# taz.de -- Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer: „Sea-Watch 4“ läuft bald aus > Sea-Watch und Ärzte ohne Grenzen starten einen neuen Rettungseinsatz im > Mittelmeer. Das nötige Geld kommt von mehr als 550 Organisationen. (IMG) Bild: Soll bald den Anker lichten: Die „Sea-Watch 4“ im Hafen von Burriana in Spanien BERLIN taz | Noch im August soll mit der „Sea-Watch 4“ ein neues ziviles Seenotrettungsschiff seinen Einsatz im zentralen Mittelmeer beginnen. Das erklärten am Donnerstag die Organisationen Sea-Watch und Ärzte ohne Grenzen sowie das Bündnis United4Rescue. „Das politische Versagen der EU im Mittelmeer ist jeden Tag sichtbar“, sagte Marie Naaß von Sea-Watch. Die „Sea-Watch 4“ sei ein „Zeichen an die EU, dass die Zivilgesellschaft die Menschen nicht an den Grenzen ertrinken lässt“. Derzeit liege das Schiff in der spanischen Hafenstadt Burriana, es würden letzte Vorbereitungen getroffen. Ein Großteil der Crew habe die wegen Corona erforderliche Quarantäne hinter sich gebracht, so dass man bald mit den nötigen Trainings beginnen könne. Einen genauen Termin für den Start der Mission könne man noch nicht nennen. „Unsere Flugzeuge mussten allein in den letzten Wochen mehr als 2.000 Menschen in Seenot und Menschenrechtsverletzungen dokumentieren“, sagte Naaß. Viele der Gesichteten seien völkerrechtswidrig [1][zurück nach Libyen gebracht worden], unterstützt von der EU und Frontex. Gleichzeitig gebe es derzeit keine zivilen Seenotretter*innen im Mittelmeer. Vier Schiffe verschiedener Organisationen seien in Italien [2][wegen „fadenscheiniger Vorwürfe festgesetzt] oder werden mit nicht erfüllbaren Auflagen am Einsatz gehindert“, so Naaß. „Unsere Überzeugung ist, dass Menschen nicht alleingelassen werden können, wenn ihnen das Ertrinken droht“, sagte Oliver Behn von Ärzte ohne Grenzen. Die Organisation ist in fünf offiziellen libyschen Lagern tätig, wohin immer wieder Gerettete zurückgebracht würden. Dazu kämen die inoffiziellen Foltergefängnisse. „Menschen leiden dort, Menschen sterben dort. Wir müssen helfen“, sagte Behn. ## Von Kirche bis Kondomhersteller Ermöglicht wurde der Kauf der „Sea-Watch 4“ durch Spenden des [3][Bündnisses United4Rescue], das im November 2019 von etwa 40 Partnern aus Kirchen, Kommunen, Vereinen und Initiativen initiiert worden war. Inzwischen sind dort mehr als 550 zivilgesellschaftliche Organisationen vertreten. „Diese Bündnispartner könnten unterschiedlicher nicht sein“, sagte Pastorin Sandra Bils, Gründungsmitglied von United4Rescue. Es sei ein „Unding“, dass Organisationen wie die Evangelische Kirche in Deutschland, der Koordinierungsrat der Muslime oder der Deutsche Gewerkschaftsbund, aber auch „ein Kondomhersteller, Kindergärten, Bauernhöfe oder Eiscremehersteller Seenotrettung betreiben müssen, weil die EU und ihre Mitgliedstaaten ihrer Aufgabe nicht nachkommen“, so Bils. Sowohl Sea-Watch als auch Ärzte ohne Grenzen führen seit Jahren Seenotrettungseinsätze auf dem Mittelmeer durch – bisher aber unabhängig voneinander. Im April hatte Ärzte ohne Grenzen die bisherige Zusammenarbeit mit der Organisation SOS Méditerranée beendet. Grund waren unterschiedliche Auffassungen darüber, ob man in der Coronakrise auslaufen könne. Immer wieder war Schiffen mit Geretteten unter Verweis auf die Pandemie das Anlegen in europäischen Häfen versagt worden. Behn betonte, die [4][Coronapandemie] dürfe kein Argument gegen Seenotrettung sein. Natürlich gebe es in der Enge eines Schiffes besondere Herausforderungen – man habe aber ein spezielles Protokoll entwickelt. Alle an Bord Befindlichen würden täglich auf Covid-19-Symptome getestet, Verdachtsfälle isoliert. „Aber Corona entbindet uns nicht von der Pflicht, Menschenleben auf See zu retten“, so Behn. 6 Aug 2020 ## LINKS (DIR) [1] /Fluechtende-im-Mittelmeer/!5696357 (DIR) [2] /Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5695369 (DIR) [3] https://www.united4rescue.com/ (DIR) [4] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746 ## AUTOREN (DIR) Dinah Riese ## TAGS (DIR) Seenotrettung (DIR) Flüchtlinge (DIR) Mittelmeerroute (DIR) Ärzte ohne Grenzen (DIR) Schwerpunkt Flucht (DIR) Seenotrettung (DIR) Seenotrettung (DIR) Schwerpunkt Flucht (DIR) Seenotrettung (DIR) Schwerpunkt Flucht (DIR) Schwerpunkt Flucht (DIR) Seenotrettung ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Seenotrettung in Italien: Bis zu 20 Jahre Haft 21 Seenotretter*innen stehen demnächst im sizilianischen Trapani vor Gericht. Der Vorwurf lautet auf Beihilfe zur illegalen Einwanderung. (DIR) Seenotrettung im Mittelmeer: „Sea-Watch 4“ klagt die EU an 350 Geflüchtete an Bord des Rettungsschiffs „Sea-Watch 4“ suchen dringend einen Hafen. Auch die „Louise Michel“ leistet im Mittelmeer weiter Nothilfe. (DIR) Seenotrettungsschiff „Louise Michel“: „Sea-Watch 4“ kommt zu Hilfe Die von Banksy gestiftete „Louise Michel“ liegt mit 219 Geretteten an Bord manövrierunfähig im Meer. Italien und Malta haben bisher nicht auf ihren Notruf reagiert. (DIR) Einsätze im Mittelmeer verhindert: NGO-Schiffe dürfen nicht aufbrechen Die NGO Mare Liberum beobachtet eigentlich die humanitäre Lage im Mittelmeer. Nun blockieren deutsche Behörden das Auslaufen ihrer Schiffe. (DIR) Neuer Seenotrettungseinsatz: „Sea-Watch 4“ ist auf dem Weg Sea-Watch und Ärzte ohne Grenzen schicken ein neues Rettungsschiff ins Mittelmeer. Das Geld dafür kommt aus einem breiten zivilen Bündnis. (DIR) Anklage gegen Matteo Salvini: Weg frei für Prozess Der italienische Senat hat die Immunität des früheren Innenministers aufgehoben. Salvini hatte das Rettungsschiff „Open Arms“ auf See festgehalten. (DIR) Seehofer beendet Aufnahmeprogramm: Unsolidarischer Staat Der Innenminister verbietet Berlin die eigenständige Aufnahme von Flüchtlingen. Das ist auch ein symbolischer Akt, um die Kommunen kleinzuhalten. (DIR) Seenotrettung im Mittelmeer: Italiens kaltherziges Kalkül Italien hält erneut ein Schiff von Seenotretter*innen fest. Das hört erst auf, wenn auch andere EU-Staaten zur Aufnahme von Geflüchteten bereit sind.