# taz.de -- Bauern passen sich Dürren an: Mit oder gegen die Natur
       
       > Zwei Landwirte, zwei Strategien, um auf das immer trockenere Klima in
       > Deutschland zu reagieren. Müssen wir uns der Natur anpassen – oder
       > andersherum?
       
 (IMG) Bild: Das Zuckerrübenfeld von Kai Rodewald
       
       Kai Rodewald kniet mit einem Bein auf einem Zuckerrübenfeld in
       Südniedersachsen. Die Erde ist staubtrocken. Der 54 Jahre alte Landwirt –
       kurze Haare, Arbeitshose mit vielen Taschen, Poloshirt mit dem Logo einer
       Berufsschule – gräbt mit der ausgeklappten Klinge eines Schweizer
       Taschenmessers eine der grünen Pflanzen aus. Sie ist nur halb so groß wie
       normalerweise. Weite Teile des Ackers sind kahl, weil die Saat dort nicht
       aufgegangen ist. Normalerweise müsste das Blätterdach der Pflanzen jetzt,
       Mitte Juni, schon geschlossen sein.
       
       Aber dieses Frühjahr war nicht normal. „Es hat hier nur 40 Millimeter Regen
       gegeben seit dem Drillen am 1. April“, sagt Rodewald mit norddeutschem
       Einschlag. Drillen bedeutet säen. „Das hätten 150 Millimeter sein müssen.“
       Aber normale Mengen gab es schon drei Jahre nicht mehr. „Davor in dem Jahr
       sind wir abgesoffen.“ Da habe es Ende Juni 200 Millimeter Niederschlag
       gegeben. Das Klima verändert sich auch hier in der Gemeinde Nordstemmen.
       
       Rodewald guckt oft nach unten, als er das erzählt, er weicht dem Blick aus.
       Der gelernte Landwirtschaftsmeister und Vizevorsitzende des Bauernverbands
       im Kreis Hildesheim hat die Arme verschränkt, seine Mundwinkel hängen. Er
       wirkt unsicher. Er glaubt, dass immer weniger Menschen einverstanden sind
       mit der konventionellen Landwirtschaft, wie er sie betreibt. Und er merkt,
       dass der Klimawandel ihm das Leben, das Geschäft zunehmend schwer macht.
       Rodewald weiß: Er wird das nicht aufhalten können.
       
       Jan Wittenberg ist auch Bauer. Der Hof des 52-Jährigen liegt nur vier
       Kilometer von dem Rodewalds entfernt. Aber statt im Bauernverband engagiert
       er sich im Bundesvorstand der kleinen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche
       Landwirtschaft, bekannt unter dem Kürzel AbL. Sein Hof hat eine
       Biozertifizierung, er darf also keine chemisch-synthetischen Pestizide und
       Dünger verwenden.
       
       Wittenberg hat ebenfalls mit dem Klimawandel zu kämpfen. Auch auf seinen
       Feldern hat es die letzten Jahre viel weniger geregnet als vorher üblich.
       Trotzdem lächelt er viel, gestikuliert mit den Händen und läuft sehr
       aufrecht. „Bis jetzt haben meine Kulturen unter der Trockenheit nicht
       gelitten“, sagt der Agraringenieur, der sein T-Shirt in die Jeans mit
       lässigen Löchern am Knie gesteckt und seine langen Haare zum Pferdeschwanz
       gebunden hat.
       
       Warum kommen manche Bauern mit dem Klimawandel besser zurecht als andere?
       Diese Frage geht nicht nur Landwirt*Innen an, sondern die gesamte
       Gesellschaft. Denn nach dem extremen Dürrejahr 2018 zahlte der Staat circa
       300 Millionen Euro an Bauern, die wegen der Trockenheit zu wenig verdient
       hatten.
       
       Dürren könnten auch dazu führen, dass Deutschland weniger Lebensmittel
       produziert und mehr importieren muss. Und es droht ein Kampf ums Wasser,
       wenn Landwirte so viel Grundwasser auf ihre Felder pumpen wollen, dass es
       schwieriger wird, die Menschen mit Trinkwasser zu versorgen.
       
       Wittenberg und Rodewald stehen für zwei unterschiedliche Prinzipien,
       Landwirtschaft zu betreiben und auf die Erderwärmung zu reagieren. Rodewald
       setzt stärker auf Technik wie Bewässerung und gentechnisch verändertes
       Saatgut. Damit er ansonsten möglichst wenig an seinem Betrieb verändern
       muss.
       
       Wittenberg glaubt, dass die Landwirtschaft sich mit dem knapper werdenden
       Wasser begnügen muss. Dafür nutzt er Pflanzenarten, die Trockenheit besser
       überstehen, und eine viel größere Vielfalt an Früchten, um das Risiko von
       Ernteausfällen zu minimieren.
       
       Zu trocken war es in mehreren Monaten dieses Jahr nicht nur in
       Südniedersachsen. Mit rund 108 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gab es
       im Frühjahr nur gut 50 Prozent des vieljährigen bundesweiten Durchschnitts;
       es war eines der sechs niederschlagsärmsten seit 1881, hat der [1][Deutsche
       Wetterdienst] beobachtet.
       
       Auch wenn die Dürre bisher bei Weitem nicht so verbreitet und stark ist wie
       2018 und in geringerem Ausmaß 2019: „Besonders in Brandenburg, und Teilen
       Sachsens, Sachsen-Anhalts, Nordrhein-Westfalens und Niedersachsens war der
       Boden seit März über längere Zeit zu trocken, sodass die Pflanzen in ihrer
       Entwicklung beschränkt sind“, sagt Andreas Marx, Dürreexperte des
       Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung, der taz.
       
       Klimamodelle zeigen, dass auch die künftigen Sommer tendenziell trockener
       und heißer werden. Die Bodenfeuchte im Frühling und im Sommer hat laut
       Wetterdienst [2][bereits abgenommen].
       
       Jan Wittenberg steigt auf einem Feld in der Nähe seines Hofs auf einen
       Traktor. Postgelb ist der lackiert statt grün-gelb wie sonst fast alle
       John-Deere-Trecker dieser Welt. Wittenberg zeigt gern, dass er anders ist
       als die meisten Bauern. Er startet den Motor, klappt ein blaues, sechs
       Meter breites Metallgestell aus, das an dem Fahrzeug hängt, und senkt es
       bis kurz über die Erde.
       
       An diesem „Striegel“ hängen Zinken, die von Federn in den Boden gedrückt
       werden. Wittenberg fährt los, und bei 5 Kilometer pro Stunde reißen die
       Zinken etwas Erde aus dem Boden und schütten damit Unkräuter zu. Die Weißen
       Lupinen, die Wittenberg hier ausgesät hat, bleiben stehen, weil sie stärker
       sind als das Unkraut.
       
       „Wir müssen Experten unter den Pflanzen auswählen, die gut mit Trockenheit
       zurechtkommen“, sagt der Bauer, „so wie die Lupine“, die mit ihren weit
       verzweigten Wurzeln auch in großer Tiefe besonders viel Wasser erreichen
       kann. Deshalb baut er sie an, was nur sehr wenige Landwirte in Deutschland
       tun. Der Biolebensmittelhersteller Zwergenwiese zum Beispiel macht aus
       seinen Lupinen Brotaufstriche.
       
       Dass sein Hof bisher nicht unter der Trockenheit gelitten hat, liegt aber
       nicht nur an den das Klima vertragenden Pflanzenarten. Wittenberg gräbt
       jetzt mit einem Eiskratzer etwa 4 Zentimeter tief in die Erde. Darunter ist
       sie nicht mehr staubtrocken und hell, sondern feucht und dunkel. „Genau in
       der Tiefe bin ich mit dem Grubber gefahren“, sagt der Bauer.
       
       Der Grubber ist ein Gerät mit Scharen, die ähnlich einem Pflug den Boden
       aufreißen und dabei Unkraut zerschneiden und verschütten. Aber anders als
       beim Pflügen wird die Erde nur wenige Zentimeter tief gewendet. Die Gänge
       der Regenwürmer bleiben weitgehend erhalten. „Dann kann das Regenwasser
       leichter versickern und der Boden speichert mehr davon, da es selbst bei
       starken Regem nicht an der Oberfläche abfließt“, sagt Wittenberg. „Deshalb
       habe ich das Pflügen vor über 20 Jahren eingestellt.“
       
       Aber manchmal reichen auch die pfluglose Bodenbearbeitung und
       vergleichsweise trockentolerante Pflanzen nicht, um den Regenmangel
       auszugleichen. „Da hilft es nur, das Risiko zu streuen, sodass Kulturen mit
       geringen oder gar keinen Trockenschäden Verluste bei stark betroffenen
       Pflanzen ausgleichen“, sagt der Landwirt. Dafür baue er gleich 12
       verschiedene Pflanzenarten an. „Im Dürrejahr 2018 litt zum Beispiel der
       Dinkel, aber der steht nur auf einem Achtel der Fläche. Woanders habe ich
       eine Lupine. Die hatte trotz Dürre den größten Ertrag bisher. Die hat den
       Verlust voll überkompensiert.“
       
       Kai Rodewald sitzt an einem Tisch im Garten seines Hauses und schenkt –
       passend zum Thema – Wasser ein. Kurz hinter dem Zaun steht eine riesiger
       Treckeranhänger: eine Pestizidspritze. Die Reifen sind größer als ein
       Mensch, die Metallarme mit den Düsen messen 27 Meter, wenn sie ausgeklappt
       sind. Rodewald bekämpft mit Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat zum
       Beispiel Unkräuter. Da ist er sozusagen Old School, wie die meisten Bauern
       in Deutschland.
       
       Aber auch Rodewald weiß: Die Krankheiten und der Unkrautdruck lassen sich
       auch durch eine weitere Fruchtfolge reduzieren. Das bedeutet, dass auf
       einem Acker nicht jedes Jahr die gleiche Pflanzenart wächst, sondern viele
       Früchte sich abwechseln. Denn dann können sich die Schädlinge schlechter
       auf die Kulturpflanzen einstellen und vermehren sich nicht so schnell.
       
       ## Bei Trockenheit geeignet: Soja
       
       „Wir sind jetzt bei fünf Fruchtfolgegliedern angekommen. Früher hatten wir
       mal zwei, vielleicht drei“, sagt Rodewald. Nun sieht er ein: „Das kann man
       eine gewisse Zeit machen, und das ist auch eine gewisse Zeit
       wirtschaftlich, aber auf Dauer nicht nachhaltig.“ Doch von der Vielfalt auf
       Wittenbergs Hof ist Rodewald immer noch weit entfernt. Rodewald erzählt
       auch, dass er mitunter immer noch 20 Prozent seiner Flächen pflüge –
       manchmal mehr, wenn es zu viele unerwünschte Pflanzen auf dem Feld gibt.
       
       Auf einem Acker in der Nähe seines Hofs zeigt der Landwirt, was er noch
       macht, um sich dem Klimawandel anzupassen. Aus dem trockenen Boden lugen
       grüne, braun behaarte Pflänzchen, die noch kaum größer als Rodewalds Hand
       sind: Soja. Das ist eine Pflanzenart, die es gern warm hat und bis zur
       Blüte im Frühsommer viel Trockenheit verträgt.
       
       Aber: Während Wittenberg schon vor zehn Jahren mit Soja begann, probiert
       Rodewald sie erst jetzt aus. Er versuche ja, mehr Pflanzenarten anzubauen,
       die für ein trockeneres Klima geeignet sind, sagt Rodewald. „Aber letzten
       Endes müssen Sie auch eine Vermarktung dafür haben. Sie müssen ja auch eine
       Wirtschaftlichkeit sicherstellen“, begründet der Bauer sein Zögern.
       Ackerbohnen wären zwar gut für den Boden, aber die ließen sich nun mal
       schlecht verkaufen.
       
       Er bekommt für seine konventionelle Ware eben keine Aufschläge für Bioware
       wie Wittenberg. Rodewald zeigt auf einen Anhänger in einer Halle seines
       Hofs. Voller Weizen sei der, erzählt er. Was passiert mit dem? „Momentan
       gehen gefühlt 60 Prozent des Weizens aufs Schiff, dann nach Hamburg und
       werden in die große weite Welt verschifft“, antwortet der Landwirt. Was
       genau aus seinem Getreide hergestellt wird, weiß er nicht.
       
       ## Möglichst billig produzieren
       
       Rodewald hängt viel stärker als Wittenberg vom anonymen Weltmarkt ab. Immer
       wieder klagt er, dass die deutschen Bauern höhere Kosten hätten als die
       Konkurrenz etwa in Lateinamerika oder Polen, zum Beispiel weil die mehr
       Pestizide benutzen dürften. Es geht vor allem um eins: möglichst billig zu
       produzieren. Anders als Wittenberg verkauft er seine Ernte nicht direkt an
       Lebensmittelhersteller, sondern an Händler, die natürlich auch ihren Teil
       vom Preis haben wollen und ihre Lieferanten wechseln, wenn sie zu teuer
       sind.
       
       Er kann auch nicht so leicht Lupinen als Lebensmittel verkaufen, weil
       konventionelle Hersteller kaum Lupinenaufstriche anbieten. Die gibt es fast
       nur in Bio.
       
       Mehr Fruchtarten, vergleichsweise trockentolerante Pflanzen, weniger
       pflügen – Rodewald und Wittenberg sind schon in die gleiche Richtung
       gegangen. Aber der Biobauer hat sich dem Klimawandel schon viel stärker
       angepasst.
       
       Ihr Wege trennen sich, wenn es um die Frage geht, ob die Landwirtschaft dem
       neuen Klima mit mehr Technik begegnen sollte. Ob man nicht nur mit, sondern
       auch gegen die Natur arbeiten sollte.
       
       Ein Beispiel: Obwohl es immer weniger Regen gibt, überlegt Rodewald, ob er
       demnächst auch Kartoffeln anbaut. Das ist ausgerechnet eine Pflanzenart,
       die bis zur Blüte viel Wasser benötigt. „Wir haben die Überlegung, einen
       Brunnen zu bohren und dann einfach die Flächen zu bewässern, weil wir
       momentan auch die Idee haben, in den Kartoffelmarkt einzusteigen“, sagt der
       konventionelle Landwirt.
       
       Da rechnet er sich gute Chancen auf dem Markt aus. Für Kartoffeln würde er
       dafür auch von den Behörden die nötigen Wasserrechte bekommen – eben weil
       diese Pflanzenart so viel Wasser brauche.
       
       Wittenberg hält es für die genau falsche Entscheidung, jetzt auf eine
       wasserintensive Pflanze und künstliche Beregnung zu setzen. „Ich will meine
       Felder nicht bewässern, weil ich mich den natürlichen Voraussetzungen des
       Bodens und der darumliegenden Natur anpassen will“, sagt er. In vielen
       Regionen werde es nicht genug Wasser geben.
       
       Tatsächlich warnen auch Wissenschaftler wie der Wassermanagement-Professor
       Dietrich Borchardt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung vor massiven
       „Nutzungskonkurrenzen“, also einen Kampf ums Wasser, wenn die Landwirte
       sehr viel mehr Äcker bewässern wollen als bisher. Bislang werden laut
       Statistischem Bundesamt nur rund 3 [3][Prozent] der Agrarfläche künstlich
       mit Wasser versorgt. Möglicherweise stehen manche Landkreise bald vor der
       Wahl: Wasser zum Trinken oder Wasser für die Äcker?
       
       Oliver Krischer, Vizevorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte der
       taz bereits: „Die Trinkwasserversorgung muss ohne Abstriche Vorrang haben.“
       Die Landwirtschaft werde in vielen Regionen die Bewässerung nicht so
       ausweiten können wie in den vergangenen Jahren. „Ansonsten wird der
       Grundwasserspiegel sinken, was wiederum Auswirkungen auf Baumarten mit tief
       reichenden Wurzeln hat.“ Die Bauern müssten den Boden so bearbeiten, dass
       er besser Wasser speichern kann. Deshalb ist für Wittenberg klar: „Wir
       Bauern müssen uns verändern.“
       
       Dass Rodewald und Wittenberg gegensätzliche Philosophien für den Umgang mit
       der Natur haben, zeigt sich auch beim Thema Gentechnik: Rodewald findet
       neue Methoden wie Crispr/Cas zur Veränderung von Pflanzengenen hilfreich.
       „Man könnte damit auch auf neue Klimabedingungen schneller reagieren“,
       argumentiert er. Und viele andere Staaten „arbeiten daran und wir nicht.
       Das ist schon ein Nachteil.“
       
       Wittenberg dagegen sieht die neue Gentechnik sehr kritisch. „Nicht etwa,
       weil ich Angst hätte, dass mich jetzt die Gentechniktomate angreift,
       sondern vielmehr weil Bauern und Gesellschaft extrem abhängig von der
       Industrie werden, wenn sie sich auf solche Pflanzen verlassen, sagt er.
       Denn Gentechnikpflanzen sind nur begrenzt „nachbaubar“.
       
       Das heißt: „Der Bauer kann nicht einen Sack zurückstellen von seiner Ernte
       und nächstes Jahr aussäen, sondern er muss jedes Jahr wieder neu kaufen.“
       Er wolle auch nicht, dass wie in Nord- und Südamerika nur drei
       Saatgutproduzenten einen Großteil der Ernährung in der Hand hätten. „Wenn
       die drei Unternehmen den Hahn zumachen, dann verhungern zwei Kontinente.
       Das ist Abhängigkeit. Das will ich nicht. Das widerspricht auch meinem
       Dasein als freier Bauer.“
       
       Wittenberg sagt das, während er auf einer Holzbank vor dem herrschaftlich
       aussehenden Wohngebäude auf seinem Hof sitzt. Das Klinkerhaus mit sehr
       hohen Decken und zahlreichen Erkern hat sein Urgroßvater 1894 gebaut.
       Wittenberg hat eine Tradition zu verteidigen.
       
       Man könnte also sagen: Rodewald will – etwa beim Saatgut und der
       Bewässerung – stärker in die Natur eingreifen, damit er möglichst so
       weitermachen kann wie bisher. Wittenberg will stärker mit der Natur
       arbeiten und seinen Betrieb dem Klima möglichst stark anpassen.
       
       Rodewalds Bauernverband fordert in seiner „Klimastrategie 2.0.“,
       Wasserquellen für die Landwirtschaft zu erschließen. Besonders lobbyiert er
       dafür, dass der Staat Versicherungen gegen Trockenschäden subventioniert.
       Gleichzeitig verlangt die Organisation, die [4][neuen Gentechniken] laxer
       zu regulieren. Die Bauernverband ist aber dagegen, dass die Europäische
       Union für ihre jährlich [5][58 Milliarden Euro] Agrarsubventionen zum
       Beispiel mehr Vielfalt auf dem Acker verlangt.
       
       Wittenbergs AbL jedoch will, dass auch Produkte aus Pflanzen der neuen
       Gentechnik als „gentechnisch verändert“ etikettiert werden und auf Risiken
       geprüft werden müssen. Dringend müsse die EU die Agrarsubventionen
       umverteilen, die bisher hauptsächlich nach der Größe der Fläche berechnet
       werden, weitgehend unabhängig davon, wie umweltfreundlich der Betrieb
       wirtschaftet: Wer zum Beispiel mehr Fruchtarten anbaut, bekäme nach dem
       [6][Vorschlag der AbL] mehr Geld.
       
       ## Vorschriften zu ideologisch?
       
       Rodewald aber hat mit neuen Umweltauflagen ein Problem. Er war dabei, als
       im November Tausende Bauern der Bewegung „Land schafft Verbindung“ mit
       Traktoren in Berlin auffuhren. Sie demonstrierten zum Beispiel dagegen,
       dass Unkrautvernichtungsmittel und besonders schädliche Insektengifte in
       den meisten Naturschutzgebieten nicht mehr erlaubt sein sollen – vor allem,
       um das Insektensterben einzudämmen.
       
       Sie lehnten es auch ab, dass Landwirte weniger düngen dürfen in Gebieten,
       die besonders durch potenziell umwelt- und gesundheitschädliches Nitrat aus
       ebendiesen Düngern belastet sind.
       
       Viele dieser Vorschriften hält Rodewald für ideologisch, nicht
       wissenschaftlich begründet. Zum Beispiel würden viele Bauern mehr pflügen,
       wenn sie Unkraut nicht mehr mit Glyphosat vernichten dürfen, das die
       Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich
       krebserregend“ eingestuft hat.
       
       Das ist ein typisches Argument der Agrarlobby. Aber nach gut zwei Stunden
       Gespräch auf seinem Hof über Branche, Klima, Umwelt und Risiken räumt
       selbst ein Bauernverbandsfunktionär wie Rodewald ein: „Mit der
       konventionellen Produktionsweise, die wir aktuell machen, fehlt uns die
       gesellschaftliche Akzeptanz.“
       
       Wittenberg, beim Kaffee vor seiner Villa, freut sich über solche
       Eingeständnisse. Er hofft, dass nun der Druck durch den Klimawandel auch
       etwas Positives bewirkt: dass die Landwirte sich konsequenter an die sich
       verändernde Natur anpassen. „Sonst“, sagt der Biobauer, „knallt es. Sehr
       bald.“
       
       3 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [4] https://www.bauernverband.de/presse-medien/pressemitteilungen/pressemitteilung/chancen-der-neuen-zuechtungsmethoden-nutzbar-machen
 (DIR) [5] https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/106/die-finanzierung-der-gemeinsamen-agrarpolitik
 (DIR) [6] https://www.abl-ev.de/uploads/media/Punktepapier_Aufl._2_-_Webversion_Hinweis_Direktzahlungsrechner.pdf
       
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