der AfD zu tun.
       
       Umgekehrt allerdings schon: In den letzten zwei Jahren hat die AfD-Fraktion
       im Mainzer Landtag weit mehr als ein Dutzend Pressemitteilungen verfasst,
       in denen Hachemer zitiert wird. Ist das ein Beleg für dessen Nähe zu den
       Rechten? Oder nur einer dafür, dass diese versuchen, Institutionen wie die
       Feuerwehr für sich zu vereinnahmen?
       
       ## Der vermeintlich Rechte ist gar nicht so rechts
       
       Die Grüne Jutta Blatzheim-Roegler glaubt an Letzteres. Sie ist
       stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Mainzer Landtag und zuständig für
       Katastrophenschutz, Feuerwehr und Rettungsdienste. In dieser Funktion hat
       sie Hachemer schon vor Jahren kennengelernt. „AfD-nahe Äußerungen“ habe sie
       von ihm keine vernommen, sagt sie. Vielmehr habe Hachemer sich „vor allem
       in den Jahren 2015/2016 sehr bemüht die Feuerwehr zu öffnen für
       Minderheiten und Flüchtlinge“, sagt sie. Auch sonst habe Hachemer sich „für
       eine offene Gesellschaft“ eingesetzt.
       
       Der Spin, es gebe ein von der AfD beeinflusstes rechtes Netzwerk unter
       Hachemer, dass Ziebs wegen seiner liberalen Haltung absägen wolle,
       „erscheint mir etwas schlicht gezeichnet“, sagt Blatzheim-Roegler. Doch
       dass Hachemer Ziebs angreift, weil er selber gern oberster Feuerwehrmann
       Deutschlands wäre, habe sie auch schon gehört. „Verbandsinterna“ wolle sie
       aber nicht kommentieren.
       
       Wie er es mit der AfD hält und was er selbst so werden will, darüber will
       Hachemer nichts sagen. Seine Sekretärin verweist lediglich auf eine
       Stellungnahme in der Rhein-Zeitung. Die besteht nur aus einem Satz: Er
       spreche sich, wie alle Vizepräsidenten des Feuerwehrverbandes,
       „selbstverständlich gegen Rassismus aus“.
       
       Doch so oder so: Ziebs steht jetzt unter Druck. Gleich zwei Vorwürfe stehen
       im Raum: Die vermeintliche Verleumdung Kleins – und dass er mit seiner
       Positionierung gegen die AfD die „Neutralitätspflicht“ verletzt habe.
       
       Ziebs versucht die Wogen zu glätten. „Nichts lag mir ferner, als den
       Kamerad Michael Klein in die Nähe der AfD zu rücken,“ schreibt er an die
       Landesverbände. Sein Zitat sei „doch sehr zugespitzt“ gewesen. Gleichwohl
       müsse sich die Feuerwehr der „radikal veränderten Parteienlandschaft
       stellen“. Ziebs schlägt vor, dazu ein „Leitbild“ zu erarbeiten. „Gerade die
       Freiwillige Feuerwehr kommt aus der Demokratiebewegung“, sagt Ziebs der
       taz. „Und wir müssen jetzt noch einmal definieren, wie wir zur
       freiheitlichen und demokratischen Grundordnung stehen.“
       
       Doch fast zeitgleich nimmt auch er sich einen Anwalt – und zwar die
       Berliner Kanzlei Schertz Bergmann. Die ist die Bazooka des Medienrechts.
       Wer sich von Schertz vertreten lässt, der will nicht klein beigeben.
       Schertz Bergmann schreibt Kleins Anwalt, die Unterlassungsansprüche seien
       „gegenstandslos“. Ziebs denkt gar nicht daran, sich verbieten zu lassen,
       zu sagen, dass Klein der AfD nahesteht.
       
       ## Beistand für die Gegner des Chefs
       
       Und so eskaliert der Streit weiter. Hachemer und Klein erhalten Beistand,
       vom schleswig-holsteinischen Landesbrandmeister Frank Homrich. Der
       beantragt einen Maulkorb für Ziebs: Der Präsidialrat möge beschließen, dass
       dieser sich „uneingeschränkt“ an die Vorgabe „parteipolitischer
       Neutralität“ zu halten habe. Das soll heißen: Kein schlechtes öffentliches
       Wort mehr über die AfD.
       
       Bis auf das Zitat über Klein habe sich Ziebs immer „absolut korrekt
       verhalten“, sagt Homrich der taz. Der Feuerwehr werde immer wieder
       unterstellt, von der AfD unterwandert zu sein. Dass es solche Sympathien
       gebe, nennt Homrich „denkbar“, wie weit genau sie verbreitet sind, habe
       sein Landesverband schon herauszufinden versucht, sei damit aber
       gescheitert. „Wir wollten eine interne Umfrage machen, die klärt: Wie sieht
       es denn wirklich aus, und was wird uns nur von den Medien angedichtet?“,
       sagt er. Doch gegen diese Umfrage habe es zu viele interne Vorbehalte
       gegeben. Er bedauere das: „Hätten wir sie gemacht, hätten wir den
       Medienvertretern in Zukunft mit breiter Brust sagen können: ‚Seht her, das
       stimmt nicht.‘“
       
       Am 10. November trifft sich in Fulda das siebenköpfige Präsidium des
       Feuerwehrverbandes. Ziebs hat zwei Mediatoren bestellt. Doch die werden
       gleich zu Beginn wieder hinausgeschickt. Der Rheinland-Pfälzer Hachemer hat
       in der Zwischenzeit vier Präsidiumsmitglieder auf seine Seite gezogen.
       Diese verlangen jetzt Ziebs’ Rücktritt, „um weiteren Schäden für sich und
       den Verband zu vermeiden“. Er bekommt dazu eine Frist bis zum nächsten Tag.
       Die „zahlreichen“ Gründe wollen sie nicht öffentlich benennen, um Ziebs
       nicht „bloßzustellen“, schreiben sie in einem Brief an den Verband. Nur so
       viel: Mit der AfD habe das nichts zu tun.
       
       Sind sie die AfD-Phalanx, von der zu lesen war? Das Bild ist ambivalent.
       Unter den Ziebs-Gegnern befindet sich ein aktives SPD-Mitglied, bei zweien
       ist keine Parteibindung erkennbar. Doch unter ihnen ist auch Lars Oschmann,
       Anwalt und Fraktionsvorsitzender der CDU im Ilm-Kreis. Auch ihm werden
       Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt. Im Ilmkreis war aus den Reihen
       von Oschmanns Fraktion im Juli ein AfDler als Bauausschuss-Vize
       vorgeschlagen worden. Oschmann hatte das aber später als „Fehler“
       bezeichnet. Sie alle blockieren Ziebs’ Vorschlag, das Leitbild zu
       beschließen, mit dem sich die Feuerwehr als Institution insgesamt für die
       freiheitliche Grundordnung – und damit indirekt gegen die AfD –
       positioniert.
       
       Zu verschiedenen Gelegenheiten streiten die fünf ab, dass ihr Votum gegen
       Ziebs etwas mit der AfD zu tun habe. Die wahrscheinlichste Erklärung ist,
       dass sich hier jene, die gern Ziebs’ Job wollen, mit denen verbündet haben,
       denen er auf die Füße getreten ist.
       
       ## Die Frau mit Migrationshintergrund
       
       Von anderen Funktionären bekommt Ziebs jetzt Unterstützung. Die
       Landesverbände von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt
       stellen sich hinter den Feuerwehr-Chef. CDU, Grüne, Sozial- und
       Antidiskriminierungsverbände und Verdi solidarisieren sich. Die
       CDU/CSU-Bundestagsfraktion verschickt am Donnerstag eine Erklärung, in der
       sie Ziebs unterstützt. Der Hashtag #hartmutmeinpräsident macht die Runde.
       
       Andere Landesverbände wollen entweder nichts sagen oder beschweren sich,
       dass der Eindruck erweckt werde, die Feuerwehr stehe der AfD nahe. Es
       bleibt unklar, ob sie das Ziebs oder den Medien vorwerfen. Die AfD dagegen
       kritisiert Ziebs jetzt öffentlich.
       
       In einigen Medien ist immer wieder von einer Personalie die Rede. Ziebs
       selbst sagt – auch der taz –, diese sei neben seiner Haltung gegen die AfD
       einer der Gründe für die Forderung nach seinem Abtritt. Es ginge dabei um
       die „Frau mit türkischen Wurzeln“, die er im März 2016 zur
       Bundesgeschäftsführerin gemacht hatte. Ihr Name ist Müjgan Percin, sie ist
       42 Jahre alt, promovierte Juristin und Rechtsanwältin, das lange braune
       Haar trägt sie straff zurückgebunden. Percin ist alles andere als eine
       bloße Diversity-Kandidatin: Bis 2016 war sie Mitarbeiterin der Grünen in
       NRW, hat sich unter anderem um die Neufassung des Gesetzes über den
       Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz gekümmert. Vorher
       hat sie im Bundestag und bei den Vereinten Nationen gearbeitet. Das
       Feuerwehr-Präsidium hält trotzdem nicht viel von ihr: Die Hälfte stimmt
       Anfang 2016 gegen Percin. Ziebs stellt sie dennoch ein. Er sei „sicher,
       dass sie mit ihrer frischen Perspektive“ die Feuerwehr voranbringen werde,
       sagte Ziebs damals.
       
       Doch sie bekommt als junge Frau, Muslima, grün, ohne „Stallgeruch“, wie es
       heißt, in der Feuerwehr keine Chance. Percin wird als ein Fremdkörper
       betrachtet – und auch so behandelt. Ihr sei das Leben „jahrelang zur Hölle
       gemacht worden“, sie wurde „gemobbt“ oder „lahmgelegt“, ist zu hören.
       Percin selber will sich nicht äußern. Ziebs sagt der taz, Percin habe als
       „Frau mit türkischen Wurzeln von vornherein Gegenwind extremster Art
       bekommen“.
       
       Und auch er selbst sei von der Heftigkeit, mit der er in den letzten Wochen
       angegangen wurde, „wirklich kalt getroffen worden“. Trotzdem sei es richtig
       gewesen, dass er sich gegen die AfD gestellt habe. „Es stimmt, dass ich als
       Präsident politisch neutral bleiben muss, gleichzeitig darf ich mich
       natürlich gegen extremistische Tendenzen stellen.“
       
       Aufgeben will er nicht. „Aber ich werde die Vertrauensfrage stellen
       müssen“, sagt Ziebs. Eigentlich ist die nächste Versammlung der rund 160
       Verbandsdelegierten erst für den Juni 2020 vorgesehen. Jetzt werden die
       Feuerwehr-Granden wohl im Januar über Ziebs’ Zukunft abstimmen.
       
       22 Nov 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
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