# taz.de -- Protest gegen Bremer Flughafen: Airport im Blindflug
       
       > Die Umweltschutzorganisation Robin Wood fordert die Abwicklung des Bremer
       > Flughafens. Der sei klimapolitisch und finanziell nicht mehr tragbar.
       
 (IMG) Bild: Fliegen ist wichtig für Tourismus und Wirtschaft, findet Bremens Häfensenatorin
       
       BREMEN taz | Bereits im Februar hatte der Bremer Regionalverband der
       Umweltschutzorganisation Robin Wood [1][Finanzhilfen der Stadt Bremen] für
       den Flughafen kritisiert: Sie seien unvereinbar mit dem von der
       Bürgerschaft beschlossenen Klimavorbehalt. Jetzt fordert Robin Wood in
       einem Offenen Brief an den Senat, den Airport endgültig abzuwickeln.
       
       Denn der, heißt es dort, sei „chronisch defizitär, sanierungsbedürftig und
       durch die Corona-Krise jetzt finanziell zum schwarzen Loch geworden.“ In
       der Tat: Bereits im letzten Jahr, also schon vor der Coronakrise, hatte
       Bremen dem Flughafen mit 12,5 Millionen Euro unter die Arme gegriffen und
       mit 4,2 Millionen Euro jährlich die Finanzierung der Flughafenfeuerwehr
       übernommen. Was Flughafen-Sprecher Florian Kruse meint, als er auf
       taz-Nachfrage sagt: „Der Flughafen hat in der Vergangenheit ohne
       öffentliche Zuschüsse betrieben werden können“, ist unklar.
       
       Von April bis Juni war der Flughafen dann coronabedingt komplett
       lahmgelegt. Im Sommer nahm er den Betrieb kurzzeitig wieder auf und seit
       dem Herbst ist er aufgrund der Reisebeschränkungen wieder auf nahezu null
       heruntergefahren. In diesem Jahr fehlen zwei Drittel seiner Passagiere und
       damit rund 80 Prozent seiner Einnahmen. Zudem stehen Sanierungsarbeiten an,
       für die ungefähr 80 Millionen Euro gebraucht werden.
       
       Im September hatte der Aufsichtsrat des Airports beschlossen, dass im Laufe
       der kommenden fünf Jahre 100 von 400 Vollzeitstellen am Flughafen abgebaut
       werden sollen. Und aus dem Topf, mit dem Bremen seinen städtischen
       Gesellschaften durch die Coronakrise hilft, hat der Flughafen knapp 30
       Millionen Euro bekommen – sonst wäre er im Laufe des kommenden Jahres nicht
       mehr gesellschaftsfähig gewesen.
       
       ## Defizit höher als Personalkosten
       
       Das Argument, unter anderem von [2][Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt
       (Linke]), die Arbeitsplätze am Flughafen erhalten zu müssen, lässt Robin
       Wood nicht gelten: Denn allein das diesjährige Defizit von 28 Millionen
       Euro übersteige bei weitem die Personalkosten. Hinzu kämen die vielen
       Millionen für die Sanierung.
       
       Es sei nicht in Sicht, wann und ob sich der Flughafen je wieder selbst
       tragen könne: „Die Luftfahrtbranche selbst rechnet damit, dass es noch
       Jahre dauern wird, bis die Fluggastzahlen von vor der Krise wieder erreicht
       werden können“, heißt es in dem Offenen Brief.
       
       Viel dringender gebraucht würden Subventionen „für die klimafreundliche
       Umgestaltung des Stadtverkehrs, die im Gegensatz zum Flughafen, allen
       Bremer*innen zugute kommt, weil sie auch die Luft verbessert“, schreibt
       Robin Wood. Fuß- und Radverkehr müssten Vorrang vor dem Autoverkehr
       bekommen. Ein anderer Bereich, in dem großer Handlungsbedarf bestehe, „der
       aber gleichzeitig zukunftssichere Arbeitsplätze schafft“, sei die
       energetische Sanierung des Gebäudebestandes.
       
       Im Gegenzug müsse der Flugverkehr reduziert werden, denn: „Klimaneutraler
       Flugverkehr bleibt auf lange Sicht Wunschdenken.“ Von einer Abwicklung des
       Airports will die zuständige Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) indes
       nichts wissen: „Der Flughafen hat nicht nur für den Tourismus, sondern auch
       für die regionale Wirtschaftsstruktur und die hohe nationale und
       internationale Anbindung eine herausragende Bedeutung“, teilt ihr Sprecher
       mit. So stelle er beispielsweise die Anbindung für den gesamten
       Wirtschaftsraum im Nordwesten Deutschlands sicher.
       
       „Das Thema ist leider sehr komplex“, sagt Philipp Bruck, klimapolitischer
       Sprecher der Grünen-Fraktion. Denn Airbus sei als Werk auf die Landebahn
       des Flughafens angewiesen, weswegen bei einer Schließung weit mehr als nur
       die Arbeitsplätze am Airport auf dem Spiel stünden.
       
       Grundsätzlich teile Bruck aber die Auffassung von Robin Wood, auch
       bezüglich der finanziellen Zukunft des Flughafens. Die Aussage von
       Flughafen-Sprecher Kruse, nach der man davon ausgehe, dass der Flughafen
       nach dem Überwinden der Pandemie ohne öffentliche Zuschüsse für den Betrieb
       auskommen könne, hält er für „eine steile These – aber trotzdem haben wir
       hier ein Dilemma, für das es noch keine Lösung gibt“.
       
       23 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Dumping-Preise-am-Flughafen-Bremen/!5662423
 (DIR) [2] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/politik/flughafen-bremen-krise-102.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schnase
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Bremen
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Flughafen
 (DIR) Grüne Jugend
 (DIR) Flughafen Hamburg
 (DIR) Regionalflughäfen
 (DIR) Airbus
 (DIR) Flugscham
 (DIR) Carsten Meyer-Heder
 (DIR) Grüne Bremen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Diskussion um Bremer Flughafen: Passagiere dürfen vorerst bleiben
       
       Die Bremer Grünen diskutierten beim Landesparteitag, wie sie zum
       Passagierflughafen stehen. Die Mehrheit entschied sich für den wenig
       radikalen Weg.
       
 (DIR) Greenwashing beim Flughafen Hamburg: Klimaneutraler Airport?
       
       Der Hamburger Flughafen wirtschaftet ab Ende des laufenden Jahres
       klimaneutral. An der Klimaschädlichkeit des Flugverkehrs ändert das nichts.
       
 (DIR) Studie zum Bremer Flughafen: „Eine Milchmädchenrechnung“
       
       Ist der Bremer Flughafen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor oder eine
       verzichtbare Dreckschleuder? Diese Frage kann auch eine neue Studie nicht
       klären.
       
 (DIR) Gerüchte über Airbus-Rückzug aus Bremen: Gewerkschaft schlägt Alarm
       
       Die IG Metall befürchtet großen Schaden für den Luftfahrtstandort Bremen,
       sollte Airbus die Flügel seiner Flugzeuge künftig anderswo ausstatten.
       
 (DIR) Regionalflughäfen in der Krise: Umstrittene Flughilfe
       
       Alle Regionalflughäfen zu stützen, ist nicht nur ökologisch wenig sinnvoll,
       sondern auch ökonomisch. Viele waren auch vor Corona schon unrentabel.
       
 (DIR) Bremens Flughafen droht die Insolvenz: Zu wenig Passagiere
       
       Der Bremer Airport wird mit 28 Millionen Euro vor der Pleite gerettet. Aber
       ist es wirklich sinnvoll, diesen Flughafen weiter zu betreiben?
       
 (DIR) Dumping-Preise am Flughafen Bremen: Billig fliegen ohne Vorbehalt
       
       Die Umweltorganisation Robin Wood kritisiert die Finanzhilfen für den
       Bremer Airport als unvereinbar mit dem gerade beschlossenen Klimavorbehalt.