# taz.de -- Corona im Berchtesgadener Land: Dahoam in Oberbayern
       
       > Das Berchtesgadener Land weist die meisten Corona-Neuinfektionen pro Kopf
       > wöchentlich auf. Nun gelten strenge Regeln.
       
 (IMG) Bild: Berchtesgaden vor dem Lockdown: Auf den Außenterrassen bauen Gastronomen ihre Stühle ab
       
       BERLIN taz | Am Montagnachmittag saßen noch Besucher:innen am Ufer des
       Königssees und tranken Kaffee in der Herbstsonne. Vorerst zum letzten Mal.
       Denn seit Dienstag um 14 Uhr beschränkt die neu angeordnete
       Allgemeinverfügung für das Berchtesgadener Land das Leben kurz vor den
       Alpen erheblich.
       
       Am Montag war im Landkreis die Sieben-Tage-Inzidenz auf 272,8
       Neuinfektionen mit dem [1][Coronavirus] pro 100.000 Einwohner:innen
       angestiegen – die höchste in ganz Deutschland. Inzwischen ist der Wert zwar
       gesunken – auf 236 –, dennoch bereiten sich die Bewohner:innen auf die
       neuen Bestimmungen vor. Die gelten vorerst bis zum 2. November.
       
       Schulen und Kindergärten wurden geschlossen, eine Notbetreuung
       eingerichtet. Der Besuch von Freizeiteinrichtungen wie Kinos, Bars,
       Restaurants oder Vereinsheimen ist verboten. Einkaufen ist ebenso erlaubt
       wie die Fahrt zur Arbeit, Einzelhandel und Dienstleistungsbetriebe wie
       Friseur:innen bleiben geöffnet. In Innenstädten und besonders belebten
       Zonen gilt eine Maskenpflicht.
       
       Auch der Besuch in Alten- oder Pflegeheimen ist verboten. Anja
       Stein-Eichler, Leiterin eines Seniorenwohnheims in Kirchberg, einem
       Ortsteil der Kurstadt Bad Reichenhall, ist beunruhigt über die aktuelle
       Entwicklung. „Im März und April hat der Lockdown die Lebensqualität der
       Bewohner:innen sehr eingeschränkt“, erzählt sie. Über Skype konnten die
       Senior:innen zwar mit ihren Angehörigen kommunizieren, aber eine
       dauerhafte Kompensation für physische Kontakte sei das nicht gewesen.
       
       ## Die Touris müssen nach Hause
       
       Am Dienstag wurden 40 Neuinfektionen gemeldet, aktuell gibt es damit 260
       aktive Fälle. Wolfgang Krämer, Leiter des Gesundheitsamts, informierte
       darüber, dass sich momentan 12 Personen in stationärer Behandlung im
       Reichenhaller Krankenhaus befänden, wovon zwei auf der Intensivstation
       beatmet würden.
       
       Wo sonst Tourist:innen über das Wasser schippern, den schroffen Watzmann
       und das herbstliche Bergpanorama bestaunen, wird sich in den kommenden zwei
       Wochen kein:e Tourist:in verirren. Am Dienstagvormittag mussten hunderte
       Besucher:innen die Heimreise antreten, informierte die Passauer Neue
       Presse. Insgesamt wollten etwa 2.500 Personen die Herbstferien im Landkreis
       verbringen.
       
       In den vergangenen zwei bis drei Wochen seien die Buchungen mit den
       steigenden Coronazahlen spürbar zurückgegangen, so Ursula Wischgoll von der
       Berchtesgadener Land Tourismus GmbH (BGLT). „Im Sommer wurde aber selbst
       das letzte Zimmerchen belegt“, sagt sie der taz. Bis zum Herbst sei das
       Buchungsverhalten stabil gewesen. Besonders für Tourist:innen aus dem
       Inland war der Abstecher in die oberbayerischen Alpen attraktiv.
       
       Was der Auslöser der plötzlich steigenden Zahlen ist, bleibt unklar.
       Spekulationen gibt es um eine Hochzeitsfeier in der Gemeinde Anger vor etwa
       zehn Tagen. Dort sollen sich zahlreiche Menschen angesteckt haben. Auch
       über eine [2][Party in einer Shishabar] in Freilassing, bei der
       möglicherweise zu eng gefeiert wurde, wird in der Lokalpresse spekuliert.
       
       „Vielleicht haben auch die Grenzgänger:innen aus Österreich zu einer
       verstärkten Ausbreitung beigetragen. Wir wissen es nicht“, betont hingegen
       der Hammerauer Bürger Cengiz Öztunk. Wen man fragt, die Antworten sind
       unterschiedlich. Wischgoll von der BGLT will sich darauf nicht einlassen.
       „Die Situation ist sehr komplex, es macht keinen Sinn, jemanden zu
       beschuldigen“, sagt sie.
       
       Trotz der groben Einschränkungen versuchen die Menschen gelassen zu
       bleiben. „Die Stimmung ist entspannt, wir sind darauf eingestellt“, sagt
       etwa eine 78-jährige Rentnerin aus Bayerisch Gmain. Sie will sich nicht
       beunruhigen lassen.
       
       20 Oct 2020
       
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 (DIR) Christina Gutsmiedl
       
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