# taz.de -- Westbalkan-Gipfel in Zagreb: Milliardenhilfe gegen die Pandemie
       
       > Die EU hat den Staaten Südosteuropas in der Coronakrise weitere
       > Unterstützung zugesagt. Anders als China fordert die EU im Gegenzug
       > Reformen.
       
 (IMG) Bild: EU-Hilfe für die medizinische Versorgung: Personal und Patient in einem Krankenhaus in Belgrad
       
       SPLIT taz | Nach einem ersten Hilfspaket von 3,3 Milliarden Euro für die
       Länder des Westbalkans, hat die EU am Mittwochabend bei einem Video-Gipfel
       in Zagreb weitere Unterstützungen angesichts der Coronakrise zugesichert.
       
       Das Hilfspaket umfasse „eine Soforthilfe für den Gesundheitssektor (…) und
       erhebliche Unterstützung für die notwendige gesellschaftliche und
       wirtschaftliche Erholung unserer Partner“, heißt es in einer Erklärung des
       Gremiums. Die Öffentlichkeit der betreffenden Länder Albanien,
       Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien
       reagierte erleichtert.
       
       Und Kroatiens Regierungschef Andrej Plenković, dessen Land den Gipfel
       offiziell ausgerichtet hat, wies mit Blick auf China und Russland darauf
       hin, dass die Hilfe der EU weit über das hinaus gehe, was andere Staaten in
       der Region geleistet hätten.
       
       Diese Aussagen können nur als Seitenhieb auf den serbischen Präsidenten
       Aleksandar Vučić verstanden werden. Dieser hatte im März in allen
       Staatsmedien zur besten Sendezeit erklärt: „Die europäische Solidarität
       gibt es nicht.“
       
       ## Hilfe bei Gegenleistung
       
       Stattdessen hatte Vučić [1][das Engagement Chinas und Russlands gelobt]. Er
       nannte den chinesischen Präsidenten Xi Jinping einen „Bruder“ und ließ in
       Belgrad riesige Plakate mit dessen Konterfei anbringen. China hatte
       medienwirksam [2][ein Flugzeug mit Schutzmasken] nach Belgrad geschickt,
       deren Wert jedoch überschaubar war.
       
       Das EU-Paket stellt dagegen eine umfassende Hilfe bei der Bewältigung der
       Folgen der Coronakrise in Südosteuropa dar. Schon mit dem
       3,3-Milliarden-Hilfspaket flossen nach Angaben des Auswärtigen Amtes allein
       400 Millionen Euro in die Gesundheitssysteme. Die EU-Kommission wurde nun
       aufgefordert, „einen robusten Wirtschafts- und Investitionsplan für die
       Region“ auszuarbeiten. Zugleich wurden die sechs Balkanstaaten ermahnt, den
       Zielen der EU-Außenpolitik zu folgen.
       
       Schon seit Jahren monieren europäische Experten, Journalisten und
       Diplomaten die Zurückhaltung der EU in der Region. Viele Serben glauben
       Vučić, wenn er sagt, die EU helfe den Menschen nicht. Dabei ist die EU
       nicht nur der bei weitem wichtigste Handelspartner der Region, sondern auch
       der größte Geldgeber.
       
       Viele EU-Infrastrukturprojekte sind an Bedingungen geknüpft, die es manchen
       autoritär regierenden Politikern schwer machen, das zur Verfügung gestellte
       Geld in den Sumpf der Korruption zu leiten. Mit [3][den Krediten aus China
       und Russland] werden zwar Schuldenberge aufgehäuft, die nur mit größten
       Schwierigkeiten rückzahlbar sind, aber beide Länder fordern weder
       demokratische Kontrolle, noch rechtsstaatliche Verhältnisse.
       
       ## EU-Erweiterung bleibt umstritten
       
       Dies aber fordert der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel. Er
       drängt die Westbalkan-Länder bei der Video-Schalte am Mittwoch darauf,
       Reformen durchzusetzen – „im Rechtssystem und im Kampf gegen die
       Korruption.“
       
       Die EU-Regierungschefs versprachen, [4][an der Integration des Raumes in
       die EU festzuhalten], ohne jedoch einen näheren Zeitplan zu verkünden.
       Charles Michel begrüßte die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit
       Nordmazedonien und Albanien, die voraussichtlich im Juni beginnen sollen.
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wies jedoch mit Blick auf
       den Erweiterungs-Zeitplan darauf hin, dass die Corona-Pandemie „eine
       riesige Herausforderung“ sei.
       
       Die Frage der Aufnahme weiterer Mitglieder ist in der EU weiterhin
       umstritten. In den vergangenen zwei Jahren hatten sich die Mitgliedstaaten
       Frankreich und Niederlande gegen Beitrittsgespräche mit Albanien und
       Nordmazedonien ausgesprochen. Grünes Licht dafür gab es erst Ende März,
       nachdem die Hürden dafür noch einmal erhöht worden waren.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ erklären, der Gipfel habe „ein starkes
       Zeichen der Solidarität gesetzt“ und solle dazu beitragen, „eine neue
       Dynamik für weiterhin nötige Reformen in den Westbalkan-Staaten
       auszulösen“. Merkel ermutigte die politisch Verantwortlichen in der Region,
       „den eingeschlagenen Reformweg zur EU-Mitgliedschaft“ fortzusetzen, ohne
       jedoch konkreter zu werden.
       
       7 May 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] /EU-Beitrittsgespraeche-mit-dem-Westbalkan/!5670763
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 (DIR) Erich Rathfelder
       
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