# taz.de -- Entwicklungspolitik in der Klimadebatte: Klima ist nicht nur in Bremen
       
       > Entwicklungspolitik spielt in der Bremer Klima-Enquête bislang kaum eine
       > Rolle. Dabei trifft den Globalen Süden die Erderwärmung besonders hart.
       
 (IMG) Bild: Ein Freitag der jüngeren Vergangenheit: Der globale Aspekt der Klimadebatte ist bekannt
       
       BREMEN taz | Das Bremer entwicklungspolitische Netzwerk (BEN) fordert die
       Klimaschutz-Enquête dazu auf, entwicklungspolitische Ziele stärker bei der
       Arbeit an einer Klimaschutzstrategie zu berücksichtigen. Ein
       [1][entsprechendes Positionspapier] hatte das BEN kürzlich veröffentlicht.
       Bereits jetzt treffe der Klimawandel den Globalen Süden „mit besonderer
       Härte“, begründet der Verein seine Forderungen. Dabei hätte dieser „am
       wenigsten zur Änderung des Klimas beigetragen“.
       
       [2][Zur Enquêtekommission] gab es noch keinen Kontakt, sagt
       BEN-Geschäftsführer Christopher Duis. „Jetzt haben wir uns eingebracht,
       weil das Thema nicht vorherrschend zu sein scheint.“ Im Gegensatz zum BEN
       ist die Senatskanzlei ständiger Gast der Enquête. Die
       entwicklungspolitische Organisation möchte aber, dass explizit das Referat
       Entwicklungszusammenarbeit/ Internationales einbezogen wird.
       
       Das werde auch passieren, sagt Enquête-Vorsitzender Martin Michalik (CDU).
       „Die Enquêtekommission hat sich von Anfang an zum Ziel gesetzt, möglichst
       viele relevante Klimaschutzakteure in ihre Arbeit einzubeziehen.“ Um Themen
       der Entwicklungszusammenarbeit in die Enquête einzubringen, sagt
       Senatssprecher Christian Dohle, stehe die Senatskanzlei in regelmäßigem
       Austausch mit dem erwähnten Referat.
       
       Duis fordert zudem den Aufbau weiterer Städtepartnerschaften und damit
       einhergehend einen Austausch von kommunalen Unternehmen und der Verwaltung
       mit den entsprechenden Pendants in den Partnerkommunen. Es sei wichtig,
       Wissen zu teilen und Strukturen zu stärken, die sich vor Ort mit
       Klimaschutz und Klimaanpassung auseinandersetzen. Weitere Partnerschaften
       als die schon bestehenden und gut gepflegten seien derzeit nicht geplant,
       sagt Dohle. Denn: „Eine Verpflichtung dieser Art muss genau überlegt
       werden, da diese gelebt und umgesetzt werden muss.“
       
       Eine weitere Forderung des BEN: klimapolitische Anpassungen in Bremen
       darauf zu prüfen, ob mit selben Geldern größere Einspareffekte im Globalen
       Süden, zum Beispiel in den Partnerstädten, erreicht werden können. Über
       diese Forderung ist Enquête-Mitglied Philipp Bruck (Grüne), der die
       Forderungen ansonsten für sinnvoll hält, „gestolpert“. Das könne als ein
       Abschieben der Verantwortung missverstanden werden.
       
       „Bremen muss von sich aus klimaneutral werden“, stellt Bruck klar. Daneben
       habe das Land natürlich auch eine Verantwortung, Klimaschutz- und
       Anpassungsmaßnahmen im Globalen Süden zu finanzieren. „Aber völlig
       unabhängig voneinander.“ Etwaige CO2-Einsparungen anderswo durch Bremer
       Mittel dürfe sich das Land auf keinen Fall selbst positiv in der
       Klimabilanz anrechnen.
       
       Duis beruhigt: Lediglich fünf Prozent der Landesmittel, die bis 2030 für
       Klimaschutz ausgegeben werden, sollen Auslandsprojekte fördern. „Wir wollen
       Bremen nicht aus der Verantwortung lassen.“ Dennoch sei es wichtig, sich
       die globale Gesamtrechnung anzuschauen – und wo am Ende am meisten
       Einsparungen mit dem Geld erzielt werden können.
       
       Senats-Sprecher Dohle warnt vor Konkurrenz: Die in Bremen benötigten
       Klimaschutzmaßnahmen seien noch zu intensivieren; „die Finanzierung von
       Projekten in den Ländern des Globalen Südens müsste folglich anders
       gewährleistet werden“. Aber bereits jetzt erfolge im Rahmen von
       Partnerschaften viel Wissenstransfer.
       
       Damit Bürger*innen wirksam für eine klimagerechte Zukunft eintreten können,
       fordert das BEN eine Bildung, „welche die globalen Zusammenhänge aufdeckt
       und dazu befähigt, die eigenen Positionen und Rollen in diesen
       Zusammenhängen zu reflektieren“. Das ist das Ziel von Bildung für
       nachhaltige Entwicklung, erklärt Duis. Es gehe um die Vermittlung von
       demokratischen Grundsätzen, also beispielsweise die Frage, wie mit knappen
       Ressourcen umgegangen werden kann.
       
       Bildung für nachhaltige Entwicklung und Globales Lernen müsse demnach in
       die schulischen und außerschulischen Bildungsangebote sowie in die
       Ausbildung von Lehrer*innen eingearbeitet werden. Als Querschnittsthema:
       „Wir dürfen nicht nur einzelne Fächer anschauen, sondern ganze Schulen“, so
       Duis – inklusive Kiosk, Küche und Einkauf. So sagen Schulen zwar, dass
       Näher*innen von Fußbällen mehr Geld bekommen sollten. „Und dann gehen die
       in die Turnhalle und kicken mit Ausbeuter-Bällen rum.“
       
       ## Bildungsbehörde mit begrenztem Einfluss
       
       In Museen, in der Wissenschaft oder bei NGOs sei das Thema schon
       angekommen; einige Schulen „sperren sich noch“. Laut Isabell Müller, seit
       Februar Landeskoordinatorin für Bildung für nachhaltige Entwicklung bei der
       Bildungssenatorin, sei das Thema nicht neu. „Schon [3][im Schulgesetz]
       steht, dass Schülerinnen und Schüler zu ‚überlegtem persönlichen,
       beruflichen und gesellschaftlichen Handeln‘ befähigt werden sollen.“
       
       In einem neuen Rahmenplan für schulische Qualität, der zurzeit noch mit den
       zuständigen Behörden abgestimmt wird, versuche man, Normen zu schaffen, die
       Schulen Orientierung bieten. „Denn das ist unser Job“, so Müller. Da laut
       Gesetz Schulen aber eigenständige pädagogische Einheiten sind, ist für die
       Behörde nicht mehr drin. In jedem Fach gebe es aber Möglichkeiten, den
       Klimawandel und andere Themen wie Rassismus und Kommunikation zu
       integrieren, sagt Müller.
       
       Für Bruck ist Klimagerechtigkeit vor allem bei der großen Frage des
       Klimaziels relevant, also wie viel CO2-Ausstoß sich Bremen eigentlich
       erlauben kann. Er habe sich dafür eingesetzt, dass das auch im
       [4][Einsetzungsbeschluss der Kommission] steht. Auch Michalik hat das Thema
       auf dem Zettel. Da die Enquête aber begrenzt Zeit hat, werde man sich
       zunächst gezielt auf konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz in Bremen
       konzentrieren – später „mit der normativen Debatte zur Globalen
       Klimagerechtigkeit“.
       
       8 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.ben-bremen.de/images/PoPa_Klimagerechtigkeit.pdf
 (DIR) [2] /Bremer-Enquete-Kommission-Klimaschutz/!5706445
 (DIR) [3] https://www.transparenz.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen2014_tp.c.149151.de&asl=bremen02.c.732.de&template=20_gp_ifg_meta_detail_d
 (DIR) [4] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp20/land/drucksache/D20L0246.pdf
       
       ## AUTOREN
       
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