# taz.de -- Rassismus-Skandal am Theater Düsseldorf: Schinder auf der Bühne
       
       > Schauspieler Ron Iyamu wirft dem Schauspielhaus Düsseldorf Rassismus vor.
       > Die Debatte über seine Diskriminierung zieht weite Kreise.
       
 (IMG) Bild: Ron Iyamu vom Schauspielhaus Düsseldorf
       
       Das Schauspielhaus Düsseldorf steht im Fokus einer Debatte, die sich um
       Rassismus am Theater dreht. Ausgelöst hat sie der 29-jährige Schauspieler
       Ron Iyamu Mitte März in einem Interview im WDR. Auch in den sozialen
       Medien erzählte er von Proben am Schauspielhaus vor anderthalb Jahren, bei
       denen ein Raum für rassistische Witze entstanden war.
       
       In der Rolle als haitianischer Freiheitskämpfer François-Dominique
       Toussaint Louverture, der einen Aufstand initiiert, war er, ein Schwarzer
       Deutscher, vom Regisseur mit dem Wort „Sklave“ gerufen und von Kollegen
       vermeintlich scherzhaft mit dem N-Wort benannt worden. Seine Versuche, mit
       Regisseur und Leitung darüber zu reden, sah er zurückgewiesen.
       
       Als Regisseur war bald Armin Petras zu erkennen, der „Dantons Tod“ 2019 am
       Schauspielhaus Düsseldorf inszeniert hatte. Schon 2020 hatte Ron Iyamu
       über die Proben in seiner Abschlussarbeit als Magister der Künste in
       Salzburg geschrieben, wo er Schauspiel studierte. Da setzte er die Proben
       in den Kontext anderer diskriminierender Erfahrungen von ihm selbst und von
       Kolleg:Innen beim Vorsprechen an Schauspielschulen, bei Bewerbungen und
       Rollenbesetzungen.
       
       ## Reproduktion von Klischees
       
       Iyamu beschreibt, wie durch die kontinuierliche Reproduktion von Klischees
       sich der Vorstellungsrahmen dessen, was ein Schwarzer Schauspieler auf
       einer deutschen Bühne spielen kann, immer wieder auf ein schmales Spektrum
       verengt. Und er erzählt vom Verlust des Vertrauens in sich selbst und das
       Arbeitsumfeld, was durch die Vermutung erzeugt wird, nur zur Erfüllung
       eines Diversitätsauftrags besetzt worden zu sein.
       
       Ein Kapitel seiner Arbeit ist „Die Präsenz Schwarzer Schauspieler*innen“
       überschrieben: Da kontert er dass Argument, Schwarze Schauspieler*innen,
       seien auf deutschsprachigen Bühnen so selten, weil es nicht viele gäbe mit
       einer alphabetischen Liste von Kollegen, über hundert Namen.
       
       Sein Schritt in die Öffentlichkeit löste Aktionen der Solidarität aus.
       Zuerst schrieben 22 Theaterschaffende, die sich als Schwarze und PoC
       betroffen fühlten und am Schauspielhaus Düsseldorf an zwei Projekten über
       die afrodeutsche Dichterin und Aktivistin May Ayim arbeiteten, einen
       offenen Brief an den Intendanten Wilfried Schulz und NRW-Kultusministerin
       Yvonne Gebauer (FDP). Unter diesen Bedingungen wollten sie nicht
       weiterarbeiten und forderten eine unabhängige Freie Bühne.
       
       ## Welle der Empörung
       
       In einem Text in der FAZ verteidigte der Autor und Dramaturg [1][Bernd
       Stegemann] Regisseur Arnim Petras und entfachte damit eine Welle der
       Empörung. Er schrieb von einer Überdehnung des Rassismusbegriffs, von
       Erhöhung in der Opferidentität. Ron Iyamus Erfahrungen erfuhren in seiner
       Lesart eine Relativierung, als habe der Schauspieler eine nicht
       professionelle Alltagsempfindlichkeit in die besondere Situation der Proben
       getragen, ohne zu verstehen, dass dort andere Regeln gelten.
       
       Das wollen der Schauspieler Mehmet Ateşçi, die Regisseurin [2][Angela
       Richter], Thomas Schmidt, Professor für Theatermanagement, und andere
       in einem offenen Brief nicht gelten lassen, den nach wenigen Tagen 1.400
       Kulturschaffende unterschrieben hatten. Sie kritisierten Stegemanns Blick
       auf Ron Iyamu als demütigend und abwertend und forderten eine Diskussion in
       einem größeren Rahmen, die von seiner Geschichte den Blick auf die
       Strukturen lenken, die Machtmissbrauch und Diskriminierung im Theater
       ermöglichen.
       
       Inzwischen hat [3][Regisseur Petras] eine Entschuldigungsmail an Ron Iyamu
       geschrieben, öffentlich geäußert hat er sich bis jetzt jedoch nicht. Auch
       auf der Website des Schauspielhauses Düsseldorf steht eine Stellungnahme,
       in der bedauert wird, Iyamus „persönliche Betroffenheit, das Ausmaß der
       Verletzungen und vor allen Dingen die Aufarbeitung falsch eingeschätzt“ zu
       haben. Für Iyamu klingt das nach einer Beschönigung, wie er in einem Video
       erzählt.
       
       Intendant Wilfried Schulz hat zuletzt in der Rheinischen Post und der FAS
       Gastbeiträge geschrieben, in denen er die Aufarbeitung der „bekannt
       gewordenen Vorfälle“ mit externer Unterstützung ankündigt.
       
       20 Apr 2021
       
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