# taz.de -- Debatte um Tierversuche: Kaum Fortschritt für Tierschutz
       
       > Nachdem Hamburgs Initiative für weniger Tierversuche gescheitert war,
       > gibt es nun vom Bund Geld für eine Datenbank zu Alternativmethoden.
       
 (IMG) Bild: Gibt auch alternative Forschungsmethoden dazu: Affe hinter Gittern
       
       HAMBURG taz | Als Reaktion auf die Ende vergangenen Jahres aufgedeckten
       Missstände im [1][Tierversuchslabor in Mienenbüttel bei Hamburg] gibt es
       nun auf Bundesebene ein bisschen Fortschritt: Drei Millionen Euro sollen im
       kommenden Jahr für den Aufbau einer Datenbank in die Hand genommen werden.
       So sollen Wissenschaftler:innen künftig einsehen können, ob auf ihre
       geplanten Tierversuche verzichtet werden kann, weil es längst alternative
       Forschungsmethoden gibt.
       
       Währenddessen kündigte das Betreiberunternehmen Laboratory of Pharmacology
       and Toxicology (LPT) an, in Mienenbüttel ein Tierschutzzentrum aufbauen zu
       wollen. Mit welchen Tierschutzvereinen es dabei zusammenarbeitet, will LPT
       nicht sagen. Es seien aber keine Organisationen, die „gegen
       Forschungseinrichtungen agitieren“. Auch dürfte es, entgegen der
       Ankündigung von LPT, noch dauern, ehe auf dem LPT-Gelände Tiere geschützt
       werden.
       
       Die geplante Plattform soll dazu beitragen, Tierversuche zu reduzieren und
       gänzlich zu vermeiden. „Bisher gibt es keine einheitliche Datenbank für
       Ersatzmethoden, die eine Übersicht über alle Methoden, Forschungsergebnisse
       und Anwendungszwecke bietet“, sagt die Bundestagsabgeordnete Svenja
       Stadtler (SPD). Sie sitzt für den Wahlkreis Harburg im Bundestag, zu dem
       auch Mienenbüttel gehört.
       
       Sowohl dort als auch in Hamburg, wo LPT seinen Sitz hat, gab es in den
       vergangenen Monaten massive Proteste. Im Zuge der Haushaltsverhandlungen
       des Bundes hatte die SPD die Forderung gegen die CDU durchsetzen können.
       
       ## Auch „Ärzte gegen Tierversuche“ für Datenbank
       
       Auch für die Genehmigungsbehörden von Tierversuchen soll die Datenbank ein
       Werkzeug sein, um weniger Tierversuche zu erlauben. Wissenschaftler:innen,
       die einen Versuch durchführen wollen, müssen – bei einer Vielzahl von
       Ausnahmen – nachweisen, dass es keine geeignete Alternativmethode gibt.
       
       Ob das stimmt, wissen die Behörden aber auch nicht genau. Dafür müsste
       schließlich immer die aktuelle Forschungsliteratur bekannt sein. Nicht nur
       Tierversuchsgegner:innen sagen, dass den Behörden dafür Kapazitäten fehlen.
       
       Der Verein Ärzte gegen Tierversuche freut sich über die Initiative. „So
       eine Datenbank ist wichtig, weil bislang an mehreren Stellen dasselbe
       erforscht wird“, sagt Sprecherin Gaby Neumann. Dabei sei es nicht ganz
       richtig, dass es eine solche Datenbank noch nicht gibt.
       
       Der Verein betreibt nämlich seit Mitte des Jahres die sogenannte
       NAT-Datenbank. NAT steht für „Non-Animal-Technologies“. Der Bund oder ein
       damit im kommenden Jahr beauftragtes Forschungsinstitut könnte sich also
       beim Verein abschauen, wie die Datenbank aussehen soll.
       
       ## LPT will Tierschutzzentrum in Mienenbüttel errichten
       
       Ob sich dadurch ein substanzieller Rückgang von Tierversuchen ergibt, ist
       aber offen. „Es braucht ebenso die Pflicht, Ergebnisse von Tierversuchen zu
       veröffentlichen“, sagt Neumann. Der Verein ist sich sicher, dass
       Tierversuche nicht nur viel teurer als Alternativen sind und länger dauern,
       sondern auch selten hilfreiche Ergebnisse liefern.
       
       Am LPT-Labor in Mienenbüttel wird es künftig zumindest keine Tierversuche
       mehr geben. Zunächst hatten die Behörden die vorläufige Schließung nach der
       Veröffentlichung von Bildern angeordnet, die gruselige Missstände bei der
       Tierhaltung dokumentierten. LPT hatte dann mit großen Worten im September
       angekündigt, aus dem Laborgelände ein Tierschutzzentrum machen zu wollen
       statt den Betrieb des Versuchslabors wieder aufzunehmen.
       
       Und mittlerweile habe das Unternehmen auch zwei Tierschutzeinrichtungen
       gefunden, die den Betrieb führen wollen. „Die Wahl fiel zum Schluss auf
       zwei gemeinnützige Organisationen, die sich ausschließlich dem Wohl der
       Tiere widmen und nicht gemeinsam mit Tierrechtlern gegen
       Forschungseinrichtungen agitieren“, teilte LPT mit. Auf wen genau die Wahl
       gefallen ist, will LPT bislang allerdings nicht mitteilen.
       
       Dass, wie LPT ankündigte, daraus dieses Jahr noch etwas wird, ist
       allerdings unwahrscheinlich. Bei der zuständigen Behörde, der
       Kreisverwaltung Harburg, hat LPT bisher keinen Antrag auf Nutzungsänderung
       des Geländes eingereicht, erklärt Sprecherin Katja Bendig.
       
       ## Hamburg hat immer noch keine Tierschutz-Professur
       
       In Hamburg herrscht derweil weiter Stillstand im Ringen um weniger
       Tierversuche. Enttäuschung hatte es auf Seiten der Tierschützer:innen erst
       jüngst gegeben, als [2][Hamburg seine Bundesratsinitiative zur Reduzierung
       von Tierversuchen zurückgezogen hatte]. Nach Aussage des Hamburger Senats
       hätten nicht genügend Bundesländer bei dem Vorstoß mitziehen wollen.
       
       [3][Dabei hängt auch die Hansestadt ihren Ansprüchen bislang hinterher.]
       Katharina Fegebank, grüne zweite Bürgermeisterin, hatte Ende vergangenen
       Jahres angekündigt, am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) eine Professur
       für alternative Forschungsmethoden einrichten zu wollen.
       
       Angekündigt war, dass die Stelle noch dieses Jahr besetzt werden soll –
       geschehen ist das aber noch nicht. „Die Auswahl und das Besetzungsverfahren
       haben sich aufgrund administrativer Schwierigkeiten verzögert“, sagt
       UKE-Sprecherin Saskia Lemm. Anfang kommenden Jahres soll es aber so weit
       sein.
       
       Auch juristisch gibt es gegen LPT kaum Fortschritte zu verkünden. Bei der
       Stader Staatsanwaltschaft laufen die Ermittlungen gegen LPT noch immer.
       Denn auch wenn die Bilder schrecklich seien, so sei weiterhin noch nicht
       klar, ob sie Rechtsverstöße dokumentieren. „Diese Auswertung braucht Zeit,
       weil wir auf Einschätzungen von fachkundigen Experten angewiesen sind“,
       sagt Johannes Kiers, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
       
       30 Nov 2020
       
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