# taz.de -- Dänemarks Corona-Strategie als Vorbild: Raus aus der Diskursverbotszone
       
       > Das Beispiel Dänemark zeigt: Die Debatte muss beginnen, unter welchen
       > Bedingungen in Deutschland der Lockdown aufgehoben werden kann.
       
 (IMG) Bild: Endlich runter vom Balkon
       
       In den dänischen Krankenhäusern kehren wieder normale Verhältnisse ein.
       Schulen und Kitas [1][werden nach Ostern wieder öffnen]. Viele Berufstätige
       bleiben noch im Homeoffice, doch manche bevölkern schon bald wieder Büros
       und Firmen. Danach sollen auch Cafés und Restaurants wieder offen sein.
       
       Das Land kehrt langsam und vorsichtig in die Normalität zurück. Das ist
       durchaus riskant. Es gibt keine Garantie, dass die Infektionszahlen nicht
       wieder ansteigen. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen setzt
       auf trial and error. Das ist angemessen. Denn auch zu vorsichtig zu sein
       und den Lockdown zu rigide zu handhaben, kostet Opfer.
       
       Dänemark, Österreich und Tschechien, wo man es ebenfalls mit vorsichtiger
       Lockerung probiert, gehen nicht den schwedischen und britischen Irrweg.
       Dort hat man mindestens naiv, eher fahrlässig die Pandemie einfach laufen
       lassen, um zu schauen, wie schlimm es denn wirklich wird. Dänemark
       verkörpert das Gegenteil: Das Land profitiert jetzt davon, dass Frederiksen
       schnell zu harten Maßnahmen griff.
       
       Und obwohl auch das dänische Gesundheitssystem einige Sparwellen hinter
       sich hat, ist es vergleichsweise intakt. Ein steuerfinanziertes staatliches
       Gesundheitssystem ist weit besser für Notfälle präpariert als das extrem
       teure, privatisierte Gesundheitssystem in den USA, das am Rand des
       Kollapses steht.
       
       ## Zum Glück ist Merkel Kanzlerin
       
       Also von Dänemark lernen? Soll Deutschland Sebastian Kurz und Mette
       Frederiksen folgen und Schulen, Kitas und Geschäfte wieder öffnen? Eher
       nicht. Die Zahlen, so unzuverlässig sie sein mögen, legen nahe, dass das
       Risiko noch zu hoch ist. In Deutschland verdoppelt sich die Zahl der
       Infizierten alle 12 Tage, in Österreich alle 30 Tage.
       
       Aber: Dänemark und Österreich zeigen, dass jetzt die konkrete Debatte
       beginnen muss, [2][unter welchen Bedingungen in Deutschland der Lockdown]
       aufgehoben werden kann – und in welchen Bereichen. Diese Entscheidung ist
       nicht alternativlos. Sie wird nicht von Virologen, Daten und Zwängen
       diktiert – sie ist ein komplexer Abwägungsprozess. Kurzum: Politik.
       
       Man kann froh sein, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin ist. Ihr Tonfall ist
       zivil, sie tritt nicht als Zuchtmeisterin auf, die das Volk schurigeln
       muss. Auch besteht kein Verdacht, dass die Krise – so wie in Ungarn und
       Polen – ausgenutzt wird, um mal durchzuregieren. Aber man sieht nun, nicht
       nur bei den Coronabonds, auch Merkels Schwächen: die Unlust zu
       argumentieren und zu streiten. Die Bundesregierung hat die Frage, ob, wann
       und wie Schulen, Kitas und Büros wieder öffnen, in eine Art diskursive
       Verbotszone verbannt. Da gehört sie nicht hin.
       
       8 Apr 2020
       
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