# taz.de -- Tod des Auschwitz-Überlebenden Maurice Cling: Antifaschist, nicht nur Opfer
       
       > Als Kind überlebte Maurice Cling die KZs Auschwitz und Dachau. Seitdem
       > kämpfte er gegen den Faschismus. Am 23. November ist er in Paris
       > gestorben.
       
 (IMG) Bild: Der Auschwitz-Überlebende Maurice Cling bei einem Besuch in Bremen 2014
       
       Als Maurice Cling nach rund sechs Jahrzehnten wieder deutschen Boden
       betrat, kam er als politischer Kämpfer, als Antifaschist – und nicht als
       Opfer. Cling hat als Jugendlicher die Konzentrationslager Auschwitz und
       Dachau überlebt und engagierte sich seither dafür, dass die Barbarei des
       Nationalsozialismus sich nicht wiederhole. Am 23. November ist er in Paris
       im Alter von 91 Jahren gestorben.
       
       Cling sei ein „unermüdlicher Pädagoge“, „klarer Autor“ und „großer Zeuge“
       gewesen, heißt es in einer [1][Würdigung des Élysée]. Geboren am 4. Mai
       1929 in Paris als Sohn jüdischer Eltern, die aus Rumänien stammten, wurde
       er an seinem 15. Geburtstag 1944 verhaftet und mit seiner Familie nach
       Auschwitz deportiert. Seine Eltern und sein 17-jähriger Bruder wurden dort
       in der Gaskammer ermordet, er selbst von den Nationalsozialisten auf einen
       Todesmarsch ins KZ Dachau geschickt und dann 1945 in Mittenwald befreit.
       
       Nach dem Krieg studierte Cling an der Sorbonne, promovierte und lehrte als
       Professor für Anglistik. „Als erstes vergessen Sie mich“, begann er oft
       seine Vorträge, „ich bin das unrepräsentative Beispiel. Ich hätte wie viele
       andere ermordet werden sollen.“ Er habe nur durch die Hilfe Erwachsener
       überlebt, vor allem aus der Résistance. In dem Buch „Un enfant à Auschwitz“
       hielt er 1999 seine Erinnerungen fest.
       
       Nach Deutschland zurück führte ihn der antifaschistische Protest gegen das
       Veteranentreffen ehemaliger Gebirgsjäger in Mittenwald. Ab 2002 hatten hier
       linke Gruppen gegen die unsägliche [2][Traditionspflege von
       NS-Kriegsverbrechern] demonstriert. [3][Cling nahm regelmäßig am Protest]
       teil und lernte hier auch MitstreiterInnen der Antifaschistischen
       Kulturinitiative Bremen kennen. Freundschaft und politische Zusammenarbeit
       verbanden sie.
       
       In offizieller Erinnerungspolitik sah Cling eine Instrumentalisierung für
       nationale Zwecke: Eine „Aussöhnung“ zwischen Tätern und Opfern sei
       inakzeptabel, schrieb er. „Zuallererst geht es darum, die Verbrechen der
       Wehrmacht und der SS, die Europa in Blut getaucht haben, als Verbrechen
       anzuerkennen.“ Dass Schuldige und Profiteure benannt werden müssten,
       forderte er bei seinem letzten [4][Besuch in Bremen 2014]. „Die Leute
       starben nicht an Krieg und Terror, sie starben durch die Nazis.“ Am
       Mittwoch wurde Maurice Cling auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris
       beerdigt.
       
       3 Dec 2020
       
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 (DIR) [2] /!761903/
 (DIR) [3] https://www.nadir.org/nadir/kampagnen/mittenwald/2005/bro/Zweimal-auf-dem-Todesmarsch.html
 (DIR) [4] /Erinnern-im-Bunker/!5027937
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
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