# taz.de -- Finanzwende und die Gemeinnützigkeit: „Wir lassen uns nicht beschränken“
       
       > Weil sie ihre Kampagnenfähigkeit behalten will, gibt die Bürgerbewegung
       > Finanzwende den Status als gemeinnütziger Verein auf.
       
 (IMG) Bild: „Volle inhaltliche Schlagkraft behalten“ wie bei diesem Protest in Hamburg will Finanzwende
       
       HAMBURG taz | Seine jüngste Kampagne startete Finanzwende-Vorstand Gerhard
       Schick am Wochenende. Der [1][Rücktritt des Bafin-Präsidenten Felix Hufeld]
       könne „nur ein erster Schritt“ sein. Die Behörde müsse sich nach ihrer
       unrühmlichen Rolle beim Wirecard-Skandal neu aufstellen und zukünftig als
       „proaktive“ Aufsicht verstehen. „Das geht nur, wenn die neue Bafin-Leitung
       dafür auch volle politische Unterstützung aus dem Finanzministerium hat“,
       kritisierte Schick Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Doch darf er sich als
       Vertreter einer gemeinnützigen Organisation eigentlich politisch so
       einmischen?
       
       Vor rund zweieinhalb Jahren hatte der ehemalige Grünen-Politiker die
       „Bürgerbewegung Finanzwende“ gegründet. Sie sollte der Kritik an Auswüchsen
       auf den Finanzmärkten eine neue Stimme verleihen – als Ergänzung zu so
       etablierten Organisationen wie dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac
       oder der europäischen NGO Financewatch.
       
       Bislang finanzierte sich Finanzwende aus [2][Mitgliedsbeiträgen,
       Förderungen für gemeinnützige Organisationen und Spenden]. Jetzt verzichtet
       sie bewusst auf den Status der Gemeinnützigkeit. Nur so könne man „volle
       inhaltliche Schlagkraft und Souveränität gewinnen“ und politische
       Kampagnenarbeit machen, sagte Schick.
       
       Gemeinnützigkeit bedeutet ganz praktisch die Möglichkeit, Spendenquittungen
       auszustellen und somit auch größere Mäzene anzuziehen, sie verschafft einem
       Verein nicht zu verachtende steuerliche Vorteile – und sie stärkt sein
       öffentliches Ansehen. Doch seit die Finanzbehörden unter anderem [3][Attac,
       Campact und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes diesen Status
       entzogen haben], sind viele Vereine, die sich als politisch verstehen,
       verunsichert: Welche Tätigkeiten ficht das Finanzamt plötzlich als nicht
       von der Gemeinnützigkeitsdefinition gedeckt an? Schick erklärte, er möchte
       seine Handlungsmöglichkeiten nicht durch ständiges Abwägen beschränken
       lassen.
       
       ## Kompromiss: Splitten
       
       Ganz verzichten will er auf die Vorteile aber nicht: Vorerst wird die
       Bürgerbewegung Finanzwende zweigleisig fahren. Sie will sich in einen
       gewöhnlichen Verein und eine gemeinnützige GmbH aufsplitten. Letztere soll
       sich um Verbraucherschutzthemen und Bildungsarbeit kümmern, der Verein wäre
       frei für die Kampagnen.
       
       Immerhin konnte sich Schick angesichts von mittlerweile über 4.000
       Mitgliedern und mehr als doppelt so vielen Newsletter-Beziehern auch
       freuen: „Finanzwende hat sich als Akteur etabliert.“ Dem dürfte auch Scholz
       zustimmen.
       
       2 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neuer-Bafin-Chef-nach-Wirecard-Skandal/!5748236
 (DIR) [2] https://www.finanzwende.de/ueber-uns/transparenz-und-finanzierung/taetigkeitsbericht-2019/
 (DIR) [3] /Reform-der-Gemeinnuetzigkeit/!5726502
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hermannus Pfeiffer
       
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