# taz.de -- Seenotrettungsschiff „Louise Michel“: „Sea-Watch 4“ kommt zu Hilfe
       
       > Die von Banksy gestiftete „Louise Michel“ liegt mit 219 Geretteten an
       > Bord manövrierunfähig im Meer. Italien und Malta haben bisher nicht auf
       > ihren Notruf reagiert.
       
 (IMG) Bild: Benannt nach einer französischen Anarchistin – das Seenotrettungsschiff „Louise Michel“
       
       FRANKFURT/MAIN/ROM/BERLIN epd/afp | Das Seenotrettungsschiff „Sea-Watch 4“
       hat am Samstag seinen Kurs im Mittelmeer geändert, um der
       manövrierunfähigen „Louise Michel“ zu helfen. Die Organisation Sea-Watch
       [1][teilte am Mittag auf Twitter mit], die beiden Rettungsschiffe seien
       noch vier Stunden voneinander entfernt.
       
       Nach einer ersten Rettungsaktion am Donnerstag, bei der 89 Menschen
       gerettet worden waren, kümmern sich die zehn Besatzungsmitglieder der
       „Louise Michel“ inzwischen um insgesamt 219 Menschen, nachdem am Freitag
       ein weiteres Boot mit 130 Menschen gesichert wurde. Das Rettungsschiff bat
       bereits die italienische Küstenwache und das maltesische Militär um Hilfe,
       doch die Behörden in Italien und Malta hätten nach Angaben der Crew
       zunächst nicht auf den Notruf reagiert.
       
       Eine Person sei bereits tot aufgefunden, [2][teilte die Besatzung der
       „Louise Michel“ auf Twitter mit]. Daneben seien mehrere Migranten mit
       Verbrennungen durch Treibstoff an Bord. Die Menschen wären tagelang auf See
       gewesen und bräuchten dringend Hilfe. Unter den Geretteten befänden sich
       auch viele Frauen und Kinder. Aufgrund des überfüllten Decks und einer an
       der Seite ausgefahrenen Rettungsinsel, auf der insgesamt 33 Menschen
       ausharren müssten, könne das Schiff nicht mehr bewegt werden.
       
       Laut der [3][Website Marinetraffic] lag die unter deutscher Flagge fahrende
       „Louise Michel“ am Samstagmorgen rund 90 Kilometer südöstlich der
       italienischen Insel Lampedusa.
       
       Die „Louise Michel“ hatte bei den zurückliegenden Rettungsaktionen der
       „Sea-Watch 4“ assistiert. Das überwiegend aus kirchlichen Spenden
       finanzierten Sea-Watch-Schiff nahm in den vergangenen Tagen mehr als 200
       Menschen auf und wartet ebenfalls auf einen sicheren Hafen. Der
       international bekannte Street-Art-Künstler Banksy unterstützt die „Louise
       Michel“. Er kaufte das frühere Schiff der französischen Marine für die
       Seenotrettung im Mittelmeer.
       
       Banksy hat das Schiff zudem bemalt – unter anderem mit dem Graffiti eines
       Mädchens in Rettungsweste, das einen pinken Rettungsring in Herzform hält.
       Benannt ist die „Louise Michel“ nach einer französischen Anarchistin aus
       dem 19. Jahrhundert.
       
       [4][Kapitänin der „Louise Michel“ ist Pia Klemp], die auch schon für
       Sea-Watch im Einsatz war. Die italienische Justiz ermittelt seit
       vergangenem Jahr gegen sie wegen „Beihilfe zur illegalen Einreise“.
       
       Klemp sagte [5][in einem Interview mit der britischen Tageszeitung The
       Guardian]: „Ich sehe die Seenotrettung nicht als eine humanitäre Aktion,
       sondern als Teil eines antifaschistischen Kampfes.“ Die Crew besteht laut
       Sea-Watch aus zehn erfahrenen Seenotrettern aus ganz Europa. Das Leben an
       Bord zeichnet sich durch „flache Hierarchien und eine vegane Ernährung“
       aus.
       
       ## „Du klingst wie ein knallharter Typ“
       
       Laut Guardian hatte Banksy Klemp im vergangenen September per E-Mail
       kontaktiert. „Hallo Pia, ich habe über deine Geschichte in der Zeitung
       gelesen. Du klingst wie ein knallharter Typ“, zitiert die Zeitung aus der
       Nachricht, die Klemp zunächst für einen Scherz hielt.
       
       Banksy habe weiter geschrieben: „Ich bin ein Künstler aus Großbritannien
       und habe einige Arbeiten über die Migrationskrise gemacht, natürlich kann
       ich das Geld nicht behalten. Könntest du es verwenden, um ein neues Boot
       oder so etwas zu kaufen? Bitte lass es mich wissen. Gut gemacht. Banksy.“
       
       Das Schiff wurde zwischen Ende Juni und Mitte August im spanischen Borriana
       nördlich von Valencia umgebaut, wie ein Sprecher des Hafens sagte. Das 30
       Meter lange Schiff ist zwar kleiner als der Rest der Sea-Watch-Flotte, aber
       dafür mit 28 Knoten (51 km/h) so schnell, dass es mit den Schiffen der
       libyschen Küstenwache mithalten kann.
       
       In diesem Jahr versuchen Menschen wieder vermehrt von Libyen und Tunesien
       aus mit Booten nach Europa zu gelangen. Nach Schätzungen der
       Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind 2020 bereits mehr als
       300 Menschen bei der Überfahrt ums Leben gekommen.
       
       29 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/seawatchcrew/status/1299642977216798723
 (DIR) [2] https://twitter.com/MVLouiseMichel/status/1299500914408071168
 (DIR) [3] https://www.marinetraffic.com/en/ais/home/centerx:-12.0/centery:25.0/zoom:4
 (DIR) [4] /Roman-von-Seenotretterin/!5622620
 (DIR) [5] https://www.theguardian.com/world/2020/aug/27/banksy-funds-refugee-rescue-boat-operating-in-mediterranean
       
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