# taz.de -- Demos in Erfurt und Dresden: Tausende gegen rechts
       
       > Mehr als 18.000 Menschen demonstrieren in Erfurt gegen demokratische
       > Zusammenarbeit mit der AfD. In Dresden stehen 3.000 Linke gegen 1.000
       > Nazis.
       
 (IMG) Bild: Das Motto in Erfurt: „#nichtmituns – Kein Pakt mit Faschist*innen: niemals und nirgendwo!“
       
       ERFURT/DRESDEN taz/epd | „Ich war furchtbar frustriert, sehr besorgt und
       habe tatsächlich überlegt: Schaffe ich es noch, hier mein Studium fertig zu
       machen? Ist das für mich noch aushaltbar? Ich hatte einfach richtig Angst.“
       So beschreibt Konrad Erben seine erste Reaktion auf die [1][Wahl Thomas
       Kemmerichs zum thüringischen Ministerpräsidenten]. Samstagnachmittag
       demonstriert er gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der Initiative Schwarzer
       Menschen in Deutschland und vielen anderen auf dem Erfurter Domplatz gegen
       die jüngsten Ereignisse im Thüringer Landtag.
       
       Mehr als 18.000 Menschen haben sich hier versammelt. Unter dem Motto
       „#nichtmituns – Kein Pakt mit Faschist*innen: niemals und nirgendwo!“ hatte
       das Bündnis #unteilbar zur Großdemonstration aufgerufen. Dem Aufruf
       schlossen sich zahlreiche Initiativen und Organisationen an, darunter
       Fridays for Future und der DGB-Bundesvorstand.
       
       #unteilbar reagiert mit der Großveranstaltung auf die Wahl des Thüringer
       FDP-Chefs Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten. Er kam mit Stimmen von
       CDU, FDP und AfD ins Amt und trat erst nach [2][massiven Protesten aus
       Politik, Zivilgesellschaft und Medien] zurück. „Der 5. Februar 2020
       markiert einen Tabubruch“, sagt Anna Spangenberg, Sprecherin von
       #unteilbar. „Wir widersetzen uns der Normalisierung von nationalistischen
       und rassistischen Positionen und Handlungen.“
       
       Der Demoteilnehmer Konrad Erben ist in Jena aufgewachsen.
       Rassismuserfahrungen gehören zu seinem Alltag. Laut einer repräsentativen
       Befragung der Universität Jena ist ungefähr die Hälfte der Thüringer
       Bevölkerung davon überzeugt, dass Deutschland in gefährlichem Maße
       „überfremdet“ sei. „Ich kann mich auf die Straße stellen und anfangen zu
       zählen – eins, zwei, eins, zwei, eins, zwei, und weiß: Alle Einsen halten
       mich und Menschen wie mich für eine Gefahr“, erklärt Erben, und kritisiert
       CDU und FDP scharf: „Diese Grundstimmung wird darüber getragen und
       legitimiert, dass politische Parteien diese Dinge salonfähig machen. Und
       hier machen zwei vermeintlich demokratische Parteien eine Partei
       salonfähig, die offen rassistisch, diskriminierend, homophob und
       ausgrenzend ist.“
       
       Auch die „Omas gegen rechts“ sind über den Erfurter Tabubruch empört. Mit
       ihren Schildern und lauten Trillerpfeifen sind sie auf dem Domplatz von
       Weitem zu sehen und unüberhörbar. Viele von ihnen kommen aus Erfurt, andere
       sind aus Kiel, Frankfurt, Berlin, Göttingen, Hannover und sogar aus der
       Nähe von Freiburg angereist. „Es wäre nicht das erste Mal in der
       Geschichte, dass mit demokratischen Mitteln antidemokratische Kräfte an die
       Regierung kommen“, warnt die Erfurter Oma Uta Schumann. „Wir dürfen keine
       Faschisten in die Regierung lassen. Das schulden wir schon unserer
       Verfassung.“
       
       ## Kurzfristig Nazi-Demo-Route in Dresden geändert
       
       Mehrere Tausend Demonstranten haben am Samstag in Dresden gegen einen
       sogenannten rechtsextremen Trauermarsch durch die sächsische
       Landeshauptstadt protestiert. Zu dem Aufzug zur Erinnerung an die
       Zerstörung der Elbestadt durch alliierte Bomber im Februar 1945 hatte unter
       anderen die NPD aufgerufen. An dem Marsch beteiligten sich Beobachtern
       zufolge mindestens 1.000 Rechtsextreme, darunter auch aus Schweden und
       Kroatien.
       
       Wegen einer größeren Blockade durch die Gegendemonstranten veränderte die
       Polizei nach Angaben eines Sprechers kurzfristig die Demonstrationsroute
       der Rechtsextremen, „um die Verhältnismäßigkeit zu wahren“. Ursprünglich
       wollten die Neonazis durch die Dresdner Altstadt laufen.
       
       Zu den Gegendemonstrationen hatte das Bündnis „Dresden Nazifrei“
       aufgerufen. Es seien deutlich mehr Teilnehmer gekommen als erwartet, sagte
       eine Sprecherin des Bündnisses dem Evangelischen Pressedienst (epd).
       Alleine auf zwei Demonstrationszügen seien insgesamt etwa 3.000 Menschen
       gezählt worden. Dazu hätten einzelne Gruppen immer wieder die rechte
       Demonstrationsstrecke blockiert.
       
       Die Polizei hatte zuvor angekündigt, Proteste gegen den rechten Aufmarsch
       in Hör- und Sichtweite zuzulassen. Der Polizeisprecher sprach am
       Samstagnachmittag von einem bislang ruhigen Verlauf. Eine angespannte
       Stimmung herrsche nicht.
       
       Seit Jahren missbrauchen Rechtsextreme den Kriegsgedenktag und das Datum
       13. Februar für ihre Zwecke. Die Bombenangriffe der Alliierten auf Dresden,
       bei denen zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 etwa 25.000 Menschen ums
       Leben kamen, jähren sich in diesem Jahr zum 75. Mal.
       
       15 Feb 2020
       
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