# taz.de -- Kinderhandelring in Indien: Mutmaßlicher Babyhandel aufgedeckt
       
       > Neun Verdächtige sind in Mumbai festgenommen worden. Sie sollen Müttern
       > Geld für ihre Neugeborenen angeboten haben.
       
 (IMG) Bild: Müttern aus armen Familien in Mumbai wurde Geld für ihre Neugeborenen angeboten (Symbolfoto)
       
       MUMBAI taz | Die Fotos zahlreicher Kleinkinder aus Mumbai wurden wohl per
       Whatsapp an potenzielle neue Eltern verschickt. Die Kinder wurden so zum
       Verkauf angeboten. Diesen Menschenhandel deckte Mumbais Kriminalpolizei
       kürzlich auf.
       
       Mindestens sieben Kleinkinder wurden gegen Summen von umgerechnet 600 bis
       4.000 Euro in Mumbai und der nahen Großstadt Pune verkauft. Für Mädchen
       wurde eine geringere Summe verlangt als für Jungen. Neun Verdächtige,
       darunter ein Labortechniker, eine Krankenschwester und eine
       Homöopathin, wurden verhaftet. Sie sollen Müttern, die frisch entbunden
       hatten und aus armen Familien stammten, mehrere Monatslöhne für die
       „Adoption“ ihrer Kinder angeboten haben. Darauf sollen einige Mütter
       eingegangen sein.
       
       Vorläufige Untersuchungen deuten darauf hin, dass der Babyhändlerring schon
       längere Zeit operierte. Bereits 2019 soll eine der Beschuldigten geholfen
       haben, ein Mädchen zu verkaufen. In diesem Jahr folgte ein kleiner Junge.
       Daher geht die Polizei von weiteren noch unbekannten Fällen aus. Die
       Helferin soll angeblich auch ihr eigenes Neugeborenes verkauft haben.
       
       Die Polizei hofft, die Babys durch die beschlagnahmten Mobiltelefone der
       Verdächtigen aufzuspüren. Sieben seien schon gefunden, jedoch noch nicht
       ihre Mütter. Dazu durchforsten die Ermittler Whatsapp-Dateien und
       Anrufdetails. Aufmerksam wurden die Beamten durch einen Hinweis auf
       Kinderhandel im Vorort Bandra-Ost. 
       
       ## Große Nachfrage an Adoptionskindern
       
       Kinderrechtsschützer Arun Dohle, der von einem deutschen Ehepaar aus einem
       indischen Waisenhaus adoptiert wurde, sieht im jetzigen Fall nur die
       sichtbare Spitze eines Problems. „Es gibt eine Nachfrage an
       Adoptionskindern, sonst würden solche Fälle nicht bekannt.“ Dohle
       bemängelt, dass die staatliche indische Central Adoption Resource Authority
       (Cara) sogar Werbung für Adoptionen in Kinos schaltet, obwohl mehr Eltern
       gern ein Kind aufnehmen würden, als Kinder bei Cara gemeldet sind. 
       
       „Es gibt nicht genügend junge und vor allem gesunde Adoptionskinder“, sagt
       Dohle, der die Organisation [1][Against Child Trafficking] (ACT) gegründet
       hat. Die Kartei von Cara enthalte etwa 2.000 Kinder, doch seien dort auch
       20.000 potenzielle indische Eltern eingeschrieben. „Abkürzungen“ auf dem
       Weg zum Wunschkind würden dann in illegalen Adoptionen enden.
       
       Nach indischem Recht müssen bei Nicht-Waisen die leiblichen Eltern einer
       Adoption zustimmen. Straßenkinder kämen kaum zur Adoption, so Dohle. Viele
       vermeintliche Waisenkinder, die in den Städten betteln, lebten mit
       Ersatzfamilien oder bei Angehörigen. Die Medien berichten immer wieder über
       Fälle von Kinderhandel, der nicht nur innerhalb Indiens, sondern auch
       Richtung Europa stattfinde, so Dohle. Er hat es sich zur Lebensaufgabe
       gemacht, Adoptierten bei der Suche nach ihren leiblichen Müttern zu helfen.
       Dabei stößt er manchmal auch auf Babyhandel.
       
       20 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.againstchildtrafficking.org/de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Natalie Mayroth
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Indien
 (DIR) Menschenhandel
 (DIR) Adoption
 (DIR) Globalisierung
 (DIR) Adoption
 (DIR) Guatemala
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Indische Lederindustrie: Pandemie erleichtert Ausbeutung
       
       2,6 Milliarden Paar Schuhe exportiert Indien jährlich. Wie die hergestellt
       werden, weiß kaum jemand. Eine Studie beleuchtet die Bedingungen.
       
 (DIR) 20 Jahre Babyklappe in Hamburg: „Weil sie Leben rettet“
       
       Vor 20 Jahren wurde in Hamburg die erste Babyklappe geöffnet.
       Sternipark-Leiterin Leila Moysich über niedrigschwellige Hilfe für Mütter
       in Not.
       
 (DIR) Adoption in Guatemala: Carlos Haas sucht seine Mutter
       
       Mit vier Monaten wurde er aus dem Bürgerkrieg in Guatemala adoptiert. Jetzt
       möchte Carlos Haas wissen: Wer sind meine leiblichen Eltern?