# taz.de -- Männer in gynäkologischen Berufen: Finger weg von meiner Vagina
       
       > Es gibt genügend Berufe, in denen Männer Frauendomänen aufbrechen können.
       > Die Geburtshilfe sollte nicht dazugehören.
       
 (IMG) Bild: Besser ohne sexistische Bedenken zum Frauenarzt gehen
       
       Kürzlich fühlte ich eine Blasenentzündung nahen. Es war Freitag, 17 Uhr,
       meine Gynäkologin längst im Feierabend. Ich telefonierte die in der Nähe
       erreichbaren Frauenärzt:innen durch und landete bei einem Mann. Auf der
       Toilette seiner Praxis hingen Postkarten. Auf einer rannte ein
       Strichmännchen mit erigiertem Penis und sehr kleinem Hirn einer Frau
       hinterher, es sollte wohl witzig sein. Auf einer anderen stand: Was muss
       eine Frau zuerst ausziehen, um ihren Mann ins Bett zu kriegen? Den Stecker
       des Fernsehers.
       
       Der Gynäkologe war freundlich, er war informiert, und er verschrieb mir das
       korrekte Medikament, um meine Blasenentzündung zu kurieren. Nein, nicht
       alle Gynäkologen haben solche Postkarten auf ihren Toiletten hängen. Ja,
       auch unter Gynäkologinnen gibt es welche, zu denen ich kein zweites Mal
       gehen würde. Aber ich bin [1][im Alltag], bei der Arbeit, beim Ausgehen mit
       Sexismus konfrontiert. Wenn es um meine Geschlechtsorgane geht, möchte ich
       dieses Problem gern von vornherein eliminieren.
       
       Das ist das persönliche und zutiefst emotionale Argument gegen
       [2][männliche Hebammen und Ärzte auf Geburtsstationen]. Das strukturelle
       Argument ist: Die deutsche Geburtshilfe hat sich über Jahrzehnte zu einer
       männerdominierten Angelegenheit entwickelt. Weibliche [3][Hebammen wurden
       systematisch entmachtet] und degradiert – obwohl sie diejenigen sind, die
       nachvollziehen können, wie Frauen fühlen, [4][wo es weh tut], was es
       bedeutet, ein Kind zu bekommen.
       
       Die Strukturen in Kliniken sind darauf ausgelegt, rentabel zu arbeiten, und
       nicht darauf, Geburten so zu gestalten, dass sie Bedürfnisse von Mutter und
       Kind berücksichtigen. Wie in allen Gesellschaftsbereichen geht es auch hier
       um manifestierte männliche Macht.
       
       Es gibt genügend Berufe, in denen Männer Frauendomänen aufbrechen können.
       Sie können Erzieher werden oder Kosmetiker. Ich will ihnen auch nicht
       verbieten, Hebamme zu werden. Und trotzdem kann ich sagen: Nehmt eure
       Finger aus meinem Vaginalbereich.
       
       5 Feb 2020
       
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