# taz.de -- Corona in der EU: Zoff um Impfstoff
       
       > Die EU legt bei Bestellungen von Vakzinen nach. Dass sich Berlin ein
       > größeres Kontingent sichert, sorgt bei kleineren Ländern für Unmut.
       
 (IMG) Bild: Mit einer Ampulle sollen ab sofort sechs statt fünf Impfungen möglich sein
       
       BRÜSSEL taz | Die EU hat im Kampf gegen das Coronavirus einen Gang höher
       geschaltet. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Freitag
       in Brüssel eine neue Bestellung beim Impfstoff-Konsortium von Biontech und
       Pfizer an. Man habe 300 Millionen weitere Impfdosen geordert und damit die
       bisherige Bestellung verdoppelt, sagte von der Leyen.
       
       Zudem genehmigte die EU eine bessere Nutzung des Biontech-Präparats. Mit
       einer Ampulle sollen ab sofort [1][sechs statt fünf Impfungen] möglich
       sein, sodass 20 Prozent mehr Menschen geschützt werden könnten. Dies teilte
       die Arzneimittelbehörde EMA mit. Trotz dieser „guten Nachrichten“ (von der
       Leyen) hält die Kritik an der Impfstrategie an.
       
       Der Impfstoff werde nicht schnell genug ausgeliefert und die Impfungen
       liefen angesichts der sich zuspitzenden Coronakrise zu schleppend an,
       heißt es in vielen EU-Ländern. Besonders laut war der Ärger zunächst in
       Deutschland. Aber auch in Belgien, Frankreich und den Niederlanden gibt es
       massive Kritik an der Strategie, die in Brüssel koordiniert, aber auf
       nationaler Ebene umgesetzt wird.
       
       Der Start sei etwas holprig gewesen, räumte von der Leyen ein. Das sei
       „immer so“ bei neuen Großprojekten wie der Impfstoffbeschaffung, die
       Brüssel zum ersten Mal organisiert hatte. Sie sei jedoch „der tiefen
       Überzeugung, dass dieser europäische Weg richtig ist“, sagte die
       CDU-Politikerin, die sich eng mit Kanzlerin Angela Merkel abstimmt.
       
       ## Neue Fabrik in Marburg
       
       Allerdings wird es noch einige Wochen dauern, bis die Knappheit bei den
       Vakzinen überwunden wird. Biontech kommt schon jetzt bei den Bestellungen
       nicht hinterher. Die neue Order aus Brüssel wird daher erst ab dem zweiten
       Quartal, also voraussichtlich ab April, abgearbeitet. Biontech errichtet
       derzeit eine neue Fabrik in Marburg. Sie soll die neuen Kontingente
       sichern.
       
       Auch die Lieferungen von Moderna, dem zweiten in der EU zugelassenen
       Impfstofflieferanten, brauchen Zeit. Im ersten Quartal sollen nur knapp 2
       Millionen Dosen nach Deutschland kommen – von 50 Millionen, die sich Berlin
       gesichert hat. Zu einer Entspannung wird [2][Moderna], das ab kommenden
       Dienstag liefern will, daher nicht beitragen – und wenn, dann ebenfalls
       erst ab April.
       
       Von der Leyen und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stehen unter
       massivem Druck, schneller zu „liefern“. Die neue Bestellung bei Biontech
       wird von vielen Beobachtern in Brüssel als direkte Folge deutscher
       Pressionen gewertet. Gleichzeitig wächst in der EU der Unmut darüber, dass
       Deutschland mehr Impfstoff erhalten soll, als es seinem Anteil entspricht.
       
       Normalerweise stehen Deutschland gemäß seiner Bevölkerung 18,6 Prozent
       aller Dosen zu. Sowohl bei Moderna als auch bei Biontech hat das größte
       EU-Land seinen Anteil aber deutlich erhöht. Erst bestellte Spahn 30
       Millionen Extradosen bei Biontech. Nun sicherte er sich auch noch ein
       höheres Kontingent bei Moderna – angeblich, weil andere EU-Länder
       verzichtet hatten.
       
       ## Fairer Anteil
       
       Doch diese Länder fordern nun ihren „fairen“ Anteil ein. Wie der Spiegel
       berichtet, hat dies in dem von der EU eingesetzten Lenkungsgremium für
       massiven Streit gesorgt. Vor allem Polen und Belgien forderten offenbar,
       die Umverteilung zurückzunehmen. Deutschland und die Niederlande seien aber
       nicht bereit, zurückzustecken.
       
       Von der Leyen vermied es bei ihrer Pressekonferenz, auf den Streit
       einzugehen. Er könnte ihr gefährlich werden. Schon jetzt wird die
       CDU-Politikerin in einigen Hauptstädten verdächtigt, zu eng mit Merkel
       zusammenzuarbeiten und Deutschland zu bevorzugen.
       
       Für Verärgerung sorgt auch, dass von der Leyen sich weigert, die Verträge
       offenzulegen. Alle EU-Staaten hätten sich „rechtlich bindend“ darauf
       verständigt, nur gemeinsam Impfstoffe zu ordern, sagte von der Leyen am
       Freitag. Es könne deshalb „keine Parallelverhandlungen, keine
       Parallelverträge“ geben. Auf mehrere Nachfragen zu den Sonderlieferungen
       nach Deutschland ging sie nicht ein. Auch die Frage nach möglichen
       Sanktionen blieb unbeantwortet.
       
       Die europäische Impfstrategie war im Sommer 2020 unter deutschem EU-Vorsitz
       entwickelt worden. Sie ist ein zentraler Baustein des europäischen Kampfes
       gegen die Coronakrise. Gesteuert wird sie von allen 27 EU-Staaten
       gemeinsam. Nichts geschehe ohne die ausdrückliche Zustimmung aller
       Mitgliedstaaten, heißt es in Brüssel.
       
       8 Jan 2021
       
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