# taz.de -- Spannungen zwischen USA und Türkei: Erdoğan sucht die Konfrontation
       
       > Nach der Tötung von Türken im Irak wirft Ankara den USA
       > Terrorunterstützung vor. Derweil nehmen die Behörden hunderte angebliche
       > PKK-Anhänger fest.
       
 (IMG) Bild: Tagelang hat die türkische Armee PKK-Stellungen im Nordirak angegriffen
       
       ISTANBUL taz | Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat die
       US-Regierung scharf angegriffen, weil sie die kurdische
       „Terrororganisation“ PKK unterstütze. Anlass war die [1][Ermordung von 13
       türkischen Gefangenen durch die PKK] am Sonntag im Nordirak.
       
       Die USA hatten die Tat zunächst nicht verurteilt. Nachdem das türkische
       Militär den Fund der getöteten Gefangenen in einer Höhle in der Provinz
       Dohuk bekannt gegeben hatte, schrieb das US-Außenministerium lediglich, man
       werde die Morde aufs Schärfste verurteilen, falls sich bestätigen sollte,
       „dass die PKK dafür verantwortlich ist“. Die PKK hatte erklärt, die
       Gefangenen seien durch türkische Bombardements getötet worden.
       
       Das US-Statement sei ein „schlechter Witz“, sagte Erdoğan. Es zeige, dass
       die USA trotz anders lautender Beteuerungen hinter der PKK und ihrem
       syrischen Ableger YPG stehe. „Ihr seid auf ihrer Seite und unterstützt sie,
       das sehen wir seit Langem.“ In Richtung des neuen US-Präsidenten Joe Biden
       sagte er weiter: „Das Blut unschuldiger Bürger klebt an den Händen
       derjenigen, die die PKK verteidigen, sie unterstützen und mit ihr
       sympathisieren.“
       
       Der US-Botschafter in Ankara, David Satterfield, wurde ins Außenministerium
       einbestellt und musste sich scharfe Kritik vom türkischen Außenminister
       Mevlüt Çavuşoğlu anhören. Nato-Partner sollten sich gegenseitig
       unterstützen statt terroristische Gruppen zu bewaffnen, sagte Çavuşoğlu.
       
       Parallel dazu berichteten türkische Medien, dass just am Wochenende ein
       US-Konvoi mit Waffen vom Nordirak aus nach Syrien in ein Gebiet gefahren
       sei, das gemeinsam von US-Truppen und der kurdischen YPG-Miliz kontrolliert
       wird.
       
       ## „Nur Schweigen“ aus Europa
       
       Am späten Montagabend kam es zu dem ersten Telefonat zwischen Çavuşoğlu und
       seinem neuen Amtskollegen in den USA, Antony Blinken, seit dieser im Amt
       ist. Dabei habe Blinken seinem türkischen Kollegen versichert, dass auch
       die USA nun überzeugt sind, dass die PKK die Gefangenen ermordet hat und
       dass Washington diese abscheuliche Tat auf Schärfste kritisiere.
       
       Trotzdem legte Erdoğan am Dienstag bei einer Bezirkskonferenz der
       Regierungspartei AKP in Trabzon am Schwarzen Meer mit seiner Kritik an den
       USA sowie an Europa noch einmal nach: Es habe sich das wahre Gesicht der
       Leute gezeigt, die insgeheim mit der PKK sympathisierten. Die späte
       Beileidsbekundung aus den USA sei „Heuchelei“ und aus Europa „komme nur
       Schweigen“.
       
       Zuvor hatte Çavuşoğlu auf einer Pressekonferenz in Ankara den Europäern
       „Doppelstandards“ vorgeworfen, die sie gegenüber Terroristen anlegen
       würden. Niemand habe den Terror der PKK verurteilt; offenbar gebe es in
       Europa gute und schlechte Terroristen.
       
       Im Anschluss an den Auftritt Çavuşoğlus zeigte das Staatsfernsehen TRT eine
       Sendung, in der Übergriffe der PKK auf Moscheen oder andere türkische
       Einrichtungen in Europa aufgezählt wurden, ohne dass die betreffenden
       Regierungen etwas gegen die PKK unternommen hätten.
       
       Erdoğan versprach seinen Anhängern in Trabzon, man werde auch ohne die
       Unterstützung des Westens den Kampf gegen die PKK ausweiten in „die Zonen,
       in denen unsere Sicherheit gefährdet ist“. Die ersten Ziele dieser
       Ausweitung der Kampfzone waren am Montag und Dienstag die kurdische
       Parlamentspartei HDP und ihre Anhänger, die von der Regierung seit Langem
       als legaler Arm der PKK bezeichnet werden. Bei Razzien gegen die HDP und
       andere vermeintliche PKK-Anhänger wurden bis Dienstagmittag mehr als 700
       Personen festgenommen.
       
       16 Feb 2021
       
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